Der Venuspakt
«Und weiter?»
«Danach wollte sie mit Senthil in eine dunkle Ecke des Hellfire verschwin-
den.
«Senthil?» Asher wurde schlagartig ernst. «Das ist arg. Bist du sicher, dass
sie freiwillig mit ihm gegangen ist?»
Kieran fluchte, griff nach einer Flasche mit schottischem Whiskyund
nahm einen kräftigen Schluck.
«Glaubst du, der hilft dir?», fragte Asher leise.
«Ich weiß es nicht!», damit meinte Kieran die erste Frage seines Bruders.
«Gestern war ich ganz sicher und hab mich benommen wie ein kompletter
Idiot! Dabei hatte ich gehofft, Nuriya sanft für mich einnehmen zu können.»
Wieder nahm er einen kräftigen Schluck. Der Vampir hätte mehrere Fässer
leeren müssen, um für länger als nur einen kurzen Moment die Wirkung des
Alkohols zu spüren. Aber das scharfe Brennen des goldgelben ›Wassers des
Lebens‹ aus seiner Heimat gab ihm Trost.
«Immer wenn ich in ihrer Nähe bin, setzt offenbar mein Verstand aus. Wir
haben das zweite Siegel gebrochen», gab er schließlich leise zu.
«Oh!»
«Ist das alles, was du dazu sagen kannst?» Kieran stürzte ein weiteres Glas
hinunter und knurrte: «Ich habe die ganze Sache absolut vermasselt!»
«Was hast du vermasselt?» Vivianne stand schwankend in der Tür und
blickte ihre Brüder fragend an.»
«Vi, geh zurück ins Bett!»
Vivianne tappte ungeachtet der Aufforderung in die Küche. Ihr Blick war
noch getrübt und so griff sie beinahe daneben, als sie ihre Hand nach einer
frischen Blutkonserve ausstreckte. Ziemlich grob schlug sie ihre Zähne in die
feste Plastikhülle und begann zu trinken.
«Jetzt geht es mir besser!» Ungeschickt warf sie die leere Verpackung zu den
anderen, die bereits in der Spüle lagen.
Kieran klang nun wieder wie der gefürchtete Vengador, als er seine Schwes-
ter scharf ansah. «Wer hat dich überfallen?»
Vivianne ließ ihren Kopf hängen. «Ich weiß es nicht. Den ganzen Tag hatte
ich schon ein mulmiges Gefühl. Deshalb rief ich Asher an. Ich wollte ihn bit-
ten, mich abzuholen, obwohl er recht deutlich gemacht hatte, dass er mich
nicht sehen wollte.» Vorwurfsvoll schaute sie zu ihrem Bruder.
«Zu deinem eigenen Schutz!», warf Asher ein.
«Das hat nicht ganz geklappt, oder?»
Kieran mischte sich ein und fasste seine Schwester am Arm: «Vivianne, vor
zwei Wochen wurde ich ohne ersichtlichen Grund von fünf Sicariern überfal-
len. Sie wollten mich mit einer vergifteten Waffe töten. Versuch bitte, dich zu
erinnern! Was kam dir so seltsam vor, dass du Asher um Hilfe gerufen hast?»
«Bis zum Abend war alles völlig normal, dann spürte ich, dass die Agentur
von Vampiren beobachtet wurde. Eigentlich hatte ich geplant, meine Mitar-
beiter nach Hause zu schicken und mich dann um die Typen zu kümmern.
Aber ...», sie lächelte Asher an, «dann habe ich mich erinnert, dass mein lieber
Bruder in der Stadt ist und zudem immer wieder gepredigt hat, dass ich nicht
so leichtsinnig sein soll.»
«Als wenn du je auf mich gehört hättest!», grollte Asher.
«Immer, mein Süßer!», lachte Vivianne. «Aber ernsthaft – meine Sekretärin
war gerade als Letzte aus dem Büro gegangen, da standen sie plötzlich vor mir.
Drei Vampire, völlig gleich gekleidet und irgendwie unheimlich. Und ehe ich
mich versah, tauchte ein Vierter auf, rammte mir eine Spritze in die Schulter.
Danach erinnere ich mich an nichts mehr.»
«Haben sie gar nichts gesagt?»
«Nein! Die Typen haben kein Wort gesprochen. Sie waren blitzschnell, und
ihr wisst, dass ich die Agentur nicht mit einem Zauber schützen kann. Foto-
grafen und Designer sind häufig sehr sensibel und jede Form der Schutzmagie
bereitet diesen Sterblichen Unbehagen. Ich müsste auf einige meiner besten
Kunden verzichten.»
«Du hast es wirklich nicht nötig zu arbeiten!», gab Asher zu bedenken.
Vivianne stemmte entrüstet ihre Hände in die Hüften. «Vergiss es! Der Job
macht mir Spaß und nicht jeder hat Lust, in einer Bibliothek zu verstauben!»
«Ihr zwei, hört mit der Zankerei auf!» Kieran schaute die ständig streiten-
den Geschwister ärgerlich an.
Verdächtig schnell gab Vivianne ihre Kampfhaltung wieder auf und schenk-
te Kieran ein zuckersüßes Lächeln. «Liebster, kleiner Bruder, du hast meine
Frage noch nicht beantwortet.»
«Welche Frage?» Er bemühte sich, harmlos zu schauen.
«Ich möchte wissen», sagte sie und kam ein wenig näher, «was du diesmal
angestellt hast!»
Kieran sandte ein verzweifeltes Stoßgebet an die Götter – wie
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