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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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können.« Sie stützte sich auf die Stuhllehne, führte die Hand zum Kopf und rieb sich die Schläfe. »Aber mit der Zeit ist mir bewusst geworden - so was dauert manchmal, nicht wahr? -, dass die Dinge, die wir als selbstverständlich hinnehmen, oft sehr wichtig sind. Du weißt schon: Familie, Blutsbande, die Vergangenheit … Das sind die Dinge, die uns zu dem machen, was wir sind, und das alles hat Pa Nell weggenommen. Er hat es nicht gewollt, aber dennoch hat er es getan.«
    »Aber für Nell muss es doch eine Erleichterung gewesen sein, als ihr es endlich erfahren habt«, entgegnete Cassandra. »Das muss es doch für sie einfacher gemacht haben.«
    Phyllis und Dot sahen einander an.
    »Du hast es ihr doch gesagt?«
    Phyllis runzelte die Stirn. »Ein paarmal war ich drauf und dran, aber dann hab ich nie die richtigen Worte gefunden, ich konnte es Nell einfach nicht antun. Sie hatte es so lange vor uns allen geheim gehalten, hatte ihr ganzes Leben um ihr Geheimnis herum aufgebaut, alles darangesetzt, es zu hüten. Es kam mir … ich weiß nicht … beinahe grausam vor, diese Mauern einzureißen. Als würde ich ihr zum zweiten Mal den Boden unter den Füßen wegziehen.« Sie schüttelte den Kopf. »Andererseits ist das vielleicht auch alles Geschwätz. Nell konnte ganz schön heftig
werden, wenn sie wollte. Wahrscheinlich hat mir letztendlich der Mut gefehlt.«
    »Das hat nichts mit Mut zu tun«, widersprach Dot bestimmt. »Wir waren uns alle einig, dass es besser so war, Phyll. Nell hat es so gewollt.«
    »Ja, du hast recht«, sagte Phyllis. »Trotzdem fragt man sich natürlich. Es war ja nicht so, dass es keine Gelegenheit gegeben hätte. Der Tag zum Beispiel, als Doug ihr den Koffer gebracht hat.«
    »Kurz bevor Pa gestorben ist«, erklärte Dot Cassandra. »Da hat er Phyllis’ Mann gebeten, Nell den Koffer zu bringen. Natürlich ohne ein Wort darüber zu verlieren, was es damit auf sich hatte, wohlgemerkt. Was Geheimnisse anging, war Pa genauso schlimm wie Nell. Er hatte den Koffer die ganzen Jahre über in einem Versteck aufbewahrt, weißt du. Mitsamt Inhalt, genauso, wie er war, als er Nell vor all den Jahren gefunden hatte. Er hatte ihn irgendwo verstaut, wo ihn höchstens die Ratten und Schaben finden würden.«
    »Komisch«, sagte Phyllis. »Als ich damals den Koffer gesehen habe, musste ich sofort an die Geschichte denken, die June mir erzählt hatte. Das konnte nur der Koffer sein, mit dem Pa Nell vor einer Ewigkeit am Kai gefunden hatte. Aber die ganzen Jahre, die er auf Pas Speicher gestanden hatte, hab ich nie einen Gedanken daran verschwendet. Ich habe ihn nie mit Nell und ihrer Herkunft in Verbindung gebracht und mich höchstens mal gefragt, was Ma und Pa mit so einem merkwürdigen Koffer wollten. Der war ganz klein, ein Kinderkoffer eben. Aus weißem Leder, mit glänzenden, silbernen Schnallen …«
    Phyllis fuhr fort, den Koffer zu beschreiben, doch Cassandra hörte gar nicht mehr zu, denn sie wusste genau, wie der Koffer aussah.
    Und vor allen Dingen wusste sie, was er enthielt.

5 Brisbane Australien, 1976
    Als ihre Mutter das Fenster herunterkurbelte und dem Mann an der Tankstelle zurief: »Volltanken, bitte!«, wusste Cassandra, wohin die Fahrt ging. Der Mann sagte etwas, und ihre Mutter lachte kokett. Er zwinkerte Cassandra zu, dann betrachtete er die langen, braunen Beine ihrer Mutter, die in den abgeschnittenen Jeansshorts besonders gut zur Geltung kamen. Cassandra, die es gewöhnt war, dass Männer ihre Mutter anstarrten, kümmerte sich nicht darum, sondern schaute aus dem Beifahrerfenster und dachte an ihre Großmutter Nell. Denn zu ihr würden sie fahren. Nur wenn sie die einstündige Fahrt über den Southeast Freeway nach Brisbane antraten, tankte ihre Mutter für mehr als fünf Dollar.
    Cassandra hatte gewaltigen Respekt vor Nell. Sie war ihr erst fünfmal begegnet (soweit sie sich erinnern konnte), aber Nell war eine Frau, die man nicht so leicht vergaß. Erstens war sie der älteste Mensch, dem Cassandra je begegnet war. Zweitens lächelte sie nicht wie andere Leute es taten, wodurch sie sehr streng und einschüchternd wirkte. Lesley sprach kaum über Nell, aber einmal, als Cassandra schon im Bett lag und ihre Mutter sich mit dem Mann stritt, mit dem sie vor Len zusammen gewesen war, hatte sie gehört, wie Lesley Nell als alte Hexe bezeichnete. Zwar hatte Cassandra damals schon nicht mehr an Märchenwesen geglaubt, aber das Bild war hängen geblieben.
    Nell war wirklich wie eine

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