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Der verborgene Charme der Schildkröte

Titel: Der verborgene Charme der Schildkröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stuart
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Kühlschrank geputzt und telefonierte nun.
    »Könnte sein«, antwortete sie neutral und warf einen Blick auf die Zauberkiste. »Nein, das klingt nicht nach der, die wir hier haben … Sie wurde vor über zwei Jahren gefunden … Aha, verstehe. Aber wenn Sie sie vor so langer Zeit verloren haben, warum haben Sie sich dann nicht eher gemeldet? … Wieso im Gefängnis, wenn Sie mir diese Frage erlauben … Aha … Nein, nein, ich verstehe das schon. Ich kann mit einer Säge auch nicht umgehen … Das tut mir leid für Sie. Glamouröse Assistentinnen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren … Nun, wie ich schon sagte, das klingt nicht so, als wäre es Ihre. Aber Sie können gerne einen Blick darauf werfen … Baker Street … Bei unseren wertvolleren Fundobjekten möchten wir einen Beweis für die Rechtmäßigkeit des Eigentums sehen – eine Quittung oder ein Foto oder so … Nein, überhaupt nicht. Bis morgen also … Valerie. Valerie Jennings.«
    Sie hatte kaum den Hörer aufgelegt, da läutete die Schweizer Kuhglocke, also stand sie auf und zog den Rock über die prächtigen Oberschenkel. Auf dem Weg blieb sie am Safe stehen, beugte sich hinab und drehte am Nummernrad, wobei sie in Ermanglung neuer Ideen ihre Maße eingab. Im selben Moment, da sie sich wieder erhob, schwang die schwere graue Stahltür auf. Hebe Jones fuhr herum, als der Schrei ertönte.
    Die beiden Frauen standen da und schauten auf die offene Safetür hinab.
    »Los«, forderte Hebe Jones Valerie Jennings auf. »Schau nach, was drin ist.«
    Valerie Jennings bückte sich und langte hinein. Bündel um Bündel kamen Fünfzig-Pfund-Noten zum Vorschein, die sie um den Wasserkocher herum auf den Safe legte. Dann steckte sie die Hand noch einmal hinein und holte eine Mappe mit Papieren heraus. Die beiden Frauen starrten das Geld an.
    »Wie viel ist das wohl?«, flüsterte Hebe Jones.
    »Viele tausend«, flüsterte Valerie Jennings zurück. Sie blickte auf die Mappe, die sie in der Hand hielt.
    »Und was sind das für Papiere?«, fragte Hebe Jones.
    »Sieht aus wie Pergament«, antwortete Valerie Jennings und hielt die Blätter hoch.
    Just in diesem Moment läutete die Kuhglocke wieder. Beide ignorierten sie, weil sie auf das viele Geld und das alte Dokument starrten. Das Läuten hielt aber an, und so runzelte Valerie Jennings verärgert die Stirn, reichte Hebe Jones die Mappe und ging zum Schalter.
    Als sie mit dem Triumphgefühl des Sieges um die Ecke bog, sah sie Arthur Catnip am original viktorianischen Schalter stehen. Der Fahrkartenkontrolleur schien überrascht, als er sie sah.
    »Ich wollte wissen, ob ich Sie noch einmal zum Essen einladen darf«, fragte er.
    »Das wäre nett«, antwortete sie.
    »Wie wär’s mit morgen, zwölf Uhr?«
    »Wunderbar«, sagte sie und verschwand wieder hinter der Ecke, um sich von diesem zweiten Schock zu erholen. Und erst als sie wieder vor dem Safe stand und sich am Kopf kratzen wollte, weil irgendetwas sie juckte, merkte sie, dass sie immer noch den Wikingerhelm trug und ihr zwei blonde Wollzöpfe vom Kopf herabhingen.
    Balthazar Jones saß allein an einem Tisch in der Ecke des Rack & Ruin und hielt sein leeres Glas umklammert. Es war schon eine Weile her, dass er zum letzten Mal dort gewesen war, weil er sich die Mitleidsbekundungen der anderen Beefeater zum Verschwinden seiner Frau ersparen wollte. Schließlich hatte ihn das Ale zurückgelockt, und zu seiner Erleichterung bemerkten ihn die Nachmittagstrinker gar nicht, da sie gebannt die allererste Monopoly-Partie von Dr. Evangeline Moore verfolgten. Die hatte den Stein gewählt, den die Wirtin als Ersatz für den legendären Stiefel vorgesehen hatte: eine Drei-Penny-Münze, die ihre Mutter stets im Weihnachtspudding versteckt hatte, weniger, damit sie irgendjemandem Glück brachte, als in der Hoffnung, ihr Ehemann könne daran ersticken. Der Beefeater zerrupfte seinen Bierdeckel und bekam nichts mit von den grandiosen Wetten, die um ihn herum abgeschlossen wurden. In den kurzen Momenten, in denen er nicht seiner Ehe hinterhertrauerte, machte er sich Sorgen um die königlichen Tiere. Obwohl es ihnen leidlich gut zu gehen schien – abgesehen vom Wanderalbatros, der sich immer noch nicht eingelebt hatte –, betrachtete Balthazar Jones die Menagerie als heikel ausbalanciertes Kartenhaus, das dem leisesten Windstoß zum Opfer fallen konnte. Was er nicht ahnte, war, dass ausgerechnet ein Tower-Bewohner versuchen würde, das Ganze umzublasen. Jetzt aber war es

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