Der verbannte Highlander
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Heftig schnappte sie nach Luft, und der Magen drehte sich ihr um. Wie hatte er mit einer solchen Verletzung überhaupt noch stehen, geschweige denn stundenlang reiten können?
Der Schnitt zog sich quer über die ganze Seite, von unterhalb des Schulterblatts bis wenige Zoll über seiner Taille und klaffte weit auf, rot und roh. Die Wundränder waren mit dicken Klumpen Blut und Hautfetzen verkrustet und die Wunde war so tief, dass sie das Weiß seiner Knochen sehen konnte. Die Mahlzeit, die sie gerade gegessen hatte, drohte, ihr wieder hochzukommen, aber sie schluckte sie hinunter. Ein stetes Rinnsal Blut tropfte an seiner Seite hinunter und sammelte sich in einer Lache auf der Pritsche. Auch sein Oberkörper war mit blutigen Streifen verschmiert. Offensichtlich hatte er vor kurzem versucht, sich das Blut abzuwaschen.
Sie suchte den grimmigen Blick der Heilerin und stellte stumm die Frage, die sie nicht in Worte zu fassen wagte.
»Das Blut fließt immer noch rot, Mylady«, meinte die alte Frau und gab ihr damit einen kleinen Hoffnungsschimmer.
Die Wunde eiterte nicht … noch nicht. Aber sie konnten beide sehen, dass er zu viel Blut verloren hatte.
Die Heilerin begann, seine Männer mit Fragen zu bombardieren und wurde zusehends ungeduldiger wegen der vagen
Antworten, was Lizzie dazu veranlasste, sich zu fragen, ob die Murrays etwas zu verbergen hatten. Schließlich gelang es ihnen dennoch, herauszufinden, dass Patrick sich die Verwundung vor Wochen zugezogen hatte. Jemand hatte ansatzweise versucht, die Wunde zu nähen, aber während der Kämpfe des heutigen Tages mussten die Nähte wieder aufgebrochen sein.
Er blutete seit Stunden.
Die Brust schnürte sich ihr zu, als sie an den Wolfsangriff dachte. Daran, wie das zusätzliche Ringen Patrick Kraft gekostet haben musste – und doch hatte er es gut vor ihr verborgen. Sie wäre niemals darauf gekommen.
Warum hatte er nichts gesagt?
Ihr Mund verhärtete sich. Patrick Murray war ganz offensichtlich ein Mann, der nicht um Hilfe bat. Warum waren die Highlander nur so fasziniert von Unbesiegbarkeit? Es lag ihnen wohl im Blut, vermutete sie. Zusammen mit einer gehörigen Dosis verbissenem Stolz.
Mit entschlossenem Gesichtsausdruck straffte sie die Schultern. »Was kann ich tun?«
»Wir werden die Wunde säubern so gut wir können, und sie dann wieder zunähen. Ich werde noch eine Salbe auftragen, und dann liegt es in Gottes Hand.« In der Stimme der Heilerin lag nicht allzu viel Zuversicht.
»Nay «, entgegnete Lizzie mit einer Heftigkeit, die sie selbst überraschte. »Es liegt in meiner Hand.« Sie konnte spüren, dass alle Augen sich auf sie richteten, und Hitze stieg ihr in die Wangen. Doch trotz der Gotteslästerung sahen seine Männer sie zustimmend an. Verlegen über ihren Ausbruch erklärte sie der Heilerin, was sie meinte. »Dieser Mann hat heute zweimal mein Leben gerettet. Es ist das Mindeste, was ich für ihn tun kann.«
Die Heilerin bedachte sie mit einem Blick, der ihr sagte, dass sie mehr verstanden hatte, als Lizzie möglicherweise lieb
war, dann wandte sie sich an Patricks Männer. »Ein paar von euch werden ihn festhalten müssen, während ich arbeite.«
Die Männer taten wie geheißen, und die Heilerin begann mit ihren Vorbereitungen. Sobald alles zurechtgelegt war, fingen sie an. Mit feuchten Leinenstreifen wuschen sie vorsichtig das Blut aus der Wunde. Nervös klopfte Lizzie das Herz bis zum Hals. Sie versuchte, behutsam zu sein, aber als er bei ihrer Berührung zusammenzuckte, sog sie heftig den Atem ein und zog die Hand zurück.
»Ihr macht das sehr gut, Mylady«, sprach die Heilerin ihr Mut zu.
»Aber es tut ihm weh.«
»Aye , und es wird noch viel mehr weh tun, bevor dieser Tag zu Ende ist. Wenn Ihr es nicht verkraftet …«
»Es geht schon.« Lizzie biss die Zähne zusammen und betupfte weiter den roten, entzündeten Schnitt, wobei sie sich innerlich gegen sein schmerzhaftes Zusammenzucken stählte. Als sie fertig war, wischte sie sich mit dem Handrücken über die Stirn, doch dann sah sie, dass die Heilerin die Flasche mit Whisky hob.
»Was machst du da?«
»Der uisge beatha wird helfen, das Gift fortzuwaschen.«
Lizzie hatte schon davon gehört, aber noch nie dabei zugesehen. Nachdem sie schon einmal versehentlich Rotwein auf eine offene Wunde geschüttet hatte, konnte sie sich gar nicht vorstellen, wie … es würden entsetzliche Schmerzen sein. »Bist du sicher, dass das nötig ist?«
»Ich habe
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