Der Venuspakt
griff beruhigend nach Nuriyas Hand. «Ich lasse dich nicht aus den Au-
gen!», flüsterte er und für jeden Beobachter wirkte seine Geste besitzergrei-
fend genug, um sich vorsichtig zurückzuziehen. «Sie werden glauben, du bist
eine ganz normale Sterbliche. Lass dich nicht provozieren, falls jemand eine
dumme Bemerkung macht! Vampirjunkies haben keinen guten Ruf.»
Um die Feenkinder nicht alleine zu lassen, verzichteten die Vampire auf ei-
nen Besuch in der VIP-Lounge, die ihresgleichen vorbehalten war.
Im Vorfeld hatten sie besprochen, dass stets mindestens ein Vampir bei Nu-
riya bleiben sollte. Nachdem sie sich an der Bar eingerichtet hatten, bestellte
Donates Drinks für alle. Nik erzählte Geschichten aus der Zeit vor seiner Trans-
formation und flirtete dabei so heftig mit Nuriya, bis sie lachend sagte: «Noch
ein Wort und ich knie genau hier vor dir nieder, du großer Gothic-Guru!»
Angelina kicherte. «Das wäre er wohl gern! Aber ich war damals viel coo-
ler!»
«Das glaubst auch nur du!», grollte Nik. «Richtig lässig war aber eigentlich
nur Donates. Immerhin war er Leadsänger einer der angesagtesten Londoner
Gruppen!»
«Tatsächlich? Wie hieß die Band?»
«Raped Children.»
«Von denen habe ich schon gehört!»
In diesem Moment war ihre Aufmerksamkeit bereits anderweitig gefesselt,
sodass ihr Niks Antwort entging. Auf der Galerie entdeckte sie eine Gestalt,
die sie direkt anzusehen schien. Alles an dieser Fremden war außergewöhn-
lich. Nicht nur, dass sie sehr groß war, ihr Gesicht wurde zudem von viel zu
schräg stehenden Augen dominiert, wovon das linke etwas höher zu liegen
schien und unheilvoll funkelte. Nuriya fand das silberne Kleid ausgesprochen
schlecht gewählt. Es hob sich kaum von der eigenartigen Hautfarbe ab und be-
tonte die Figur eher unvorteilhaft. Ihr einziger Schmuck war das, zugegeben
prächtige, weißblonde Haar. Es war annähernd knielang und verhüllte gnädig
den hageren Körper.
Angelina folgte ihrem Blick und flüsterte: «Das ist Órla, die hiesige Vertrete-
rin des obersten Rats der Vampire und eine sehr gefährliche Frau!»
«Sie ist eine Fee!», stammelte Nuriya. Den erstaunten Blick ihrer Begleiter
bemerkte sie nicht.
Als Donates sicher war, dass seinen Freunden hier in aller Öffentlichkeit
nichts geschehen würde, machte er sich auf zu einem Rundgang durch den
Club. Scheinbar gelangweilt schlenderte er zu den Katakomben, denn er wuss-
te, dass Kieran die VIP-Lounge beobachtete. Er überprüfte mit seinen sensib-
len Sinnen die verschiedenen ›Zellen‹, in denen er Sterbliche spürte, die ihrer
Leidenschaft für S/M-Spiele frönten. Ein Vampir war nicht dabei.
Schließlich warf er auch einen Blick in die Spanner-Bar, in der damals auch
Nuriya und Selena gewesen waren, bevor sie fluchtartig den Club verlassen
hatten. Schon als er die Tür öffnete, wusste Donates, dass sich dort ein mäch-
tiger Vampir aufhielt. Langsam schlenderte er zu den großen Scheiben, doch
viel gab es so früh am Abend nicht zu sehen.
«Senthil», gab er sich überrascht, «ich wusste gar nicht, dass du in der Stadt
bist!»
Der Mann stellte sein Glas ab und erhob sich. «Sieh mal an, ein junger Kol-
lege!» Er lächelte anzüglich. «Ist dir deine Feenbraut schon zu langweilig ge-
worden, dass du dich hier umschaust?»
Es sprach für Donates, dass er bei dieser offensichtlichen Beleidigung kei-
ne Miene verzog. «Senthil, was weißt du schon von der Liebe!», lachte er und
nickte dem verblüfften Vengador zu. «Einen schönen Abend noch!»
Als er zu seinen Freunden zurückkehrte, hatte sich der Club deutlich ge-
füllt. Die Musik schmerzte in den empfindlichen Ohren der Vampire. Glückli-
cherweise war es hier an der Bar nicht ganz so laut.
Sein Blick fiel auf Nuriya. «Was ist los?»
«Das Amulett!» Sofort beugte sich Donates zu ihr und für jeden Betrach-
ter sah es so aus, als wollte er sie küssen. Einen feinen Ruf erwarb sie sich
hier. Wenn das Ganze vorbei war, würde die gesamte magische Gemeinde
sie für eine Schlampe halten. Doch Nuriya spielte mit und flüsterte: «Es wird
warm!»
«Bleib ganz ruhig! Niemand kann das sehen.» Und für alle hörbar fügte er
hinzu: «Schräges Publikum heute Abend!» Dabei blinzelte er sie aufmunternd
an.
«Ich hoffe, er meint nicht mich!» Kieran verbeugte sich vor Angelina. Sie
lächelte und reichte ihm huldvoll ihre Hand zum Kuss. «Kieran! Darf ich dir
meine Freunde vorstellen?»
Nuriya
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