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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Pulver über kleine Äste und dürres Farngestrüpp. Als er ein Lucifer-Streichholz daran hielt, zuckten die Flammen sofort hoch.
    »Was ist das?«
    »Etwa dasselbe Zeug wie in Pistolen«, erklärte er. »Und in den Knallern auf Festen. Es taugt nicht viel, wenn es nass ist, aber trocken ist es großartig.«
    »Ich wusste nicht, dass die Leute so etwas bei sich tragen.«
    »Nicht jeder hat so etwas.« Septio grinste. »Eine Spielerei in den Tempeln, aber es wird auch für ernstere Zwecke verwendet.«
    Er kümmerte sich eine Weile um das Feuer, bis er sicher war, dass es gut brannte. Dann öffnete er die Satteltaschen. Ich sah ihm zu, bis er sich daranmachte, Wasser zu kochen.
    Stöhnend setzte ich mich auf. »Ich werde kochen.«
    »Das ist nicht nur Frauenarbeit.« Er blickte auf die kleine Pfanne in seiner Hand.
    »Dummkopf, ich kann das wirklich gut. Du kümmerst dich um die schrecklichen Tiere, ich mache das Abendessen. So trägt jeder von uns seinen Teil bei, ja?«
    Er nickte.
    Septio ist nicht so übel, dachte ich etwas später, während ich Flussuferschalotten in den Eintopf schnitt, der langsam vor sich hin köchelte. Er kümmert sich um alles.
    »Beantworte mir eine Frage«, sagte ich. »Was hast du damit gemeint, dass das Opfer angenommen wird?« Das war nicht eines der Dinge, die ich zu genau wissen wollte, aber es ging mir immer wieder im Kopf herum.
    »Wenn Menschen sehr krank oder verletzt sind …« Er sprach langsam und überlegend. »Wenn sie große Schmerzen haben, und die Heiler im Tempel des Caddyce können ihnen nur Mohn geben, dann bringt die Familie manchmal ihren Vater oder Sohn in den Tempel der Algesien.«
    »Wegen der Schmerzen?«
    »Wegen der Schmerzen. Aus einem Leiden, einer Vergeudung von Körper und Seele, wird so ein Sakrament. So ist nicht alles verloren.« Er schichtete das Feuerholz um, während er sprach, und wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich sagte dir schon, dass Schmerz Teil des Lebens ist. Ein Gott wie Schwarzblut hält viele Türen für die Menschen bereit. Für die, die ihn anbeten, ebenso wie für jene, die vorgeben, dass er nicht existiert. Selbst für jene, die noch nie von ihm gehört haben.«
    »Dieser Mann oder Junge leidet also dann auf eurem Altar?«
    »Er leidet, bevor der Gott erscheint. Schwarzblut nimmt die Pein an, nimmt ihn an. Manchmal …« Er sah mich lange und fast bittend an. »Manchmal wird die Pein angenommen, aber der Mann oder Junge bleibt zurück.«
    Ich spürte eine Gänsehaut auf meinem Rücken, während die Dämmerung dem Tag um uns herum das Licht stahl. »Was wird dann aus ihm?«
    »Er führt ein dienstbares Leben im Tempel.«
    Ahhh. Wie das Knochentor auf der Hinterseite des Tempels der Liliengöttin, nur viel schwieriger zu passieren. »Wie es dir einst geschehen ist«, sagte ich leise. Mein Herz war voller Mitleid für ihn.
    »Wie es mir einst geschehen ist.«
    »Erinnerst du dich an deine Familie?«
    »Ein klein wenig. Manche erinnern sich an mehr als andere«, erklärte Septio bekümmert. »Wenn ein Fieber im Blut oder im Gehirn ist, können die Spuren des einstigen Lebens fast ausgelöscht sein. Ist es eine Krebskrankheit im Bauch, bleiben die Erinnerungen erhalten, da der Verstand nicht beeinträchtigt wird.«
    »Die meisten werden angenommen.« Ich hasste diese Vorstellung. »Wie traurig für sie.«
    »Nein, nein. Du verstehst mich nicht. Schwarzbluts Priester? Der Pater Primus, Tertio, alle von uns?« Sein Gesicht verriet eine tiefe Traurigkeit. »Wir sind die zurückgewiesenen Opfer. Wir dienen ihm im Leben, weil er es uns verwehrte, Teil von ihm zu werden. Jeder von uns sucht, seinen Weg zu seinem Gott wiederzufinden.«
    Was für eine erbärmliche Religion, dachte ich. Das Opfer hält sich selbst für unwürdig, weil seine Schmerzen nicht gut genug waren. »Was ist mit Frauen, die Schmerzen leiden? Oder Mädchen?«
    »D … das weiß ich nicht.« Septios Stimme zitterte. »Sie sterben in Pein, nehme ich an.« Jetzt hatte ich genug von diesem Gespräch. Ich hätte es früher beenden sollen.
    Unser Ziel war der Eirigenepass. Wir nahmen nicht die Gerstenstraße hinauf, die dem Sassaparillefluss durch bäuerliches Gebiet folgte, sondern einen anderen, höher gelegenen Weg, auf dem es kaum Verkehr gab. Der Boden war karg hier oben, und ich wusste durch meine Studien, dass die Bedingungen im Winter viel rauer sein würden. Die wenigen Gehöfte, die wir sahen, waren vor langer Zeit verlassen worden.
    »Ich möchte keinen Flüchtlingen in

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