Der verbannte Highlander
Wort davon wahr war.
Ihm war, als weiche ihm alles Blut, alles Leben aus dem Körper und am liebsten wäre er vor quälender Verzweiflung und Entsetzen auf die Knie gesunken. Seit seine Eltern ermordet worden waren, hatte er keinen so schweren Schlag mehr verspürt. Es war beinahe unmöglich, so einen Verlust zu begreifen. »Gütiger Gott«, flüsterte er.
»Gott?«, brüllte Gregor. »Der hat nichts damit zu tun. Es war dieser Teufel Argyll!« Seine Stimme bebte vor Wut und bitterem Hass. »Fünfundzwanzig MacGregors wurden letzte Woche am Mercat Cross in Edinburgh gehängt. Das ist allein
den Campbells zu verdanken. In diesem Augenblick steckt der Kopf unseres Chiefs neben dem unseres Bruders auf einer Lanze an den Toren von Dumbarton.« Etwas veränderte sich in Gregors Blick, ein Aufblitzen von Schmerz, der so heftig war, dass Patrick sich gegen das wappnete, was nun kommen würde. »Und während du bei deiner Lady den feinen Edelmann gespielt hast und wie ein verliebtes Hündchen hinter ihr hergehechelt bist, wurde unsere Schwester von den Männern ihres Bruders vergewaltigt.«
»Nein!« Der Laut, den er von sich gab, hatte nichts Menschliches an sich. Ein furchtbarer Schmerz schnitt ihm wie mit scharfen Klauen in die Brust und riss ihn in Stücke. Nicht seine Schwester! Nicht die süße, störrische, schöne Annie! Er packte Gregor am Hemd und schüttelte ihn, als könne er dadurch seine Worte ungeschehen machen. »Was zum Teufel ist passiert? Ich sagte dir doch, dass du sie verstecken sollst.« Seine Kehle war wie zugeschnürt und seine Stimme rau. »Du solltest doch dafür sorgen, dass sie in Sicherheit sind.«
»Das habe ich versucht, verdammt!« Gregor riss sich los. »Ich hatte sie in den Hügeln von Balquhidder versteckt, doch sie wurden für Gold verraten und Auchinbreck übte seine Vergeltung an Annie aus.«
Auchinbreck war ein toter Mann.
»Vergeltung?«, fragte Patrick grollend. »Wofür?«
»Als uns die Nachricht von Argylls Verrat erreichte – vom Tod unseres Chiefs und unseren Angehörigen –, gab es Aufstände von den Hügeln von Balquhidder bis nach Rannoch Moor. Wir brannten einen Pfad der Rache, der eine ganze Meile breit war.«
»Und du hast nicht daran gedacht, mich das wissen zu lassen.« Mit einem Schlag wurde ihm bewusst, welche Auswirkungen Alasdairs Tod hatte, und er durchbohrte Gregor mit seinem Blick. »Ich bin Chief.«
Gregors Augen blitzten, als wollte er widersprechen, doch
stattdessen zuckte er die Schultern. »Es war nicht genug Zeit.«
Das war eine verdammt unzureichende Entschuldigung, und das wussten sie beide. Hatte Gregor vor, seine Führung anzufechten? Chief zu sein, war kein Posten, den Patrick je gewollt hatte, doch er beabsichtigte verdammt nochmal ein guter Chief zu sein – mit Sicherheit besser als sein Bruder. Wenn die MacGregors irgendeine Chance hatten, zu überleben, dann nicht mit dem unberechenbaren Gregor an der Spitze. Er wollte nicht glauben, dass sein Bruder so unloyal sein könnte, doch Gregor hatte sich verändert. Bisher war er stets in der Lage gewesen, ihn zu besänftigen. »Und das Wiederaufleben der Kämpfe ist der Grund, warum Auchinbreck auf Vergeltung aus war?«
Das Flackern in Gregors Blick entging Patrick nicht. »Die Männer waren außer sich vor Wut, nicht mehr zu bändigen. Hungrig nach Rache.« Er zuckte die Schultern. »Ein Campbell-Mädchen geriet ihnen in den Weg.«
Patrick fluchte heftig, als er ahnte, was geschehen war. »Und unsere Clansmänner beschlossen, etwas von ihrer Wut an einer Frau abzureagieren?« Angewidert sah er fort. Die arme Annie war ins Kreuzfeuer geraten.
Ich hätte sie beschützen sollen. Hätte er etwas anders machen können? Wenn er damals auf Jamie Campbell geschossen hätte, wären sein Cousin und sein Bruder dann noch am Leben?
Es verursachte ihm Übelkeit, daran zu denken, dass er noch vor weniger als zwei Wochen im selben Raum mit dem Mann gesessen hatte, der für die Vergewaltigung seiner Schwester verantwortlich war. Sein Magen krampfte sich zusammen. Er konnte nicht darüber nachdenken. »Ich muss zu ihr«, sagte Patrick. »Wo ist sie?«
Gregor schüttelte den Kopf. »Sie wird dich nicht sehen wollen. Sie will niemanden sehen. Nicht einmal Niall Lamont.
Ich wusste, was Annie für ihn empfand, deshalb habe ich ihn von Bute geholt. Das ist der Grund, warum sich meine Rückkehr verzögert hat. Aber sie hat ihn fortgeschickt.«
»Wo ist sie?«
»Auf Molach, der kleinen Insel in Loch
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