Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
Hof hin offen. Verborgene, zusammengeklappte Platten konnten angebracht werden, wenn das Wetter es erforderte, aber davon abgesehen waren die zierlichen Sitze und gepolsterten Bänke den Geräuschen und dem Wind von draußen ausgesetzt. Eine Feuerstelle befand sich im hinteren Teil. An den Wänden reihten sich Gestelle mit den Werkzeugen verschiedener Künste. Schriftrollen und Bücher und gebundene Stapel von Velin- und Pergamentblättern fanden sich auf einem Regalschrank, der am westlichen Ende stand, und mitten durch diesen Schrank führte eine offene Tür. Noch immer wortlos schob mich Mistress Tirelle durch.
Das letzte Zimmer im Erdgeschoss war fensterlos wie das Esszimmer. Seine Wände bedeckte ein viel gröberes Tuch. Am Boden lagen dicke Strohmatten. Es gab keine Einrichtung außer einer Holzbank, die wirkte, als habe man sie abgestellt und vergessen. Sie schien keinen Zweck zu erfüllen, im Gegensatz zu den Dingen in den anderen Räumen.
»Hinaus, Mädchen«, knurrte Mistress Tirelle. Ich beschleunigte meinen Schritt, um ihrer Faust zu entgehen, bis sie mich zwischen meinen noch immer nackten Schultern erwischte. »Geh nicht so – es ist würdelos.«
Ich verkniff mir eine Erwiderung. Wir standen nun vor der Eingangstür im tiefen Schatten unter der säulengetragenen Überdachung, welche der Balkon über uns bildete.
Mistress Tirelle drehte mich mit schmerzhaftem Griff an der Schulter herum, dass ich sie anblickte. »Du wirst dich nie in den Zimmern aufhalten, die ich dir gezeigt habe, außer wenn du unterrichtet wirst. Hier unten darfst du nur in Begleitung einer Mistress sein. Komm nicht herunter, um zu üben oder ein verlorenes Tuch zu suchen, oder welche Ausrede dir sonst in deinen dummen Kopf kommen mag.« Sie deutete zum Eingang in den leeren Raum. »Wir gehen nun hinauf. Dort wirst du schlafen, dich waschen und essen, außer man bringt dich herunter.«
Ich starrte sie mit großen Augen stumm an.
»Du hast meine Erlaubnis, eine Frage zu stellen, Mädchen.«
»Nein, danke«, erwiderte ich. Es war keine Frage, was bedeutete, dass ich ihr nicht gehorcht hatte.
Sie schlug mich nicht dafür. Für sie gibt es also auch Grenzen. Ich vermerkte diese Entdeckung auf der geheimen Liste, die tief in mir im Entstehen begriffen war.
Im Obergeschoss waren die Räume wesentlich einfacher, aber immer noch angenehm und schöner eingerichtet, als ich es mir damals in Papas Hütte hätte vorstellen können. Weder Federos Zimmer in der Herberge noch unsere Kabine auf der Schicksalsvogel könnten sich auch nur annähernd mit der Annehmlichkeit und Schönheit messen.
Alle Räume des Obergeschosses waren nicht untereinander verbunden, wie unten, sondern öffneten sich hinaus auf den weiträumigen Balkon, auf dem einige Stühle und ein Tisch aus geflochtenem Rohr und filigranem Holz standen.
Die kleinere Küche über der großen hätte noch immer ausgereicht, um zu Hause das ganze Dorf zu versorgen. Wände und Fußboden bestanden aus Keramikplatten, deren Muster einen Löwen zeigten, der eine Schlange verzehrte, die wiederum den nächsten Löwen verschlang und so weiter.
Das Esszimmer enthielt einen einfachen großen Tisch, der ebenso glänzend poliert war wie der Tisch im Erdgeschoss. Die Holzwände hatte man mit einer blassen Farbe gestrichen.
Daneben befanden sich ein Aufenthaltsraum mit ein paar Holzstühlen und kleinen Tischen und eine kleinere Feuerstelle als im Empfangszimmer unten. Die zwei Räume dahinter waren Schlafzimmer. Der für Mistress Tirelle befand sich an der Treppe. Ich zweifelte nicht, dass sie mit den Ohren einer Fledermaus schlief.
Der hoch ummauerte Hof, die Bäder im Keller unter der großen Küche, zwei Hand voll Zimmer, und der Granatapfelbaum würden eine sehr lange Zeit meine gesamte Welt sein. Und über allem herrschte Mistress Tirelle.
Ich trug die einfachen Hängekleidchen von derselben Art, wie sie mir Federo während der Reise gegeben hatte. Es gab drei davon, und es lag in meiner Verantwortung, sie besonders sauber zu halten. Ein Staubfleck am Saum oder ein Essensfleck vorne, und es hagelte einen Fausthieb auf die Ohren oder einen Schlag auf den Kopf.
Anfangs hielten wir uns nur oben auf. Mistress Tirelle begann, meine Fähigkeiten auszuloten. Ich musste kochen oder es wenigstens versuchen. Nach dem Tod meiner Großmutter hatte immer Papa den Reisbrei für uns zubereitet. Abgesehen davon war ich zu jung, um mich um das Feuer zu kümmern.
Ich musste nähen, und sie war
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