Der Venuspakt
–, als sie unerwartet jemand ansprach: «Das war sehr geschickt!»
Sie drehte sich erschrocken um. Viel zu dicht vor ihr stand ein Fremder, des-
sen vampirische Natur sie nur schwach spüren konnte. Nuriya wagte nicht,
seine Aura genauer zu prüfen, denn sie fürchtete, damit mehr von sich preis-
zugeben, als gut für sie war. Auch ohne die warnende Hitze ihres Amuletts
ahnte sie, dass dieser Vampir äußerst gefährlich war.
Die schwarzen Haare kurz geschnitten, seine Figur sportlich und der Anzug
nach Maß geschneidert, hätte der Mann mit seinem Aussehen in jeder Chef-
etage blendend Karriere gemacht. Hier im Club wirkte er seltsam deplatziert.
Behutsam machte sie einen Schritt zurück. «Hallo!» Nuriya wusste nicht,
wie viel er mitgehört hatte und wollte auf keinen Fall mehr als notwendig
verraten. Vermutlich hielt er sie für einen leichtfertigen Vampirjunkie. Nik
hatte ihr von diesen Sterblichen erzählt, die bereitwillig ihr Leben riskierten,
weil sie hofften, selbst einmal unsterblich zu werden. Mit ein wenig Glück
erhielten sie zumindest für eine gewisse Zeit ungeahnte Lust und Erfüllung.
Transformiert worden war vermutlich noch keiner von ihnen.
«Meine Freundin ist ziemlich anhänglich!»
«Aber nun haben wir zwei ja ein wenig Ruhe.» Der Fremde fasste Nuriya
am Ellenbogen, führte sie die restlichen Stufen hinauf und drückte sie in die
Kissen einer abgelegenen Sitzgruppe. «Setz dich!» Sie gehorchte. «Du machst
das noch nicht lange.» Der Mann blickte sie aufmerksam an. Dabei fuhr er
sanft mit einem Finger über ihren Hals. Nuriya fiel es schwer, sich zu konzen-
trieren.
«Ich sehe, du weißt, was ich von dir will!», lachte er mit einem unverschäm-
ten Blick auf ihre Brüste. «Aber das kommt später!» Sie fühlte sich von einer
angenehmen Wärme umhüllt. Ihr Atem ging schneller und das erwartungs-
volle Beben ihrer Bauchdecke war ein deutliches Zeichen für ihre Erregung.
Sie spürte, wie seine Hand in ihrem Nacken sie näher zog und ihren Kopf zu
Seite zwang. Er war grob, aber sie sehnte sich plötzlich nach nichts mehr, als
endlich seine Zähne zu spüren. Das war nicht richtig! Kieran! «Hallo, Senthil!»
Der Mann vor ihr hob ruckartig seinen Kopf. Kieran stand wie ein Racheen-
gel über ihnen.
Komm sofort zu mir!
Wie in Trance folgte Nuriya dem unmissverständlichen Befehl.
Mit einer lässigen Handbewegung schob er sie hinter sich, sodass er ihren
Körper fast vollständig verdeckte.
Senthil erhob sich geschmeidig, er wirkte sprungbereit. «Ah, der Kelte! Rä-
cher aller Damen in Not!»
Kieran gab einen missbilligenden Laut von sich. «Sei still, Barbar!»
Senthil lachte: «Ich ein Barbar? Als meine Vorfahren bereits ihre Kundschaf-
ter nach Europa aussandten, da habt ihr noch auf den Bäumen gesessen!»
«Du weiß nichts über unsere Kultur! Und ...», fügte Kieran maliziös hinzu,
«du kommst wieder einmal zu spät! Die Kleine gehört uns.»
Senthil schaute ihn voller Hass und Verachtung an. Er wusste, wann er ge-
schlagen war. Einem geborenen Vampir hatte er nichts entgegenzusetzen und
das fiel ihm schwer zu akzeptieren, denn dieser hier war ihm besonders zu-
wider.
«Wenn ich gewusst hätte, dass die Schlampe schon von dir gemolken wur-
de, hätte ich sie nicht einmal mit Handschuhen angefasst! Wie konnte ich
ahnen, dass der ›große Kieran‹ die Dienste von Huren in Anspruch nimmt.»
Er spie seine Worte voller Abscheu aus und verschmolz mit der Dunkelheit,
bevor sie verhallt waren.
Nuriya zitterte. Was war nur in sie gefahren, sich derart schamlos zu beneh-
men? Es dauerte einen Moment, bis sie ihrer Stimme traute. Als sie gerade
ihren Mund öffnete, um sich für die Rettung zu bedanken, kam ihr Kieran
zuvor. «Was hast du hier allein mit diesem Mann getrieben?»
Entrüstet funkelte sie ihn an: «Nichts! Ich kenne ihn überhaupt nicht!»
«Das sah aber ganz anders aus!»
«Ich muss mich doch nicht rechtfertigen. Lass mich in Ruhe und kümmere
dich um deine eigenen Angelegenheiten!»
«Du bist meine Angelegenheit und solltest dich vorsehen, mit welchen
dahergelaufenen Typen du Bekanntschaft schließt!» Kieran war wütend und
geschockt, dass es trotz aller Vorsicht ausgerechnet Senthil beinahe gelungen
war, Nuriya zu entehren. Nur mit Mühe brachte er genügend Selbstbeherr-
schung auf, ihn ungestraft ziehen zu lassen. Nicht auszudenken, welche Fol-
gen es gehabt hätte, wenn der listige Vampir von ihr getrunken und dabei das
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