Der verbannte Highlander
beobachte Schauspieler auf einer Bühne unter sich. Das Mädchen war zu jung um zu sterben. Sie hatte doch noch gar nicht richtig gelebt. Sie hatte noch so vieles vor sich. Eine eigene Familie. Einen Mann, den sie lieben konnte. Ein Kind, das sie in den Armen halten konnte. Alles, was sie noch vor sich hatte, spiegelte sich in dem schimmernden Stahl, der hoch über ihrem Kopf schwebte.
Ich will nicht sterben.
Der heftige Wunsch zu leben durchbrach den Schock des drohenden Todes und Lizzie wich zurück, bereit, alles zu tun, was nötig war, um sich und Alys zu schützen.
Das Schwert zuckte herab …
»Halt!«, rief ein Mann dröhnend von der anderen Seite des Weges. In seiner tiefen, rauen Stimme schwang kühle Autorität. Schon bevor sie hinsah, wusste Lizzie, dass es der dunkle Ritter war. Er stand noch ein gutes Stück entfernt, aber er hatte das Schwert durch einen Bogen ersetzt und zielte mit dem
Pfeil geradewegs auf das Herz des MacGregor-Kriegers. »Ich werde nicht danebenschießen.« Die kalte Gewissheit, mit der er das sagte, machte daraus keine Drohung, sondern ein Versprechen.
Lizzie blieb das Herz stehen.
In stillem Zweikampf standen sich die beiden Männer gegenüber und die unglaubliche Spannung zwischen ihnen war beinahe greifbar. Endlich ließ der MacGregor sein Claymore sinken.
Einer seiner Männer erschien mit einem Pferd an seiner Seite. »Wir müssen fort.«
Der Straßenräuber sah aus, als wolle er widersprechen, aber mit einem letzten Blick auf Lizzie, der Vergeltung versprach, schwang er sich aufs Pferd und stieß einen wilden Schrei aus: »Ard Choille!« Die bewaldete Höhe, übersetzte Lizzie mit dem, was sie noch aus ihrer Kindheit von der Sprache der Highlands wusste. Vermutlich der Schlachtruf des Clans, wurde ihr klar.
Seine Krieger reagierten sofort. Wie Gespenster verschwanden sie im Wald, so plötzlich, wie sie gekommen waren.
Nur das Rascheln der Blätter hinter ihnen zeugte davon, dass sie wirklich existiert hatten.
Das und die Leichen ihrer Clansmänner, die über den Waldboden verstreut lagen.
Sie erstickte ein trockenes Schluchzen in der Kehle.
Es war vorbei. Doch sie war zu betäubt, um Erleichterung zu spüren. Sie war zu betäubt, um irgendetwas zu spüren. Mit einem tiefen Atemzug schloss sie die Augen und ließ Luft in ihre Lungen strömen. Atmen . Einfach nur atmen.
Als sie die Augen schließlich wieder öffnete, tat sie es, um nach dem Mann zu suchen, dem sie ihr Leben verdankte.
Kapitel 2
D ie Schlacht war vorüber, doch das Blut strömte immer noch heiß und pulsierend durch seinen Körper. Patrick war verdammt wütend.
Er ließ das Schwert sinken und zuckte leicht zusammen, als ihm ein scharfer Schmerz durch die Seite schoss. Blut strömte nicht nur durch seinen Körper, sondern auch aus ihm heraus. Unverkennbar spürte er die warme Feuchtigkeit, die durch das Leinen des Hemdes sickerte, das er unter seinem ledernen cotun trug. Es war keine neue Wunde, sondern eine alte, die er sich vor Wochen – nay , Monaten – bei der Schlacht von Glenfruin zugezogen hatte. Und die nun wieder aufgebrochen war.
Dank seines verfluchten Bruders.
Patrick zog den stählernen Helm vom Kopf und fuhr sich mit den Fingern durch das frisch geschnittene Haar, während er das Bild der sinnlosen Zerstörung musterte, das sich vor ihm ausbreitete. Er ließ den Blick über das Schlachtfeld, über die toten Körper schweifen und ein Gefühl der Übelkeit regte sich in seinen Eingeweiden. Er war auf dem Schlachtfeld groß geworden. Bei all dem Tod, den er gesehen hatte, erstaunte es ihn, dass ihm das Bild immer noch zusetzen konnte. Vielleicht lag es daran, dass der Verlust von Menschenleben diesmal so unnötig gewesen war.
Niemand hätte verletzt werden sollen.
Zumindest war das der Plan gewesen, bevor Gregor sich eigenmächtig anders entschieden hatte. Sein verdammter, hitzköpfiger Bruder war zu weit gegangen. Gregor besaß all die Kühnheit ihres Cousins ohne dessen Charme und Glück – dafür jedoch einen gefährlichen Zug Rücksichtslosigkeit.
Patrick fluchte sogar noch wütender, als sein Blick auf den verstümmelten Körper eines seiner Clansmänner fiel, und voll Bitterkeit verzog er den Mund. Conner war ein hübscher Junge gewesen, der fast immer ein Lächeln auf dem Gesicht hatte – eine Seltenheit unter den Geächteten –, obwohl man ihm das nun nicht mehr ansah. Eine Musketenkugel hatte ihn in die Wange getroffen und ihm das halbe Gesicht weggerissen.
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