Der Venuspakt
werden
müssen.
Kieran war in vielen Punkten seiner Erzählung vage geblieben. Es gab ei-
niges, was ihr der Vampir verheimlichte, da war sie sich ganz sicher. Warum
sonst wich er ihrer Frage nach seiner Position in der vampirischen Welt stets
geschickt aus?
Unglücklich warf sie sich aufs Sofa und zappte zwischen den Satellitenka-
nälen herum. Der riesige Bildschirm war fantastisch, das Nachtprogramm we-
niger. Schließlich fand sie einen Musiksender und drehte die Anlage weit auf,
bis der Boden unter ihren Füßen zu vibrieren schien. Zu irgendetwas musste
ihr Gefängnis ja gut sein, dachte sie.
Kapitel
Amar Sin wandelte bereits seit dem Beginn der Zeit als geborener Vampir
auf dieser Erde. Er sei, so sagte man, Namtar, der Sohn des sumerischen Mond-
gottes Sin und ein Dämon, der von der Göttin der Unterwelt ausgesandt wor-
den war, um der Menschheit den Tod zu bringen. Andere behaupteten, er sei
Adapa, der erste Mutige, der versucht hatte, den Göttern die Unsterblichkeit
für die menschliche Rasse abzuluchsen.
Diese Spekulationen um Sins Herkunft war den meisten Frauen, die das
Glück hatten, ihm zu gefallen, völlig gleichgültig. Sie sprachen später nur von
seiner Haut, glatt und kühl wie Marmor, von seinem Gesicht, so ebenmäßig,
dass sogar die Götter bei seinem Anblick weinen mussten, und einem Körper,
dessen geschmeidige Bewegungen die Sünde selbst verführen konnten. Und
vielleicht war das der Grund für diesen Namen: Sin – Sünde.
Der mächtige Vampir ließ sich jedoch selten sehen, deshalb hielt der Groß-
teil der magischen Gemeinde seine Existenz ohnehin für eine Legende.
Kieran wusste es besser, denn Sin hatte sich seiner angenommen, als er da-
mals, hilflos den Gewalten seiner Verwandlung ausgeliefert, durch die Nacht
geirrt war. Er war es, der ihn mit seinen neuen Kräften und Bedürfnissen ver-
traut gemacht hatte.
Sin erkannte das große Potenzial seines Schützlings und öffnete dem jun-
gen Vampir den Blick für die besondere Magie der Nacht, aber auch für ihre
Gefahren. Er trainierte ihn in uralten, längst vergessenen Kampftechniken
und magischen Fertigkeiten. Sein besonderes Verdienst lag jedoch darin, Kier-
an so lange zu begleiten, bis dieser bereit war, sein Schicksal anzunehmen.
Nach einiger Zeit schien es immer schwieriger für die beiden Krieger der
Dunkelheit, längere Zeit miteinander zu verbringen. Die Kampfübungen wur-
den aggressiver und eines Tages verletzte Kieran seinen Lehrer so schwer, dass
dieser im Affekt beinahe die Macht der Unterwelt zu seiner Verteidigung be-
schworen hätte. Sin zog sich zurück, zufrieden, seinen Schützling für dessen
Aufgaben vorbereitet zu haben.
Kieran war wütend und verletzt gewesen, als der Vampir, den er inzwischen
als Freund betrachtete, ihn ohne ein Wort des Abschieds verlassen hatte.
Doch wenig später traf er auf andere Vampire und stellte fest, dass er ihre
Gesellschaft ebenfalls selten länger als ein paar Stunden ertrug und begann zu
erkennen, warum Sin sich zurückgezogen hatte.
Dennoch blieb das bittere Gefühl, erneut verlassen worden zu sein. Seine
Eltern hatten ihn fortgegeben, sein Weib den Freitod einer Ehe mit ihm vor-
gezogen und nun verließ ihn auch das einzige Wesen, das er jemals als Freund
bezeichnet hatte.
Schon nach kurzer Zeit wurde er regelrecht zum Raufbold. Und mehr als
einmal hätte Kieran in jungen Jahren einen Nebenbuhler beinahe grundlos
getötet. Ähnlich wie ein Alpha-Wolf würde er niemals für längere Zeit die
Nähe anderer Kreaturen der Nacht kampflos dulden. Und es schien, als könn-
te ihn niemand bezwingen. Deshalb zogen es die meisten Vampire, geboren
oder erschaffen, auch vor, ihm aus dem Weg zu gehen. Eine unendlich einsa-
me Zukunft erstreckte sich vor ihm.
Órla war es dann, die ihm vorschlug, aus der Situation seinen Vorteil zu zie-
hen und als Vengador für den Rat zu arbeiten. Dankbar ergriff Kieran diese
Gelegenheit und wurde bald einer der besten seines Metiers. In den folgenden
Jahrhunderten war er seinem weisen Lehrer nur selten begegnet. Meist wenn
dieser ihm besondere Aufträge des Rates übermittelte. Ihr einst von Vertrauen
geprägtes Verhältnis hatte sich merklich abgekühlt und Sin wirkte stets sehr
distanziert.
Als Kieran auf dem Wege zum Hellfire-Club die vertraute Stimme hinter
sich hörte, fuhr er sprachlos vor Überraschung herum. Ein hoch gewachsener
Mann löste sich aus dem Schatten und auch jetzt war es nur
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