Der Vampirprinz: Royal House of Shadows (German Edition)
sagte sie, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte.
„Prinzessin“, murmelten sie. Nicht freudig, sondern voller Angst.
„Lauf … schneller …“, forderte Nicolai sie mit einem Stoß auf.
„Hat mich gefreut“, murmelte sie und fing an zu rennen.
6. KAPITEL
S ie waren stundenlang unterwegs – so erschien es ihm jedenfalls –, und doch gelang es ihnen nicht, den Wald zu verlassen. Nicolai hatte den Verdacht, dass sie im Kreis gingen und in der Mitte sein Verderben lag. Immer wenn er dachte, sie hätten Fortschritte gemacht, entdeckte er das glitzernde Dach des Palasts. Ein Dach, für das Delfina berühmt war, denn die Schindeln bestanden aus reinen Elfentränen. Egal was er versuchte, er konnte den Pfad nicht verändern.
Versagen. Das Wort hatte Laila benutzt. Mach schon. Versuch es. Versage. Ihm wurde klar, dass sie ihre Magie benutzt hatte, wie versprochen. Aber was war das für ein Zauber? Wenn er es nicht herausfand, konnte er auch nicht dagegen ankämpfen. Noch während Frage und Antwort sich in seinen Gedanken bildeten, durchfuhr ihn ein scharfer Schmerz. Er biss die Zähne zusammen.
Wenigstens waren die Wachen nicht hinter ihnen her. Selbst als die magische Mauer sich um sie herum in Rauch auflöste. Magie, von der er nicht wusste, wie er sie geschaffen hatte. Er wusste nur, dass er sofort gewusst hatte, was zu tun war, als die Königin ihre Mauer errichtet hatte.
Jetzt allerdings konnte er sich nicht mehr erinnern. Die Fähigkeit war verschwunden, als hätte er sie nie gehabt. Und das machte ihn wütend. Er musste Jane um jeden Preis beschützen.
Mein. Der Drang, sie zu besitzen, war jetzt so sehr Teil von ihm, dass er nicht wusste, wie er je ohne sie hatte überleben können. Also, ja, er würde sie beschützen. Auch vor sich selbst. Sein Hunger war vollkommen gestillt, nachdem er so viele Wachen leer gesaugt hatte, um zu ihr zu kommen, und doch konnte er sie immer noch riechen. Sein Weib. So süß. Er wollte sie immer noch kosten. So sehr.
Doch sie war verletzt und musste sich ausruhen. Nicht dass sie sich beschwerte. Sie hatte kein Wort gesprochen, seitdem sie den Hof des Palastes verlassen hatten. Sie war die ganze Zeit hinter ihm geblieben, akzeptierte alle seine Anweisungen, folgte seinen Befehlen. Humpelnd, vermutete er, und manchmal stützte sie sich auf seinen Arm.
Er hatte es sich nicht gestattet, sie anzusehen, denn er wusste, er wäre schon lange stehen geblieben, wenn sie müde erschiene. Doch er wollte sich so weit vom Palast entfernen wie möglich. Weit weg von Laila und der Königin – die eigentlich tot sein sollten und schon in ihren Gräbern verwesen.
Dass sie beide überlebt hatten …
War ein geringer Preis, solange auch Jane lebte.
Seine Knöchel pochten vor Schmerzen, als er sie zu einer Höhle führte, die ihm jedes Mal aufgefallen war, wenn er sich, ohne es zu wollen, auf dem Rückweg befand. „Hier“, sagte er rauer, als er vorgehabt hatte. „Da drin sind wir außer Gefahr.“ Er war sich sicher.
„Oh, gut. Du bist wieder normal.“
Normal? Was sollte das heißen? „Ruh dich aus.“ Wenn sie erst ihre Kräfte gesammelt hatten, konnte er in den Palast zurückkehren, sich einschleichen, Laila und ihre Mutter umbringen und die Heilerin finden, wie geplant. Ehe er sich auf den Weg machte, würde er eine Schutzmauer aufbauen, damit Jane hierbleiben konnte und nicht in Gefahr geriet.
Sobald sein Gedächtnis erst zurückgekehrt war und seine Mächte befreit, konnte er zu ihr zurückkehren. Danach würden sie gemeinsam die Reise nach Elden antreten.
Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Elden. Was erwartete ihn in Elden, bis auf den Wunsch, einen König umzubringen, dem er noch nie begegnet war? Jedenfalls nicht, soweit er wusste. Er wusste nur, dass der König die früheren Regenten ermordet und die Krone mit brutaler Gewalt an sich gerissen hatte.
Nicolai hatte gehört, wie Bedienstete im Palast über den Regierungswechsel tratschten. Gestern oder vor hundert Jahren, er wusste es nicht. Der Zeitzauber, den die Hexen auf den Palast gelegt hatten, sorgte dafür, dass die Minuten für alle Bewohner ewig lange andauerten und die Tage zu einer Masse ineinanderliefen, die niemand mehr zählen konnte.
Nicolai fragte sich, ob er den früheren Königen je begegnet war. Vielleicht hatte er sie ja bewacht. Während er sich die Personen nicht vorstellen konnte, sah er ihren Palast ohne Schwierigkeiten vor sich. Ein weit in den Himmel ragendes Monstrum,
Weitere Kostenlose Bücher