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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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meiner Glöckchenseide, und sie wäre in dieser Lage nicht angebracht.
    Ein magerer weißer Hund, eine räudige, mit rotem und grauem Staub bedeckte Hündin, kam aus der ersten Lehmziegelhütte, um mich in Augenschein zu nehmen. Sie knurrte einmal, aber ich blickte ihr fest in die Augen und sagte einige der einfachen Worte, die mir Mistress Balnea beigebracht hatte, in der Sprache, die allen Hunden in Fleisch und Blut vertraut ist. Mit einem winselnden Laut setzte sich die Hündin und begann sich zu kratzen, ohne jedoch den Blick von mir zu lassen.
    In der Mitte des armseligen Ortes spielten Kinder. Sie hatten krumme Beine, Hungerbäuche und schlaffe Wangen. Ihre Haut hatte die brennende Sonne viel dunkler gefärbt als meine. Ich konnte die Rippen an ihren mageren Oberkörpern zählen.
    War ich auch so gewesen? Was hatte Federo in mir gesehen?
    Ich wollte nach Papas Feldern fragen, brachte aber kein Wort über meine Lippen. Eine in ihre Glöckchenseide gehüllte Frau trat aus einer anderen Hütte und starrte mich an. Sie hatte einen breiten Mund und war nicht so dunkel wie die Kinder, aber ebenso mager.
    Alles, was sie hier haben, ist Hunger, dachte ich. Die Felder hinter dem Dorf waren geflutet. Kleine grüne Triebe ragten aus dem Wasser. Es musste eine Missernte gegeben haben. Das konnte bei zu wenig oder zu viel Wasser passieren. Reisanbau war eines der wenigen Themen in Mistress Danaes Büchern, die einen Bezug zu meinem verlorenen Zuhause hatten.
    Nicht länger verloren, sagte ich mir fest.
    Ich nickte ihr zu und setzte meinen Weg fort. Sie erwiderte das Nicken nicht, folgte mir aber mit den Blicken, bis ich ihr kleines Dorf verlassen hatte. Ich wandte mich nach rechts, zurück nach Norden. Es war eine instinktive Entscheidung, nicht mehr als eine Eingebung. Meine Seemannsstiefel wirbelten mit jedem Schritt Staub auf. Die Sonne knallte auf meinen Kopf herab, wie ich es in Erinnerung hatte. Nur, dass sie damals meine Freundin gewesen war, meine stete Begleiterin, während ich jetzt, als meine rechte Gesichtsseite immer heißer wurde, spüren konnte, dass sie mir nun zur Feindin geworden war.
    War ich wirklich ohne einen Tropfen Wasser aufgebrochen? Was war ich doch für eine Närrin.
    Ich hielt Ausschau nach Abzweigungen. Ziegelstapel waren da und dort auf dem Weg zum Fluss zu sehen. Als ein Mann aus einem heraustrat und seine Beine streckte, erkannte ich, dass es sich um Hütten handelte. War auch die von Papa so niedrig gewesen?
    Wir hatten einen Torpfosten und da waren Bananenstauden und üppige Drillingsblumensträucher in der Nähe gewesen. Doch hier standen nur armselige Hütten zwischen den Reisfeldern. Ich sah eine Baumreihe voraus. Mein Herz tat einen Sprung.
    Dort?
    Ich unterdrückte den Drang loszulaufen und folgte der Straße. Ich hatte das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Mein Ziel war nah.
    Als ich aus dem Schatten einiger kümmerlicher Palmen trat, sah ich die nächsten Reisfelder vor mir. Sie unterschieden sich kaum von den letzten. Mein Herz war schwer wie ein Stein.
    Ein Mann mit einer Hacke, nur mit einem schmutzigen Dhoti bekleidet, arbeitete im Graben an der Straße, nicht weit vom Schatten eines vertrauten Affenbrotbaumes. Ich wusste, dass ich ganz in der Nähe war.
    »Bitte, Sir«, sagte ich.
    Er hielt inne und starrte mich wortlos an, die Hacke in seiner Hand war nicht mehr als ein Stock mit einem Eisenstift.
    »Ich suche einen Hof. Der Besitzer ist von mittlerem Alter und hat einen Ochsen mit Namen Ausdauer.«
    Der Bauer zuckte die Achseln und widmete sich wieder dem Aufhacken des Lehms. Ich wusste, dass er damit einen seiner Wassergräben befestigen würde. Ich ging weiter und stellte meine Fragen noch zweimal, bevor ein Mann mit einem mit Stroh beladenen Wagen auftauchte. »Ausdauer, hmm?«, sagte er. »Nimm den fünften Feldweg rechts. Du suchst wahrscheinlich Pinarjees Hof.«
    Pinarjee! Ich hätte schreien können, stattdessen drückte ich meine Hände zusammen und verbeugte mich. »Danke, Sir.«
    »Dann mach dich auf den Weg, Junge. Dort wartet wahrscheinlich Arbeit auf dich.«
    »Natürlich, Sir.«
    Ich zählte sorgfältig und erreichte den fünften Feldweg. Ich zitterte, als ich einbog. Einige Bananenstauden standen neben zwei verfallenden Hütten. Eine Reihe von Strünken mochten die Überreste meiner einstigen Drillingsbüsche sein. Waren sie Feuerholz geworden?
    Ich ging langsam. Mit jedem Schritt fiel mir das Vorankommen schwerer. Ein einfacher Zaun umgab die Hütten. In

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