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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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ich verursacht hatte. Ich schüttelte die Glocke und lauschte dem hölzernen Schlag.
    Dann folgte ich den Stufen, auf denen ich saß, bis ich einen Ausgang fand.
    Die Treppe endete hinter einer öffentlichen Bäderanlage. Das kam mir gerade recht. Es ist schwierig, Leute für einen Zweck zu gewinnen, wenn man aus stinkendem Abwasser kommt. Ich trat durch eine kleine Kammer. Dampf erfüllte den Raum. Diese unteren Bäder waren also in Betrieb. Ich schlich zum nächsten Becken und legte mich mitsamt meinen Kleidern hinein, bis ich beinahe völlig von dem fast siedend heißen Wasser bedeckt war.
    Mit angehaltenem Atem wusch ich meine Haare. Eine Minute später richtete ich mich auf, um nach meinem Schleier zu suchen. Ich konnte mich nicht erinnern, wo ich ihn hingelegt hatte.
    Wenigstens besaß ich noch das Messer und meine Glocke.
    »Du musst dich erst waschen, bevor du dich da hineinsetzen darfst«, sagte ein Mann vor mir. Er war nur ein Schatten durch die Dampfschleier.
    Und Besuch hatte ich auch. Meine Faust schloss sich um den Griff des Messers.
    »Das Wasser ist vollkommen verschmutzt.« Ich kannte diese Stimme. Er fuhr fort: »Ich sollte die Bademeister rufen und dich peitschen und hinauswerfen lassen.«
    Dann dämmerte die Erkenntnis.
    »Stefan Mohanda«, sagte ich. Was, in aller Götter Namen, machte er hier? »Oder sollte ich dich Pater Primus nennen?«
    »Beides ist richtig.« Er beugte sich näher und seine Gestalt wurde deutlicher, während mir das stinkende Wasser mit seinem Schaum aus Schmutz und Schleim und Blut entgegenschwappte. »Aber niemals beides gleichzeitig. Der Spähspiegel hat mir gezeigt, wo ich dich finden kann. Sag mir, was du mit meinem Lieblingspriester angestellt hat.«
    »Dein Mitratsherr hat ihn erstochen und sterben lassen.«
    »Federo? Niemals.« Der Pater Primus lachte grimmig. »Dem Gott würde ich das zutrauen. Nicht dem Menschen. Schade um Septio. Er war ein guter Junge mit dem Hintern eines Engels.«
    Er wusste alles. Meine Klingenhand lag vor mir im Wasser. Ich hatte keine Erfahrung im Kampf im Wasser, aber ich ging davon aus, dass dieser Mann auch keine besaß. Sein Alter und seine Größe machten ihn langsam.
    Lass deinen Gegner nie deine Absichten erkennen. Das war eine von Mutter Vajpais ersten Lektionen gewesen. Ich lenkte seine Aufmerksamkeit mit Worten von meinen Vorbereitungen ab. »Wenn du es gewusst hast, wozu dann die Umstände, mich mit Septio in die Berge zu schicken?«
    »Du hast darum gebeten.« Er klang erfreut. »Du hast dich selbst in das Zentrum seiner Macht begeben. Das war so viel einfacher, als dich zu entführen und gegen deinen Willen hinzuschaffen. Du musst selbst zugeben, dass du eine schwierige Gefangene gewesen wärst.«
    Ich begann aus dem Becken zu gleiten. »Dann werde ich dich jetzt verlassen …« Noch während ich redete, stieß ich mich von dem gefliesten Boden unter meinen Füßen ab und warf mich auf ihn. Das war ein Angriff, den ich gegen einen vorbereiteten Feind nicht wagen würde.
    Unglücklicherweise für mich war Mohanda darauf vorbereitet.
    Unglücklicherweise für ihn jedoch war er auch langsam.
    Er richtete sich in seinem dünnen tropfnassen Gewand auf und hielt etwas Langes, Dunkles in der Hand. Einen erschrockenen Augenblick lang dachte ich, es wäre eine Armbrust. Ich rammte gegen den Arm über der Waffe und stieß ihm mein Ausbeinmesser in die Achselhöhle. Die Wucht meines Sprunges drückte die Waffe tief hinein.
    Es war ein unüberlegter Stoß, schwach und im falschen Winkel, aber letztendlich wirksam. Mohandas Arm wurde fast von der Schulter abgetrennt. Er schrie wie ein Kind, als dunkles Blut aus der klaffenden Wunde über seinen Körper hinab ins Becken strömte. Er schlug panisch um sich, sodass es kräftig weiterfloss.
    Ich entriss ihm die Waffe. Es war eine kurze Eisenstange mit einem umgebogenen Widerhaken an der Spitze. Eine reine Verteidigungswaffe. Er hatte meinen Angriff erwartet. Das bedeutete, dass mit großer Sicherheit Verbündete in der Nähe lauerten.
    Ich drehte die Stange um, setzte den Widerhaken an seinen Bauch und schlug mit der anderen Hand darauf.
    Das Wasser wurde noch schmutziger, als ich den Haken herausriss. Ich beugte mich hinab. »Es ist ein Jammer mit dem Pater Primus. Er hat nie viel getaugt.«
    Ich zog mein Messer aus seinem Körper und versuchte, mit den Waffen in Händen aus dem Becken zu klettern, rutschte aber aus. Mohanda packte mich am Knöchel. Seine Augäpfel hatten sich bereits nach

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