Der verbannte Highlander
ihren Durst nach Rache hinwegzusehen. Es war ein Durst, den er teilte, aber er musste ihn im Zaum halten, damit der Clan eine Zukunft hatte. »Also ist es deine Antwort, einfach aufzugeben? Ruhmreich unterzugehen? Verstehst du denn nicht, dass jeder Tag, den wir überleben, ein Sieg ist? Die Campbells versuchen seit Jahren, uns loszuwerden, aber die Tatsache, dass du und ich hier stehen, zeigt doch, dass sie versagt haben.« Er blickte in die Gesichter der anderen Männer. Männer mit Ehefrauen und Familien. »Was ist mit euren Frauen und Kindern? Wollt ihr sie unbeschützt zurücklassen, der Gnade von Männern wie Auchinbreck ausgeliefert? Wollt ihr den Namen MacGregor sterben lassen, um niemals wiedergeboren zu werden?«
Gregor hatte einen sturen Ausdruck auf dem Gesicht. »Der Clan will Rache.«
»Und er soll sie haben. Unsere ermordeten Verwandten und unsere Schwester werden nicht vergessen sein. Aber wenn du gegen Elizabeth Campbell Krieg führst, dann wird es nichts geben, wo wir uns verstecken können. Jeder Campbell wird uns jagen, und die anderen Clans werden sich gegen uns wenden. Siehst du das denn nicht ein?«
Die Augen seines Bruders hatten etwas von ihrem tollwütigen Glanz verloren. Patricks Worte schienen endlich zu ihm durchgedrungen zu sein. Er nickte. »Aye.«
»Gut. Dann reitet nach Norden und sendet das crann tara aus, das flammende Kreuz. Ich will, dass sich alle MacGregors von hier bis Rannoch Moor heute in einer Woche bei der Kirche in Balquhidder versammeln.«
Gregor runzelte die Stirn. »Und was ist mit dir? Kommst du nicht mit uns?«
»Aye , aber zuerst will ich zusehen, was ich über die Pläne der Campbells und Auchinbrecks Bewegungen herausfinden kann. Ich komme in ein paar Tagen nach.«
»Und das Campbell-Mädchen, hast du vor, sie einfach zu verlassen?«
»Aye.« Das Gefühl der Enge in seiner Brust schnürte ihm beinahe die Luft ab. Mit allem, was ihm zu Gebote stand, wehrte er sich dagegen, was getan werden musste. Sein Weg war ihm vorgezeichnet. Er musste sich seinen Männern anschließen. Und kämpfen.
Diejenigen bestrafen, die seine Angehörigen ermordet und seine Schwester vergewaltigt hatten.
Nur eine einzige Sache stand ihm im Weg.
Lizzie. Er war hin- und hergerissen zwischen seiner Pflicht dem Clan gegenüber und seinem Bedürfnis, sie in Sicherheit zu wissen.
Die Anschuldigungen seines Bruders klangen ihm in den
Ohren. Er stellte sie nicht über seinen Clan, doch er konnte sie auch nicht ungeschützt zurücklassen. Er glaubte, dass er zu seinem Bruder durchgedrungen war, doch mit Lizzies Sicherheit würde Patrick kein Risiko eingehen. Wenn ihm irgendetwas zustieß …
Dann wäre niemand mehr da, um Gregor in Zaum zu halten.
Lizzie wäre so gut wie tot.
Auf dem Weg zurück zur Burg arbeitete Patrick seinen Plan aus. In der Nacht würde er ein paar seiner Männer hinter seinem Bruder herschicken, um sicherzugehen, dass er in die Highlands zurückkehrte, und morgen früh würde dann Lizzie ihren Willen bekommen.
Sie musste bereits auf ihn gewartet haben, denn kaum hatte er das Tor passiert, rannte sie schon auf ihn zu. »Was ist passiert? Warum hast du mich so fortgeschickt?« Wenige Fuß vor ihm blieb sie wie angewurzelt stehen, als sie seinen Gesichtsausdruck sah. »Patrick, was stimmt denn nicht?«
Alles. Er zwang sich, sie anzusehen, wollte sie als das sehen, was sie war – eine Campbell, seine Feindin, die Schwester des Mannes, der die Vergewaltigung von Annie angeordnet hatte, und die Cousine des Unholds, der seinen Bruder und seinen Chief in den Tod geschickt hatte.
Er wollte sie hassen.
Doch alles, was er sehen konnte, waren arglose blaue Augen in einem blassen Gesicht, das erfüllt von Sorge war. Um ihn.
Seine Brust zog sich zusammen. Musste sie so verdammt liebenswert sein? Er wollte sie packen und schütteln, um sich schlagen, bis sie ihn hasste. Das würde es so viel einfacher machen, sie zu verlassen.
Er biss die Zähne zusammen. »Geh. Pack deine Sachen und bereite dich darauf vor, bei Sonnenaufgang aufzubrechen.«
»Gehen?«, wiederholte sie erschrocken. »Wohin?«
Er begegnete ihrem Blick, ohne sich etwas von dem Tumult anmerken zu lassen, der in seinem Innern tobte. Der Himmel möge ihm beistehen, er wollte sie noch immer. Doch er würde dafür sorgen, dass sie sicher zu ihrem Cousin kam, und dann war er fertig mit ihr. Ohne Patrick und seine Männer und da Auchinbreck die Hälfte seiner ohnehin bereits verminderten Streitmacht
Weitere Kostenlose Bücher