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Der Vampyr

Titel: Der Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Abu Dun aus dem Gras aufhob. Auf den ersten Blick war es nicht mehr als ein ganz normaler Hase. Aber er war schrecklich zugerichtet. Eines seiner Ohren war abgerissen. Beide Augen waren herausgedrückt und als Abu Dun sein Maul öffnete, sah er, das auch seine Nagezähne he-rausgebrochen waren.
    »Bei Allah«, murmelte Abu Dun.
    »Welches Tier tut so etwas?« Andrej konnte diese Frage nicht beantworten. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, welches Raubtier seine Beute so zurichten würde. Ein Raubtier, egal ob Katze, Wiesel oder Fuchs, hätte sich kaum damit begnügt, ihn zu töten, ohne wenigstens einen Teil seiner Beute zu verschlingen.
    »Fällt dir nichts auf?« Abu Dun schüttelte den Hasen leicht hin und her. Der winzige Körper bewegte sich auf sonderbar falsche Weise und Andrej begriff, das jeder Knochen im Leib des Hasen zerschmettert sein mußte. Er schüttete trotzdem den Kopf. Abu Dun griff nun auch mit der anderen Hand zu und riss zu Andrejs Entsetzen den Kopf des Hasen mit einem einzigen Ruck ab!
    »Verdammt!«, rief Andrej erschrocken.
    »Was soll das? Bist du …« Dann sah er, warum Abu Dun das getan hatte.
    »Kein Blut«, sagte Abu Dun düster.
    »Jemand hat diesem Tier alles Blut ausgesaugt.« Er ließ den zerteilten Hasen fallen, stand auf und wischte sich angeekelt die Hände an den Kleidern ab. Sein Blick irrte in die Runde.
    »Was ist das für eine Teufelei? So etwas tut doch kein Tier! «
    »Was denn sonst?«, fragte Frederic bissig.
    »Glaubst du etwa, hier treibt ein Dämon sein Unwesen?« Er deutete auf den zerteilten Hasen.
    »Warum braten wir ihn nicht, jetzt, wo du ihn schon halb zerlegt hast?« Abu Dun starrte ihn fassungslos an und auch Andrej spürte ein eisiges Frösteln. Schon bei dem bloßen Gedanken, dieses Tier zu verzehren, drehte sich ihm schier der Magen um..
    »Wir finden schon etwas anderes zu essen«, sagte er.
    »Kommt, gehen wir weiter.«

    6
    Sie waren nach einer Weile auf eine Straße gestoßen, die grob in westliche Richtung führte, aber der Tag neigte sich bereits dem En-de zu, bis sie auf die ersten Menschen trafen. Was Andrej in der Ferne gesehen hatte, war tatsächlich der Rauch von Kaminfeuer gewesen; eine kleine Stadt. Aber sie war viel weiter entfernt, als er geschätzt hatte, und die Straße führte keineswegs in gerader Linie darauf zu, sondern schlängelte sich in Windungen. Obwohl sie breit ausgebaut und in gutem Zustand war, begegnete ihnen ‘. den ganzen Tag über kein Mensch. Als sie sich der Ortschaft näherten, sah Andrej, das es sich eher um eine kleine Festung als um ein Dorf zu handeln schien. Eine mehr als zwei Meter hohe, hölzerne Palisadenwand umgab die guten zwei Dutzend èinfacher Gebäude, von denen einige in grober Fachwerkbauweise, die meisten aber aus Felsgestein und Lehm errichtet waren. Es gab auch einen hölzernen Wachturm, von dessen gut acht Meter hoher Plattform aus man das Land in weitem Umkreis überblicken konnte und ein zwar weit offen stehendes, aber sehr massiv wirkendes Tor. Die ganze Verteidi-gungsanlage war alt und an zahllosen Stellen geflickt und ausgebes-sert worden, aber in tadellosem Zustand. Die Dorfbewohner begegneten ihnen mit dem natürlichen Misstrauen einfacher Leute, aber trotzdem freundlich. Es gelang Andrej, für einen überraschend geringen Preis ein Nachtquartier für Frederic, Abu Dun und sich zu erstehen und für die kleinste Münze aus Abu Duns Beutel ein A-bendessen. Es gab gebratenen Hasen. Obwohl der Ort klein war, hatte er einen überraschend großen Gasthof mit gleich mehreren Zimmern, dessen Schankraum sich rasch zu füllen begann, kaum das die Sonne untergegangen war. Frederic der als einziger mit wirklichem Appetit zugegriffen hatte, als er den gedünsteten Hasen erblickte - hatte sich direkt nach dem Essen zurückgezogen, aber Andrej und Abu Dun waren noch geblieben. Auch Andrej hätte nichts lieber getan, als nach oben zu gehen und sich in einem be-quemen Lager auszustrecken. Seit einiger Zeit hatte er nur auf nack-tem Boden geschlafen, allenfalls mit seinem Sattel als Kopfkissen, und die Vorstellung, sich in einem richtigen Bett ausstrecken zu können - selbst wenn es nur aus einem strohgefüllten Sack bestand
    -, erschien ihm geradezu paradiesisch. Doch sie brauchten Informationen. Sie mussten wissen, wo genau sie sich befanden, wer in diesem Teil des Landes herrschte, welche größeren Städte es in der Umgebung gab und welche davon sie besser mieden … tausend Fragen, von

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