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Der Vampyr

Titel: Der Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Hände auf den Rücken gebunden und Andrej zusätzlich noch eine Fußfessel angelegt.
    »Habe ich dein Wort?«, fragte Vlad, als sie sich daran machten, das Haus zu verlassen.
    »Mein Wort worauf?«
    »Das du nicht zu fliehen versuchst«, antwortete Vlad ernst.
    »Oder mich verhext.«
    »Wohin sollte ich schon gehen?«, fragte Andrej spöttisch.
    »Und wie? Außerdem ist Frederic bei deinem Herrn. Ich würde mich selbst dann zu Dracul begeben, wenn ich die freie Wahl hät-te.« Vlad sah ihn einen Moment lang prüfend an, dann drehte er sich um und wandte sich an die drei Bewaffneten in seiner Begleitung.
    »Bringt den Mohren zu Fürst Tepesch«, sagte er.
    »Und behandelt ihn gut. Wir brauchen ihn vielleicht noch. Falls wir auf die Türken stoßen, kann er uns als Geisel von Nutzen sein.«
    Andrej hatte mit Widerspruch gerechnet, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Die drei Männer und ihr Gefangener verschwanden so schnell, das es fast einer Flucht gleichkam, und es dauerte auch nur einen Moment, bis er begriff, das es genau das war: Die drei Soldaten waren froh, aus seiner Nähe verschwinden zu können.
    »Warum tust du das?«, fragte er, als sie allein waren.
    »Was?«
    »Du weißt genau, was ich meine«, antwortete Andrej.
    »Dein Herr wird nicht glücklich sein, wenn er hört, das du mich gut behandelst.«
    »Dracul ist nicht mein Herr«, sagte Vlad. Für einen Moment schwang fast so etwas wie Hass in seiner Stimme mit. Dann fand er seine Beherrschung wieder und zuckte mit den Schultern.
    »Vielleicht hat er mich ja angewiesen, genau das zu tun, um mich in dein Vertrauen zu schleichen.«
    »Unsinn«, sagte Andrej.
    »Vielleicht habe ich auch euer Gespräch heute Morgen gehört«, fuhr Vlad fort, »und mir meine Gedanken dazu gemacht.«
    »Vielleicht. Was soll das heißen?« Vlad hob zur Antwort nur die Schultern, ließ sich plötzlich in die Hocke sinken und durchtrennte mit einem schnellen Schnitt seine Fußfesseln.
    »Geh.« Andrej versuchte nicht noch einmal, in Vlad zu dringen. Er traute ihm immer noch nicht völlig, aber ob er es nun ehrlich meinte oder nicht, im Augenblick hatte eindeutig er die bessere Position.
    Er folgte Vlads Aufforderung und verließ das Haus. Da er gesehen hatte, das sich Abu Dun und seine drei Begleiter nach links gewandt hatten, wollte er in die gleiche Richtung losmarschieren, aber Vlad schüttelte den Kopf und deutete in die entgegengesetzte Richtung.
    Andrej gehorchte. Zum ersten Mal sah er die Stadt, in der sie gefangen gehalten wurden - wobei er nicht ganz sicher war, ob Stadt tatsächlich die richtige Bezeichnung war. Rettenbach war ein winziges Nest, das nur aus einer Hand voll Häuser bestand, die sich rechts und links einer einzigen, morastigen Straße drängten. Die meisten waren klein und ärmlich, und er sah kaum einen Menschen auf der Straße. Wahrscheinlich waren viele bereits geflohen, um sich vor den heranrückenden Türken in Sicherheit zu bringen.
    »Ich bin Roma«, begann Vlad, nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinanderher gegangen waren.
    »Weißt du, was das ist?« Andrej schüttelte den Kopf und Vlad schürzte die Lippen; verletzt, aber nicht so, als überrasche ihn diese Antwort.
    »Dann sagt dir das Wort Zigeuner vielleicht mehr«, sagte er bitter.
    Nun wußte Andrej, wovon er sprach. Er nickte.
    »Das wundert mich nicht«, sagte Vlad bitter.
    »Weißt du, woher dieser Name kommt? Wir haben ihn nicht selbst gewählt. Er bedeutet: Ziehende Gauner. Das sind wir in euren Augen. Ziehende Gauner, nicht mehr. Aber es macht uns nichts aus.
    Wir sind es gewohnt, mit eurer Verachtung zu leben. Wir sind ein Volk ohne Land, das gewohnt ist, herumzuziehen und ein Noma-denleben zu führen. Wir wollen es nicht anders.« Andrej spürte, wie schwer es Vlad fiel, darüber zu sprechen. Er fragte sich, warum er es tat.
    »Ich war einst Mitglied einer großen Sippe, Andrej«, fuhr Vlad fort.
    »Einer sehr mächtigen und sehr großen Sippe. Wir fühlten uns frei und wir fühlten uns stark. Zu stark. Und eines Tages begingen wir einen Fehler. Vielleicht war es Gottes Strafe für unseren Hochmut.
    Wir waren fast achthundert, weißt du? Heute gibt es nur noch wenige von uns. Vielleicht bin ich der Letzte.«
    »Was war das für ein Fehler?«, fragte Andrej. Er spürte, das Vlad diese Frage von ihm erwartete.
    »Wir kamen hierher«, antwortete. Vlad.
    »Nicht in diese Stadt, aber in dieses verfluchte Land. Wir waren gewarnt worden, aber wir haben diese Warnung in den Wind

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