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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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gewesen war, schien ausgelöscht, begraben unter dem tyrannischen Hass, der so leicht in ihr erwachte. Sie hörte schließlich auf, mich zu schlagen, und keuchte so heftig, dass es fast wie ein Schluchzen klang. »Dein kleines Backexperiment hätte dich fast zur Wirtshaushure gemacht«, knurrte Mistress Tirelle in mein Ohr. Ich konnte den Wein in ihrem Atem riechen und den Gestank der Furcht. »Nur dieser windige Idiot Federo hat für dich gesprochen und dich gerettet.«
    Ich begriff, dass Federo mit meiner Rettung auch sie gerettet hatte.
    Es gab nichts zu sagen und keine Fragen. Ich hielt mich am Geländer fest und stand mit zitternden Beinen. Schweigen war mein einziger Schild, als sie ihre Schläge fortsetzte.
    Als sie erschöpft aufhörte, beugte sie sich über mich. Ihre Hand packte meine Schulter so fest, dass die Spuren der Finger noch lange zu sehen sein würden. »Eine aus dem Haushalt des Faktors wurde sehr krank von deinen Mandeln. Ihre Lippen brannten und sie bekam keine Luft. Sie redeten von Gift, bis eine Dienerin sagte, dass die Frau schon immer von bestimmten Nüssen krank geworden sei. Federo meinte, dass du das nicht wissen konntest, und beruhigte den Faktor. Du hast großes Glück, Mädchen.«
    Nachdem Mistress Tirelle fort war, zog ich mein Kleid wieder an. Das größte, merkwürdigste Rätsel an diesen Leuten im Gefolge des Faktors war, dass sie ernsthaft zu glauben schienen, ich müsste glücklich darüber sein, von ihnen geschlagen und erniedrigt zu werden. Als hätten sie sich selbst danach gesehnt, fortgeschleppt und jeden Tag ihrer Kindheit misshandelt zu werden.
    Später am Tage, als ich das Schweigen zwischen uns nicht mehr ertrug, gab ich der Tanzmistress das schwarze Stück Stoff zurück. Sie sagte kein Wort, ließ nicht erkennen, dass sie mich verstand, aber ich wusste es. Meine Muskeln schmerzten und meine Beine zitterten, aber ich ließ mir nichts anmerken.
    Am Abend wartete ich, dass Mistress Tirelle einschlief, wobei ich phantasierte, sie in ihrem Bett zu erwürgen oder mit einem Stück Glockenseide zu ersticken, an der sie sich in ihren Todesschreien die Zähne ausbiss. Ein guter Gedanke, aber die Tanzmistress hatte Recht, als sie mir riet, abzuwarten und alle Macht zu sammeln, derer ich habhaft werden konnte.
    Schließlich stand ich auf und öffnete die Nähte meines Kissens. Die schwarzen Sachen waren unverändert, rochen nach Baumrinde und meinem alten Schweiß. Ich schüttelte sie heraus und zog sie gleich hier im Schlafraum an, ohne mich zu fragen, ob man mich dabei erwischte. Als ich auf den Balkon hinausging, hörte ich Mistress Tirelle stöhnen und wie sie sich herumwälzte.
    Ich hielt inne und stand lautlos wie der Nebel, der wieder aufgestiegen war. Ich hörte ein Knarren und dann das unmissverständliche Plätschern von Wasser im Nachttopf. Selbst mein Atem war langsam und geräuschlos.
    Sie ächzte und sank schwer in ihr Bett zurück. Mit einem letzten bedauernden Gedanken an die Bettdecke, die ich in ihr Gesicht drücken könnte, griff ich nach dem Balkongeländer und ließ mich auf das Pflaster hinabfallen. Die Treppe wäre unnötig riskant gewesen.
    Ich unterschätzte die Auswirkung der Muskelschmerzen von den Schlägen am Morgen. Der Fall misslang, und ich landete flach auf den Steinen, rang nach Atem. Einen Moment später stand die Tanzmistress über mir. Ich konnte die Umrisse ihrer kleinen runden Ohren gegen den silbrig düsteren Nachthimmel erkennen.
    Sie streckte mir ihre Hand entgegen, aber ich schob sie zur Seite. Ich war noch immer wütend auf sie, auf Mistress Tirelle, auf alle. Im Grunde am meisten auf mich selbst, aber darüber wollte ich nicht nachdenken.
    Ich kam auf die Beine und stand schwankend. Wir blickten einander in der Dunkelheit an.
    »Als Erstes«, flüsterte ich, »wirst du mir zeigen, wie du mich zu Boden geworfen hast bei unserem letzten Nachtlauf. Und dann, wenn du überzeugt bist, dass ich mich selber schützen kann, werden wir über die Mauer steigen und du wirst mich in die Welt hinausbringen.«
    »Ich nehme keine Befehle von dir an.« Ihre Stimme war ruhig und leise, aber ich konnte sehen, dass ihr Schwanz fast kerzengerade aus ihren Kleidern ragte.
    »Auch ich habe genug von Befehlen.« Die eigenen Worte überraschten mich. »Ich werde bleiben, weil ich es will. Ich werde diese Mistresses in ihrem eigenen Spiel schlagen. Ich werde sie übertreffen, sie und alle Mädchen in den anderen Höfen und eines Tages auch den Faktor selbst.

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