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Der Vater des Attentäters (German Edition)

Der Vater des Attentäters (German Edition)

Titel: Der Vater des Attentäters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Hawley
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Ich hatte vergessen, wie leicht es ist, eine Sechsundzwanzigjährige dazu zu bringen, sich auszuziehen. Sie müssen nicht mal fragen, es ist eine Art Sport für sie. An Verbindlichkeit sind sie nicht interessiert. Heiraten? Gestern Nacht ist diese Süße derartig auf mir geritten, dass ich dachte, es reißt mir den Schwanz ab.»
    Verlegen sah ich zu Nadia hinüber, aber falls sie verstand, was er sagte, ließ sie es sich nicht anmerken.
    «Was meinen Sie, sollte ich es lesen?», fragte ich nach einer Weile.
    «Das müssen Sie entscheiden», sagte er. «Ich wollte Ihnen nur die Möglichkeit geben.»
    CAC . Ich betrachtete die Initialen und begriff, dass es sich bei diesen Seiten nicht um das Tagebuch meines Sohnes handelte, nicht um das Tagebuch Daniel Allens. Es gehörte Carter Allen Cash, jenem jungen Mann, zu dem mein Sohn geworden war. Wenn ich es las, würde ich dann besser verstehen, weshalb Daniel diese Reise gemacht hatte?
    «Was ist denn hier los?», fragte Fran, die durch die Küchentür kam. Ihre Wangen waren von der Luft draußen gerötet. Instinktiv öffnete ich eine Schublade und schob die Seiten hinein. Murray sah es, ließ sich aber nichts anmerken. Fran warf ihre Autoschlüssel auf die Theke und gab Murray einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
    «Wir haben auch Besteck, wissen Sie.»
    Er zuckte mit den Schultern, den Mund noch immer voll. «Ich bin ökologisch orientiert», brachte er heraus. «Denken Sie an all den gesparten Strom, und das Wasser.»
    Fran betrachtete Nadia, die sie gewinnend anlächelte und eine kleine Prost-Bewegung mit ihrer Mineralwasserdose andeutete.
    «Wer ist das?», wollte Fran wissen.
    «Das ist Nadia», beeilte ich mich, sie vorzustellen. «Sie ist Weißrussin.»
    «Hast du ihr keinen Platz angeboten?», fragte Fran.
    Ich starrte meine Frau an, ihre Frage erwischte mich kalt. Sie lächelte mir nachsichtig zu, aber ich konnte die Sorge in ihren Augen erkennen. Murray galt schon seit einiger Zeit nicht mehr als Überbringer froher Botschaften in unserem Haus. Er öffnete den Kühlschrank und stellte die fast leere Schüssel mit Nudelsalat zurück.
    «Wie ich Paul eben erklärt habe», sagte Murray, «habe ich mich eines Abends plötzlich für den großen Treck entschieden. Von New York nach Kalifornien. Tennessee war wunderschön, wer hätte das gedacht? Jetzt kommt der Südwesten. Utah, der Grand Canyon. Ich habe Nadia unsere Route gezeigt, aber alles, was sie weiß, ist, dass wir in eine heiße Gegend fahren, um in ein riesiges Loch zu starren.»
    Fran überlegte, ob sie etwas antworten sollte, hob stattdessen jedoch die Hand und griff sich ans Ohr. Sie schaltete den Bluetooth-Kopfhörer ein. «Ich bin gerade bei den Reservierungen, Mister Colby», sagte sie und ging hinüber ins Esszimmer.
    Murray wischte sich die Hand an einem Geschirrtuch ab. «Sie scheint glücklich zu sein», sagte er.
    «Ich tue mein Bestes.»
    Er holte zwei Dosen Mineralwasser aus dem Kühlschrank und schob sie sich in die Jackentaschen. «Wir müssen weiter. Ich habe meiner Russin versprochen, dass wir heute Abend in Vail Sushi essen.»
    Ich nickte. «Sie können sehr gern auch … auch bleiben», sagte ich. «Ein paar Tage. Wie Sie wollen.»
    Er legte mir eine Hand auf die Schulter. «Nein», sagte er. «Das ist hier Ihr neues Leben. Sie sehen gut aus. Fit. Ich bin froh, das zu sehen, aber ich gehöre hier nicht hin. Ich bin nichts als eine schlimme Erinnerung. Ich wollte nur, dass Sie … Sie wissen schon, das Ding haben.»
    Bei dem Gedanken, dass er mich nun mit dem Tagebuch alleinließ, fühlte ich Panik in mir aufsteigen. «Vielleicht komme ich nächsten Monat nach New York», sagte ich.
    «Cool. Rufen Sie an. Wir gehen dann aus. Nadia ist mit allen südlich der 14 th Street befreundet.»
    Ich brachte sie zur Tür.
    Nadia gab mir die leere Mineralwasserdose zurück. «Bye-bye», sagte sie und winkte.
    Murray umarmte mich an der Tür. Sein Körper fühlte sich schlank und stark an, ohne ein Gramm Fett. «Mein Vorschlag?», sagte er leise. «Legen Sie es auf den Grill und übergießen Sie es mit Anzünderflüssigkeit. Es steht nichts drin, was Sie nicht schon wissen.»
    «Aber das ist das Problem», sagte ich. «Ich weiß gar nichts.»
    Noch lange, nachdem sie abgefahren waren, stand ich an der offenen Tür. In der Ferne bellten Hunde. Wind kam auf und fuhr durchs Gras.
    Fran kam heran und legte die Arme um mich. «Wusstest du, dass er kommen würde?», fragte sie.
    Ich schüttelte den

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