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Der verborgene Stern

Der verborgene Stern

Titel: Der verborgene Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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uns einen Moment lang den Himmel an.“
    Er wollte, dass sie sich mit ihm in die Hängematte legte? „Ich sollte besser nicht …“
    „Oh doch, du solltest.“ Um die Diskussion zu beenden, streckte er die Hände nach ihr aus und ließ sich zusammen mit ihr in die Hängematte fallen. Als die Matte wild zu schaukeln begann, musste er laut lachen, während er um das Gleichgewicht kämpfte.
    „Entspann dich einfach. Das hier ist mein Lieblingsplatz. Die Hängematte hängt hier schon, so lange ich denken kann. Mein Onkel hat immer sein Nickerchen darin gemacht.“ Er legte einen Arm um sie und nahm ihre Hand. „Nett und gemütlich, nicht wahr? Durch die Blätter kann man ein Stück vom Himmel sehen.“
    Es war angenehm kühl und schattig. Sie spürte seinen gleichmäßigen Herzschlag, als er ihre ineinander verschlungenen Hände auf seine Brust legte.
    „Als Kind habe ich mich oft hergeschlichen, um zu träumen oder Pläne zu schmieden. Wenn man hier so liegt und gemütlich schaukelt, kommt einem alles so einfach vor.“
    „Vermutlich ist das wie in einer Wiege.“ Sie versuchte, sich zu entspannen, zutiefst erschrocken darüber, wie sehr sie ihn begehrte.
    „In einer Hängematte ist alles einfacher.“ Er spielte mit ihren Fingern, fasziniert vom Glitzern und Funkeln ihrer Ringe. Als er sie geistesabwesend auf die Stirn küsste, glaubte sie, ihr Herz müsse stehen bleiben. „Vertraust du mir, Bailey?“
    In diesem Augenblick war sie davon überzeugt, dass sie – egal, wie ihre Vergangenheit aussah – noch nie im Leben einem Menschen so sehr vertraut hatte.
    „Ja, ich vertraue dir.“
    „Wie wäre es dann mit einem Spiel?“
    Wildeste erotische Gedanken schossen ihr durch den Kopf. „Ähm … ein Spiel?“
    „Ich sage ein Wort, und du sagst mir, was dir als Erstes dazu einfällt.“
    „Ach so.“ Weil sie nicht wusste, ob sie lachen oder vor Verzweiflung weinen sollte, schloss sie die Augen. „Du glaubst, dass dadurch meine Erinnerung zurückkommt.“
    „Es kann zumindest nicht schaden. Außerdem ist so ein Spiel ein netter Zeitvertreib. Bereit?“
    Sie nickte mit geschlossenen Augen und ließ sich vom gemächlichen Schaukeln der Hängematte einlullen. „Kann losgehen.“
    „Stadt.“
    „Überfüllt.“
    „Wüste.“
    „Sonne.“
    „Arbeit.“
    „Zufriedenheit.“
    „Feuer.“
    „Blau.“
    Als sie sich bewegte und die Augen öffnete, drückte er sie fester an sich. „Nein, fang jetzt nicht an zu denken, mach einfach weiter. Fertig? Liebe.“
    „Freunde.“ Sie atmete tief aus. „Freunde“, wiederholte sie.
    „Familie.“
    „Mutter.“ Sie gab einen leisen Laut von sich.
    „Glücklich.“
    „Kindheit.“
    „Diamant.“
    „Macht.“
    „Gewitter.“
    „Mord.“ Sie hielt erschrocken die Luft an und vergrub das Gesicht an seinem Hals. „Ich kann nicht. Ich kann es mir nicht ansehen.“
    „Okay, ist schon gut. Das reicht.“ Zärtlich strich er ihr übers Haar. Seine Augen jedoch blickten düster durch das Blätterdach in den Himmel. Wer immer ihr solche Angst eingejagt hatte – er würde dafür teuer bezahlen.
    Während Cade und Bailey zwischen dem Schatten spendenden Ahorn in der Hängematte lagen, stand jemand anderes auf seiner Steinterrasse und ließ den Blick über das große Anwesen schweifen, über die sanften Hügel, die gepflegten Rosenbeete, den sprudelnden Springbrunnen.
    Er war außer sich vor Wut.
    Die Frau hatte sich mit seinem Schatz davongemacht. War wie vom Erdboden verschwunden. Und seine Kräfte hatte sie mitgenommen.
    Dabei hätte alles so einfach sein können. Die drei hatten schon so gut wie ihm gehört. Doch dann war dieser stümperhafte Narr in Panik geraten. Oder war zu gierig geworden. Wie auch immer, er hatte die Frau entkommen lassen und die Diamanten mit ihr.
    Es ist schon viel zu viel Zeit vergangen, überlegte er, während er mit seinen kleinen, perfekt manikürten Fingern auf dem Geländer trommelte. Die eine Frau war verschwunden, die andere auf der Flucht, und die dritte war offenbar nicht in der Lage, seine Fragen zu beantworten.
    Er musste die Sache in Ordnung bringen. Schnell. Sein Zeitplan war schon jetzt völlig durcheinander. Und es gab nur eine einzige Person, die er dafür verantwortlich machen konnte. Er ging zurück in sein vornehmes Büro und nahm den Telefonhörer ab.
    „Bring ihn zu mir“, war alles, was er sagte. Mit der achtlosen Arroganz eines Mannes, der wusste, dass seine Befehle befolgt wurden, legte er den Hörer wieder auf.

6.

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