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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Jungen herbei und kaufte eins von jedem, wobei sie sorgsam die Münzen abzählte.
    Der Junge tippte sich an die Mütze. »Danke, Miss!« Dann zog er auf der Suche nach weiteren hungrigen Bahnreisenden mit seinem Wagen davon.
    Charlotte biss herzhaft in das Schinkensandwich. Sollte sie doch ruhig jemand dabei beobachten, ihr Hunger war größer als jegliche Scham. Sie war so ins Essen vertieft, dass sie gar nicht auf die Kalesche achtete, die vor dem Bahnhofsgebäude hielt. Sie kaute noch auf dem Brötchen, als eine Männerstimme sie von hinten ansprach. Charlotte fuhr zusammen, drehte sich um und errötete wegen ihres vollen Mundes.
    Vor ihr stand ein Mann von etwa fünfzig Jahren, der einen schlichten braunen Anzug und eine Tweedmütze trug. Um den Hals hatte er ein rotes Tuch geknotet. Sein stoppeliges Gesicht wirkte rau, aber freundlich.
    »Miss Pauly?«
    Charlotte nickte und schaffte es endlich, den Bissen hinunterzuschlucken.
    »Ich bin Wilkins, der Kutscher, und soll Sie nach Chalk Hill bringen, Miss. Ich war gestern schon mal hier, aber da sagten sie im Bahnhof, der Zug von Dover wäre ausgefallen.«
    »Das stimmt. Ich habe dort die Nacht verbracht und gleich heute Morgen ein Telegramm geschickt. Ich hoffe, es ist angekommen.«
    Wilkins zuckte mit den Schultern. »Davon weiß ich nichts. Sir Andrew hat mich hergeschickt, weil er damit rechnete, dass Sie heute den ersten Zug nehmen würden. Ist das Ihr ganzes Gepäck?«
    Er deutete auf die beiden Koffer, worauf Charlotte nickte. Er schleppte sie zur Kutsche, verstaute sie im Gepäckabteil und half ihr beim Einsteigen. »Hier ist eine Decke, die Sie über die Beine legen können.«
    Sie musste sich anstrengen, um seinen Dialekt zu verstehen, begrüßte aber seine hilfsbereite Art. Charlotte sah sich noch einmal um, bevor sie sich in die Polster zurücklehnte.
    Die Familie Clayworth lebte nicht in Dorking selbst, sondern einem nahe gelegenen Dorf namens Westhumble.
    »Kaum mehr als eine Meile entfernt, Miss«, erklärte der Kutscher vom Bock aus. »Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen ein bisschen die Gegend.«
    »Ich bitte darum.«
    Charlotte freute sich, etwas über die Umgebung zu erfahren, und wandte sich abwechselnd nach rechts und links, während Wilkins die Kalesche zur nahe gelegenen Landstraße lenkte. Dorking schien ein hübscher, kleiner Ort zu sein, und Charlotte hoffte, ihn bald näher kennenzulernen. Wenn Chalk Hill nicht weit entfernt war, konnte sie doch mit Emily ab und zu einen Ausflug in den Ort unternehmen. Sie wusste, dass Kinder in diesem Alter gewöhnlich ans Haus gebunden waren und selten unter Menschen kamen, doch hatte sie nie viel davon gehalten. In ihren Augen schadete es nicht, frühzeitig den Umgang mit Menschen zu lernen und Erfahrungen zu sammeln, die dem jungen Mädchen in seiner späteren Entwicklung zugutekä men. Natürlich würde sie keine stundenlangen Märsche planen, immerhin war Emily früher häufig krank gewesen, doch ein klei ner Ausflug nach Dorking oder ein Waldspaziergang wären sicher zu vertreten.
    Zufrieden schaute Charlotte hinaus, während die Kut sche den Ort verließ und die Landschaft grüner und einsamer wurde.
    »Das ist die Straße nach London«, erklärte Wilkins. »Aber Sir Andrew nimmt morgens den Zug in die Hauptstadt. Das ist bequem und viel schneller. Die Kutsche wird nur noch für Fahrten in die Umgebung benötigt.« Charlotte meinte, aus seiner Stimme ein leises Bedauern herauszuhören.
    »Was ist das für ein Fluss dort drüben?«
    »Der Mole. Er mündet in die Themse.«
    »Kann man dort spazieren gehen?«
    »Gewiss«, sagte Wilkins nach einem kaum merklichen Zögern. »Die Wege am Ufer sind sehr malerisch, Miss.«
    Das wollte sich Charlotte für die Spaziergänge mit Emily Clayworth merken.
    »Schauen Sie mal nach links, Miss.«
    Dort war nichts zu sehen – außer der Einmündung eines Weges.
    »Das ist der North Downs Way, einer der ältesten Wege Englands. Früher haben ihn die Pilger als Verbindung zwischen Winchester und Canterbury benutzt. Er führt auf den Box Hill hier rechts hinauf, ein beliebtes Ausflugsziel.«
    Beinahe ehrfürchtig vernahm Charlotte die Namen der beiden alten Städte mit ihren berühmten Kathedralen. Es gab so viel zu entdecken, und sie hoffte, dass sie trotz ihrer zeitraubenden Tätigkeit – mit Urlaub war kaum zu rechnen – einmal die Gelegenheit finden würde, sie zu besuchen.
    Die Kutsche schwenkte nach links und folgte dem Wegweiser nach Westhumble. Sie

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