Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
besser.
Eine sehr lange Zeit blickten wir uns nur an. Selbst in der Dunkelheit konnte ich erkennen, dass sie ihre Augen zusammengekniffen und die Ohren angelegt hatte. Das bedeutete, dass sie wütend war. Ich wusste, dass mein Gesicht nicht weniger grimmig sein musste. All die Zweifel, die mich bestürmt hatten, als sie das Wort Smaragd erwähnte, waren wieder da und quälten mich.
Ich würde keinen Kampf mehr mit ihr anfangen. Ich würde auf Distanz gehen. Mutter Vistha hatte gesagt, dass ich zu viele Stängel geknickt habe. Vielleicht stimmte das, und ich bedauerte es. Aber wo die Tanzmistress herkam, hatte ich nicht nur Stängel geknickt, sondern eine ganze Plantage abgefackelt.
Wer immer mich dort haben wollte, und wofür auch immer, konnte keine erfreulichen Gründe dafür haben.
Alles war zerbrochen, unwiederbringlich zerstört. Ich fürchtete das Tötungsrecht nicht, aber ich war erledigt in dieser Stadt. Selbst wenn ich mein Gesicht ein paar Jahre lang verbarg, würden die Menschen die Narben sehen und sich an Schimpf und Schande erinnern. Ich wusste, wie diese Selistani waren: Sie würden sich die Mäuler zerreißen und Schimpf und Schande generationenlang im Gedächtnis behalten.
Was die verräterische Kreatur mir gegenüber anging, so hatte sie nichts Gutes durch die Verletzung des Tötungsrechts zu erwarten. Ich hatte einem Mann von der Steinküste, der in Selbstverteidigung tötete, das Leben genommen. Mein Sonderrecht, auf das ich jetzt bauen konnte, würde kein Schutz für sie sein. All ihre verdammten Smaragde und verrückten Geschichten über gestohlene Wertsachen und die Kostbarkeit dessen, was gewaltsam über das Meer entführt worden war, würden ihr nicht helfen.
Sie werden sie töten.
»Green«, sagte die Tanzmistress leise.
Da entdeckte ich plötzlich, dass ich schluchzte. »Lass mich in Ruhe«, sagte ich in Seliu mit tränenerstickter Stimme.
»Es tut mir leid«, erwiderte sie in Petraeanisch.
Mein Herz war so aufgewühlt wie mein Magen. Ich atmete ein paar Mal tief ein, um mich zu beruhigen, dann erwiderte ich in ihrer Sprache: »Was machst du hier?«
»Ich suche dich.«
»Na, du hast mich gefunden. Es ist nicht gerade dein Glückstag.« Bitterkeit lag in meiner Stimme.
»Wohl mein Glückstag. Ich war erst eine Stunde hier und fand dich.« Sie lächelte ein wenig schief durch einen Schmerz in ihrem Hals oder Kinn. »Als hätte jemand meine Schritte gelenkt.«
Vielleicht hatte in der Tat die Liliengöttin ihre Hand im Spiel gehabt. »Freu dich nicht zu früh. Man wird dich im Sinne des Tötungsrechts anklagen.«
»Ich wurde angegriffen.«
»Du hast getötet, ohne das Recht dazu zu haben.« Ich zuckte die Achseln, was mir einen schmerzhaften Stich in meiner alten Wunde eintrug. »So sind die Gesetze hier.«
Sie durchquerte die Zelle und kniete sich vor mich hin. »Trotzdem bin ich froh, dass ich dich gefunden habe. Und wie gut du gekämpft hast. Ich bin stolz auf dich.«
»Obwohl ich dir Schläge versetzt haben?«
»Besonders, weil du mir Schläge versetzt hast.«
Ich lachte trotz meiner bitteren Tränen. Die Tanzmistress riss einen Streifen Stoff aus ihrer Toga und tauchte ihn in den Krug. Ich fragte mich, was sie wohl vorhatte, als sie sich wieder zu mir drehte und sagte: »Lass mich deine Wunden kühlen.«
Einen Moment lang wollte ich sie zurückhalten mit Worten und mit den Händen, aber dann gab ich die Abwehr auf. Weshalb sie auch immer gekommen war, sicherlich nicht, um mich in den Granatapfelhof zurückzubringen. Der Herzog war zu Staub zerfallen und der Faktor mit ihm. Mistress Tirelle lebte nicht mehr. Es gab niemanden mehr, der mich dort festhalten konnte.
Ich begann, aus meiner Verkleidung zu schlüpfen. »Warum hast du nach einem Smaragd gefragt? Ich dachte, du wolltest mich in die Gefangenschaft zurückbringen.«
»Nein, nein, nein«, sagte sie und strich mir sanft übers Gesicht. »Ich wollte vorsichtig an meine Suche herangehen. Ich wusste ja nicht, ob du noch lebst, und gar hier in Kalimpura. Ich hatte eben das Schiff verlassen, das mich herbrachte.«
»Du bist sehr weit weg von zu Hause gelandet.«
»Wie du auch, Green, denn dein Zuhause ist nur noch eine Erinnerung.«
Damit hatte sie Recht. Uns verband so vieles, die Tanzmistress und mich. Der Gedanke machte mich traurig. Ich senkte den Kopf und suchte Frieden, während sie langsam meine Wunden betupfte. Ich hatte Schnitte an einem Dutzend Stellen und doppelt so viele Schrammen. Gar nicht zu reden
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