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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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Blicke sich endlich begegneten und seine Lippen sich zu einem Lächeln öffneten, für sie ganz allein.
    Nun gehörte ihr der Name, doch sie hatte sich als unwürdig erwiesen, ihn zu tragen. Eine Frau, die nicht einmal die grundlegendste eheliche Pflicht erfüllen konnte, die ihrem Mann nicht das geben konnte, was er von einer guten Ehefrau erwartete: Kinder. Gesunde, glückliche Kinder, die in den Gartenanlagen herumtollen, am Strand Sandburgen bauen, sich vor ihren Kindermädchen verstecken würden.
    »Sie dürfen nicht weinen, Mrs Walker. Irgendwann wird es auch bei Ihnen klappen.«
    Jedes wohlmeinende Wort traf sie bis ins Mark. »Meinst du wirklich, Mary?«
    »Aber selbstverständlich, Ma’am.«
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    »Irgendwann muss es doch passieren, oder? Es bleibt doch keine Frau davon verschont. Jedenfalls nicht lange. Ich kenne genug
Frauen, die was darum geben würden, wenn sie wüssten, wie sie es vermeiden könnten.«
    »Undankbare Geschöpfe«, sagte Rose, die Wangen heiß und nass. »Solche Frauen haben es nicht verdient, ein Kind zu bekommen.«
    Marys Augen verdunkelten sich, aus Mitleid, wie Rose annahm. Anstatt dem pausbäckigen Dienstmädchen eine Ohrfeige zu verpassen, wandte Rose sich ab und verkroch sich unter ihrer Decke. Suhlte sich in ihrem Kummer. Umgab sich mit der dunklen, leeren Wolke ihres Verlusts.
    »Vielleicht haben Sie recht, Mrs Walker«, sagte Mary und fuhr zögernd fort: »Und jetzt essen Sie ein bisschen was zum Frühstück, Ma’am. Sie sollten wirklich dafür sorgen, dass Sie bei Kräften bleiben.«
     
     
     
    Nathaniel hätte es im Schlaf zeichnen können. Das Gesicht seiner Frau war ihm so vertraut, dass er manchmal das Gefühl hatte, es besser zu kennen als seine eigene Hand. Er zog eine Linie und verwischte sie leicht mit dem Daumen. Kniff die Augen zusammen und legte den Kopf schräg. Sie war schön, daran bestand kein Zweifel. Das dunkle Haar, die blasse Haut, der rote Mund. Und doch bereitete ihre Schönheit ihm keine Freude.
    Er schob die Porträtskizze in seine Mappe. Rose würde sich darüber freuen wie jedes Mal. Sie drängte ihn immer so sehr, noch ein Porträt von ihr zu zeichnen, dass er ihr die Bitte nie abschlagen konnte. Wenn er ihr nicht alle paar Tage ein neues Bild präsentierte, brach sie meist in Tränen aus und flehte ihn an, ihr seine Liebe zu versichern. Inzwischen zeichnete er sie fast nur noch aus dem Gedächtnis. Sie für ihn Modell sitzen zu lassen, war zu quälend. Seine Rose hatte sich in ihren Schmerz zurückgezogen. Die junge Frau, die er in New York kennengelernt hatte, war vor Kummer vergangen, und geblieben war dieser Schatten
von Rose mit vom Schlafmangel dunkel geränderten Augen, bleicher Haut und nervösen Händen. Hatte jemals ein Dichter auf adäquate Weise die erbärmliche Hässlichkeit einer geliebten Frau beschrieben, deren Gesicht von Kummer gezeichnet war?
    Nacht für Nacht gab sie sich ihm hin, und er ließ sich darauf ein. Aber Nathaniels Begierde war verflogen. Was ihn einst erregt hatte, erfüllte ihn jetzt mit Angst und, schlimmer noch, mit Schuldgefühlen. Schuldgefühle, weil er sie beim Liebesakt nicht mehr ansehen konnte. Schuldgefühle, weil er ihr nicht geben konnte, was sie sich wünschte. Schuldgefühle, weil er ihre Sehnsucht nach einem Kind nicht teilte. Nicht dass Rose ihm das glauben würde. Egal, wie oft Nathaniel ihr versicherte, dass sie ihm genug war, sie ließ sich nicht überzeugen.
    Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, war schließlich auch noch ihre Mutter in sein Atelier gekommen. Hatte auf ihre steife Art seine Porträts unter die Lupe genommen und sich dann in den Sessel neben seiner Staffelei gesetzt, um ihm einen Vortrag zu halten. Rose sei sehr zart, hatte sie gesagt, sie sei schon als Kind kränklich gewesen. Die animalischen Gelüste eines Ehemannes könnten ihr großen Schaden zufügen, und es wäre für alle das Beste, wenn er sich eine Weile zurückhalten könnte. Ein solches Gespräch mit seiner Schwiegermutter zu führen, hatte ihn dermaßen irritiert, dass er keine Worte gefunden hatte, ihr seine Situation zu erläutern.
    Er hatte nur stumm genickt und sich seitdem angewöhnt, sich in die Abgeschiedenheit des Gartens zurückzuziehen, anstatt in seinem Atelier zu arbeiten. Die Gartenlaube war jetzt sein Arbeitsplatz. Es war März und immer noch ziemlich kühl, aber Nathaniel war gern bereit, auf Annehmlichkeiten zu verzichten. Bei dem Wetter war es umso

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