Der Vampir der mich liebte
gestrandet ist.«
Da hatte mein Bruder eine zweite ausgezeichnete Bemerkung gemacht. Heute Abend schienen wirklich all seine Batterien auf Hochtouren zu laufen.
»Aber viele Leute von hier fahren nach Shreveport, um in die Bar Fangtasia zu gehen. Ich war auch schon dort«, sagte Jason. Das hörte ich zum ersten Mal, und ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Er zuckte die Achseln und schien nur wenig verlegen. »Was passiert eigentlich, wenn irgendwer sich die Belohnung verdienen will? Wenn jemand die angegebene Telefonnummer anruft?«
Chow beschloss, noch mehr zum Gespräch beizutragen. »Natürlich wird der >enge Freund<, der den Hörer abnimmt, sich umgehend mit dem Informanten treffen. Wenn der den >engen Freund< davon überzeugen kann, dass er Eric wirklich gesehen hat, nachdem diese verruchte Hexe ihn verwünscht hat, werden die Hexen in einem bestimmten Gebiet zu suchen beginnen. Und sie werden ihn finden. Sie werden Kontakt mit den Hexen vor Ort aufnehmen und sie um Mithilfe bitten.«
»In Bon Temps gibt's keine Hexen«, sagte Jason, erstaunt, wie Chow überhaupt auf die Idee kommen konnte. Das war wieder ganz mein Bruder, der nur von seinen eigenen Vorstellungen ausging.
»Oh, ich würde wetten, da gibt es auch welche«, sagte ich. »Warum denn nicht? Weißt du nicht mehr, was ich zu dir gesagt habe?« Auch wenn ich an Werwölfe und Gestaltwandler gedacht hatte, als ich ihn warnte, dass es Dinge auf dieser Welt gab, von denen er sicher nichts wissen wollte.
Mein armer Bruder wurde an diesem Abend regelrecht mit Neuigkeiten zugeschüttet. »Warum denn nicht?«, wiederholte er schwach. »Wer sollte das sein?«
»Ein paar Frauen, ein paar Männer«, sagte Pam und wischte sich die Hände ab, als würde sie von einer hoch ansteckenden Krankheit sprechen. »Sie sind wie alle anderen auch, die ein geheimes Leben führen - die meisten sind sogar recht freundlich und ziemlich harmlos.« Pam klang allerdings nicht allzu überzeugt, als sie das sagte. »Aber die bösen Hexen versuchen stets die guten zu verderben.«
»Wie auch immer«, sagte Chow, der Pam nachdenklich ansah, »Bon Temps ist so ein abgelegenes Nest, da kann es durchaus nur sehr wenige Hexen geben. Sie gehören ja nicht alle einem Hexenzirkel an, und eine eigenständige Hexe zur Zusammenarbeit zu überreden, dürfte Hallow und ihren Anhängern ziemlich schwer fallen.«
»Warum können die Hexen aus Shreveport nicht einfach einen Zauber aussprechen, mit dem sie Eric finden?«, fragte ich.
»Sie können nichts von ihm finden, um ihren Zauber daran zu knüpfen«, sagte Pam. Es klang, als wüsste sie genau, wovon sie sprach. »Sie haben keinen Zugriff auf seinen Ruheort, wo sie ein Haar oder Kleidung finden könnten, die seinen Geruch tragen. Und es ist niemand in der Gegend, der Erics Blut in sich hat.«
Oh. Eric und ich tauschten einen ganz kurzen Blick. Niemand außer mir. Ich hoffte inständig, dass bis auf Eric und mich keiner davon wusste.
»Und außerdem«, sagte Chow und trat von einem Fuß auf den anderen, »bin ich der Ansicht, dass solche Dinge gar nicht für einen Zauber taugen würden - schließlich sind wir tot.«
Pams Blick klinkte sich in Chows Blick ein. Sie tauschten wieder ihre Gedanken aus, und das gefiel mir gar nicht. Eric, die Ursache des Austausches all dieser Botschaften, sah hin und her zwischen seinen beiden Vampirfreunden. Sogar für meine Augen wirkte er völlig ahnungslos.
Pam drehte sich zu mir um. »Eric sollte bleiben, wo er ist, nämlich hier. Wenn wir ihn durch die Gegend fahren, bedeutet das nur noch größere Gefahr für ihn. Solange er verschwunden bleibt und in Sicherheit ist, können wir Abwehrmaßnahmen gegen die Hexen ergreifen.«
Jetzt, da Pam es laut ausgesprochen hatte, war mir klar, warum ich mir vorhin hätte Sorgen machen sollen, als Jason so betonte, wie unwahrscheinlich es war, dass irgendjemand Eric mit mir in Verbindung bringen würde. Niemand würde glauben, dass ein Vampir von Erics Macht und Wichtigkeit vorübergehend bei einer menschlichen Kellnerin geparkt wurde.
Mein erinnerungsloser Gast sah verblüfft drein. Ich beugte mich vor, gab kurz meinem Impuls nach und strich ihm übers Haar, dann legte ich ihm die Hände über die Ohren. Er ließ das zu und legte sogar noch seine Hände über meine. Ich würde so tun, als könnte er nicht hören, was ich nun zu sagen hatte.
»Hört zu, Chow, Pam. Das ist die miserabelste Idee, die ich je gehört habe. Und ich sag' euch auch, warum.«
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