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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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geschickt.« Mit schmal werdenden Augen fuhr sie fort: »Sei gewarnt. Sie ist nicht jemand, mit dem du dich anfreunden solltest wie mit den anderen Mistresses.«
    Ich hatte alle Mühe, nicht lauthals herauszulachen. Mit wem hatte ich mich denn nach Mistress Tirelles Meinung angefreundet? Dass sie so etwas Idiotisches annahm, war unglaublich. Ich nickte nur und blickte zu Boden, um das Funkeln in meinen Augen zu verbergen.
    »Du glaubst, dass ich scherze.« Sie packte mich am Ohr, überlegte es sich jedoch anders, noch während ich mich gegen den Schmerz wappnete. »Das ist etwas anderes, Mädchen. Keine deiner kleinen Rebellionen – keine Worte in deiner Sprache, keine Diebereien, kein Garnichts. Wenn du auf Prügel scharf bist, brauchst du es mir nur zu sagen, und ich gerb dir dein Hinterteil, dass du nicht mehr sitzen kannst. Aber nimm dir bei dieser neuen Mistress nichts heraus.«
    Ich nickte, ohne aufzublicken. War diese neue Mistress eine Furcht einflößende Kriegerin? Oder eine mächtige Priesterin mit einem Bannblick in den bleichen Augen? Mistress Danaes Geschichten waren voll von solchen über alle Maßen fremdartigen Frauen, deren Kräfte den meisten Männern verborgen blieben.
    Mistress Tirelle führte mich die Treppe hinab durch das Empfangszimmer und in den Übungsraum. Ich folgte mit noch immer gesenktem Kopf, das Gesicht vor ihr verborgen, bis ich sah, dass meine Füße voller Schmutz auf den Strohmatten standen.
    »Mädchen«, sagte die Entenfrau mit überlauter Stimme, in der Furcht schwang, »das ist die Tanzmistress. Mistress … Ma’am. Das ist unser Mädchen. Die Anwärterin des Granatapfelhofes.«
    »Danke, Mistress Tirelle.« Die Stimme der Tanzmistress war tiefer und härter als jede, die ich bisher bei Frauen gehört hatte. Ich hob den Blick und sah jemanden, der zu groß war, zu schlank, bedeckt von einem feinen Pelz, und der einen Schwanz hatte. Die Spitzen von Krallen lugten aus ihren seltsam stumpfen und breiten Fingern hervor.
    Ein Ungeheuer!
    Ich wusste, dass ich gleich schreien würde. Die Tanzmistress legte beruhigend ihren Finger an den Mund. Ihre Geste war so unerwartet, dass ich meine Panik vergaß, was sie scheinbar erwartet hatte.
    Ich erkannte, dass sie kein Ungeheuer war, jedoch jemand, der sich weitaus stärker von mir unterschied als diese bleichen Madenleute von der Steinküste. Ihre Ohren standen fast oben auf ihrem Kopf. Die kleinen runden Muscheln erinnerten ein wenig an eine Maus. Die Stirn war hoch, das Gesicht spitz, der Mund so breit wie meiner oder der der anderen Frauen, anders als das reißzahnbewehrte Dreieck eines Raubtieres. Die Augen waren blassviolett. Ihre flache Nase wirkte ebenfalls eher menschlich als tierisch.
    Was mich im ersten Augenblick am meisten erschreckt hatte, war der silbergraue Pelz, der alles an ihr bedeckte, das ich sehen konnte. Menschen konnten verschieden aussehen, eine andere Hautfarbe oder Größe haben, aber noch nie hatte ich eine Person gesehen, die einen solch wunderschönen Pelz ihr Eigen genannt hätte. Auch besaßen Menschen keinen über den Boden streichenden Schwanz wie die Tanzmistress. Gleichzeitig war sie doch eindeutig eine Person, angetan mit einem Umhang aus blauer, zart geblümter Baumwolle. Das Kleidungsstück bedeckte ihren Oberkörper und die Hüften nicht anders, als andere Damen es tragen würden.
    »Ich bin eine Frau meines Volkes«, sagte sie ruhig. »Eure Gattung nennt uns Genetten. Ich lebe unter den Menschen von Copper Downs und verdiene mir meinen Lebensunterhalt. Ich lehre Mädchen und Frauen und einige wenige Männer zu tanzen und sich mit Anmut und Ausgewogenheit zu bewegen. Manchmal lernen sie, sich so schnell zu bewegen und so weit zu fallen, dass sie den Gefahren, die aus den Schatten der großen Häuser heraus drohen, entgehen können.«
    Ich starrte sie an. Niemand hatte mich je zuvor so überrascht, dass ich keine Worte mehr zu sagen wusste.
    Sie setzte sich auf die kleine Holzbank des Übungsraumes. Mistress Tirelle war verschwunden, ohne dass ich ihren Abgang wahrgenommen hatte. »Wir werden hier drinnen Spiegel brauchen, fürchte ich.« Die Tanzmistress schien es zu bedauern. »Aber jetzt erzähle mir von dir, Mädchen.«
    »Darf ich sprechen?« Ich erstickte fast an den Worten.
    »Ja«, erwiderte die Tanzmistress, »du darfst sprechen.«
    »Ich … ich bin ein Mädchen meines Volkes.« Ich holte tief Luft. Zum ersten Mal, seit man mich hierher gebracht hatte, würde ich es riskieren, die

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