Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verborgene Stern

Der verborgene Stern

Titel: Der verborgene Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
lügen zu können ist die wichtigste Voraussetzung für diesen Job.“
    „Der Zweck heiligt also die Mittel? Willst du das damit sagen?“
    „So ungefähr.“ Langsam begann er sich über ihren missbilligenden Tonfall zu ärgern. Offenbar hatte sie eine sehr viel strengere Auffassung von Recht und Moral als er. „Wir haben’s geschafft, wir sind hier, oder etwa nicht? Und Ronald und Muffy werden auf ihrer kleinen Party noch mehr auftrumpfen können. Alle sind glücklich. Also wo liegt das Problem?“
    „Ich weiß nicht. Es gefällt mir einfach nicht.“ Das Gefühl, gelogen zu haben, war ihr unangenehm. „Eine Lüge führt zur nächsten.“
    „Und eine Menge Lügen führen manchmal zur Wahrheit.“ Er öffnete die Tasche, holte den Beutel mit dem Diamanten heraus und ließ ihn auf seine Handfläche gleiten. „Willst du die Wahrheit herausfinden, Bailey? Oder geht es dir nur um die Moral?“
    „Ich war bislang der Ansicht, dass das das Gleiche ist.“ Dennoch nahm sie ihm den Stein aus der Hand. „Also gut, wenn wir schon mal hier sind … Was soll ich tun?“
    „Vergewissere dich, dass er echt ist.“
    „Natürlich ist er echt“, erwiderte sie ungeduldig. „Ich weiß, dass er echt ist.“
    Er hob eine Augenbraue. „Beweise es.“
    Leise zischend ging sie zu einem der Mikroskope, schaltete die Dunkelfeldbeleuchtung ein und stellte mit sicheren Bewegungen das Bild scharf.
    „Wunderschön“, sagte sie nach einem Moment des Schweigens. Ein Hauch Ehrfurcht lag in ihrer Stimme. „Einfach wunderschön.“
    „Was siehst du?“
    „Das Innere des Steins. Er ist zweifellos echt. Die winzigen Einschlüsse sind charakteristisch.“
    „Lass mich mal.“ Er schob sie zur Seite und beugte sich über das Mikroskop. „Könnte alles Mögliche sein.“
    „Nein, sieh doch! Es gibt keine Luftbläschen. Und die wären da, wenn es sich um Strass oder Similistein handeln würde.“
    „Sagt mir nichts. Er ist blau, und Blau bedeutet für mich Saphir.“
    „Ach, um Himmels willen, Saphir ist Korund! Meinst du vielleicht, ich kann den Unterschied zwischen Kohlenstoff und Korund nicht erkennen?“ Sie schnappte sich den Stein und marschierte zu einem anderen Instrument. „Das ist ein Polariskop. Damit kann man testen, ob ein Edelstein eine einfache oder eine doppelte Brechung hat. Wie ich dir bereits sagte, haben Saphire eine doppelte Brechung, Diamanten eine einfache.“
    Sie fuhr mit ihrer Arbeit fort, murmelte leise vor sich hin, setzte ab und an die Brille auf und steckte sie wieder in den Ausschnitt ihrer Bluse. Jede Bewegung war präzise, professionell, routiniert.
    Cade steckte die Hände in die Hosentaschen, schaukelte geduldig hin und her und sah ihr zu.
    „Hier, das Refraktometer“, sagte sie. „Jeder Idiot kann an dem Brechungsindex sehen, worum es sich handelt. Nämlich um einen Diamanten.“ Sie drehte sich zu ihm um. „Das ist ein blauer Diamant, Brillantschliff, Gewicht 102,6 Karat.“
    „Fehlt nur noch der Laborkittel.“
    „Wie bitte?“
    „Du arbeitest mit diesem Kram, Bailey. Ich dachte zuerst, es könnte sich vielleicht um ein Hobby handeln, aber dafür bist du zu genau, zu erfahren. Und zu schnell verärgert, wenn dein Urteil angezweifelt wird. Also lautet meine Schlussfolgerung, dass du beruflich mit Edelsteinen zu tun hast. Diese Geräte sind dir so vertraut wie die Kaffeemaschine. Sie sind Teil deines Lebens.“
    Sie ließ die Hände sinken und setzte sich auf einen Hocker. „Dir ging es gar nicht darum, herauszufinden, ob es sich wirklich um einen Diamanten handelt, stimmt’s?“
    „Sagen wir so, diese Bestätigung ist ein netter Nebeneffekt. Aber vor allem wissen wir jetzt, dass du in dieser Branche arbeitest. Und dass du auf diese Weise an den Stein gekommen sein musst.“ Er nahm ihr den Diamanten aus der Hand. „Dabei ist das hier nicht gerade die Art Stein, die man bei Westlake oder sonst einem Juwelier findet. So was gibt es nur in Privatsammlungen oder in Museen. Wir haben hier in der Stadt ein wirklich gutes Museum. Es heißt Smithsonian. Vielleicht hast du schon davon gehört.“
    „Du glaubst … ich habe ihn aus dem Smithsonian geklaut?“
    „Ich denke, dass es möglich ist, dass man dort schon von ihm gehört hat.“ Er ließ den unbezahlbaren Stein nachlässig in seine Tasche gleiten. „Aber das muss bis morgen warten. Heute haben sie geschlossen. Nein, verdammt, wir müssen bis Dienstag warten!“ Er seufzte ärgerlich. „Morgen ist der Vierte Juli, und Montag hat

Weitere Kostenlose Bücher