Der Vampir der mich liebte
war. Fast hätte ich die Tür geöffnet. Aber ich zögerte. Ich fühlte mich wie ein Verräter, doch schließlich drehte ich mich zu Pam um. Schweigend deutete ich die Diele entlang zur Hintertür, machte eine Tür-auf-Tür-zu-Geste, damit es kein Missverständnis gab, was ich meinte. Dann deutete ich mit dem Finger einen großen Kreis in der Luft an - Komm ums Haus herum, Pam - und zeigte auf die vordere Haustür.
Pam nickte und rannte die Diele entlang zur Rückseite des Hauses. Ihre Schritte konnte ich nicht hören. Erstaunlich.
Eric trat zurück von der Tür. Chow stellte sich vor ihn. Das gefiel mir. Das war genau das, was ein Untergebener zu tun hatte.
Weniger als eine Minute später hörte ich Jason in einer Entfernung von etwa fünfzehn Zentimeter brüllen. Ich tat einen Sprung zurück.
Pam sagte: »Mach auf!«
Ich riss die Tür auf und sah Jason, den Pam mit den Armen fest umklammert hielt. Sie hielt ihn knapp über dem Boden, ohne jede Anstrengung, obwohl er wild mit den Armen um sich schlug und es ihr so schwer wie möglich machte, der Gute.
»Du bist allein«, sagte ich voller Erleichterung.
»Natürlich, verdammt noch mal! Warum hast du die auf mich gehetzt? Lass mich runter!«
»Es ist mein Bruder, Pam«, sagte ich. »Lass ihn bitte herunter.«
Pam stellte Jason auf den Boden, und er fuhr herum, um sie anzusehen. »Hör mal, du Weibsstück! Du kannst dich nicht einfach so an einen Mann heranschleichen! Du hast Glück gehabt, dass ich dir nicht eins auf den Schädel gegeben hab'!«
Pam sah ihn höchst amüsiert an, und selbst Jason war die Sache jetzt peinlich. Immerhin brachte er ein Lächeln zustande. »Ich schätze mal, das wäre ziemlich schwierig geworden«, gab er zu und hob die Tüten auf, die er fallen gelassen hatte. Pam half ihm. »Zum Glück hab' ich das Blut in diesen großen Plastikflaschen genommen«, sagte er. »Sonst müsste diese schöne Lady hier wohl hungrig nach Hause gehen.«
Er lächelte Pam gewinnend an. Jason liebt die Frauen. Pam war allerdings eine Nummer zu groß für ihn; doch ihm fehlte das Gespür, das zu erkennen.
»Danke. Jetzt musst du gehen«, sagte ich unvermittelt. Ich nahm ihm die Plastiktüten aus den Händen. Pam und er hatten immer noch ihre Blicke ineinander versenkt. »Pam«, sagte ich scharf. »Pam, er ist mein Bruder.«
»Ich weiß«, sagte sie ruhig. »Jason, wolltest du uns etwas sagen?«
Ich hatte ganz vergessen, dass Jason klang, als wäre er nicht ganz er selbst, als er vor der Haustür stand.
»Ja«, sagte er und konnte kaum die Augen von der Vampirin wenden. Doch als er schließlich mich ansah, entdeckte er auch Chow, und seine Augen weiteten sich. Immerhin war er schlau genug, sich vor Chow zu fürchten. »Sookie?«, sagte er. »Alles in Ordnung?« Er trat einen Schritt ins Zimmer hinein, und ich sah, wie das restliche Adrenalin, das das Erlebnis mit Pam noch übrig gelassen hatte, durch seinen Körper zu jagen begann.
»Ja. Alles okay. Das sind bloß Freunde von Eric, die sehen wollen, wie's ihm geht.«
»Na, die sollten mal lieber losziehen und diese Suchplakate von den Wänden reißen.«
Das erregte die volle Aufmerksamkeit aller. Was Jason freute.
»Die Plakate hängen bei Wal-Mart und Grabbit Kwik und im Schnapsladen und auch sonst überall in der Stadt«, sagte er. »Auf allen steht: >Haben Sie diesen Vampir gesehen?< und weiter, dass er entführt wurde und dass seine engen Freunde sich große Sorgen machen, und die Belohnung beläuft sich auf 50000 Dollar, wenn jemand sagen kann, wo er ist.«
Ich konnte all dem nicht so recht folgen und dachte immer bloß »Was?«, bis Pam es auf den Punkt brachte.
»Sie hoffen, dass ihn jemand sieht und sie ihn sich schnappen können«, sagte sie zu Chow. »Das wird funktionieren.«
»Wir sollten uns darum kümmern«, sagte er und nickte zu Jason hinüber.
»Wehe, du rührst meinen Bruder auch nur an«, sagte ich. Ich stellte mich zwischen Jason und Chow, und es juckte mich geradezu in den Händen, mit einem Pfahl, einem Hammer oder was auch immer diesen Vampir davon abzuhalten, meinen Bruder anzufassen.
Jetzt konzentrierten Pam und Chow diese intensive Aufmerksamkeit auf mich. Mir schmeichelte das gar nicht, anders als Jason vorhin. Ich fand es einfach nur todgefährlich. Jason öffnete den Mund, um etwas zu sagen - ich spürte, wie die Wut in ihm aufstieg und der Impuls anzugreifen -, doch ich presste die Finger um sein Handgelenk. Er knurrte, und ich sagte: »Halt den Mund.« Und wie
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