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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Lebenserinnerungen eines Preisboxers gelobt und ansonsten häufig darüber nachgedacht hatte, was wohl aus der Sache mit Onkel Jerrys goldener Uhr geworden sein mochte.
    Diesmal hatten sich die Mitglieder der Society nicht in Liverpool, sondern in London getroffen.
    »Wie Sie sehen, sind bereits alle versammelt.« Mit einer ausholenden Geste deutete Oliver Lodge auf Henry und Eleanor Sidgwick, Frederick Myers und Richard Hodgson, den vielleicht größten Skeptiker der Society.
    Tom begrüßte die Anwesenden und setzte sich in einen der bequemen Sessel, während Mrs. Sidgwick ihm einen belustigten Blick zuwarf.
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie sich für den Boxsport begeistern, Mr. Ashdown.«
    »Das tue ich auch nicht, weiß aber ein ehrliches Buch zu schätzen. Dieser Mann beschönigt nichts und führt uns sozusagen an der Hand durch alle dunklen Ecken und Winkel seiner Welt, ohne sich für sie zu schämen. Das finde ich bewundernswert.«
    Lodge räusperte sich, worauf sich alle Köpfe zu ihm wandten. »Sie alle wissen, was Mrs. Piper uns bei der Sitzung in meinem Hause mitgeteilt hat. Was ich Ihnen heute zu sagen habe, wird Sie hoffentlich ebenso überraschen und verblüffen wie mich selbst.« Er legte eine dramatische Pause ein. »Die goldene Uhr, die ich Mrs. Piper während ihrer Trance gegeben habe«, er zog sie mit einer fließenden Geste aus der Tasche, »stammt von meinem Onkel Robert. Er hatte einen Zwillingsbruder namens Jerry, der vor zwanzig Jahren gestorben ist.«
    Tom und Fred Myers sahen einander an.
    »Ich bat meinen Onkel, mir einen Gegenstand zu schicken, der Jerry gehört hat, worauf ich diese Uhr erhielt. Niemand außer mir wusste, dass sie sich im Haus befand und vom wem sie stammte.«
    »Das ist in der Tat erstaunlich«, warf Henry Sidgwick ein. »Haben Sie mit Ihrem Onkel Rücksprache gehalten?«
    »Selbstverständlich. An das gefährliche Schwimmen im Bach konnte er sich erinnern. Und die Schlangenhaut, auf die sein Bruder so stolz war, besitzt er noch immer.«
    Ein Raunen ging durch den Raum.
    »Die übrigen Dinge hatte er wohl vergessen; immerhin ist er ein alter Mann.« Lodge ging hin und her, wobei er die Hände auf dem Rücken verschränkt hielt. »Damit wollte ich mich aber nicht zufriedengeben. Also schrieb ich einen weiteren, jüngeren Onkel an.« Wieder eine Pause. »Und er konnte sich an alle Einzelheiten, die Mrs. Piper erwähnte, erinnern. Der Bach führte über ein gefährliches Mühlrad; das Gewehr ließ sich schwer bedienen; die Katze war auf dem Feld von Smith gestorben. Allerdings seien sie nicht sonderlich stolz auf ihre Tat gewesen, und seine Brüder hätten alles unternommen, um sie geheim zu halten.«
    Tom warf ein: »Mit anderen Worten – niemand konnte davon wissen.«
    »Jedenfalls niemand, den Mrs. Piper kennen könnte«, bestätigte Eleanor Sidgwick. »Sie kann diese Dinge unmöglich in Erfahrung gebracht haben. Oliver hat alle Vorkehrungen getroffen, um eben dies zu verhindern.«
    »Und noch immer war ich nicht zufrieden«, fuhr Lodge fort. »Ich wollte unbedingt ausschließen, dass sie auf den verschlungensten Wegen etwas herausgefunden hatte, denn immerhin durfte sie damit rechnen, dass ich nach meinen Verwandten fragen würde.«
    »Und?«, fragte Hodgson, der bis jetzt geschwiegen hatte und in Amerika bereits daran gescheitert war, der Frau eine Täuschung nachzuweisen.
    »Ich habe einen Privatdetektiv in die Heimatstadt meiner Onkel geschickt. Niemand hat sich dort nach diesen alten Geschichten erkundigt. Zudem existieren in den örtlichen Archiven und Akten keinerlei Hinweise auf die Ereignisse. Meine Dame, meine Herren, Mrs. Piper hat mich geschlagen.«
    Tom ging zu Fuß nach Hause, obwohl es ein weiter Weg war. Der Abend hatte ihn tief beeindruckt, und er wollte an der frischen Luft ungestört seinen Gedanken nachhängen. Er achtete nicht auf die Droschken und Pferde-Omnibusse, die Passanten und Zeitungsjungen, die laut rufend die Abendausgaben anpriesen.
    War dies nun ein Beweis dafür, dass es ein Leben nach dem Tod gab? Dass Geister Verbindung zu Lebenden aufnahmen und durch sie sprachen? Wie sonst hatte Mrs. Piper all diese persönlichen Geschichten in Erfahrung bringen können?
    Er schaute zum nachtdunklen Himmel hinauf, an dem die Wolken die Sterne verbargen, und spürte, wie ihn die vertraute Einsamkeit überkam. Solange er behaglich in dem warmen Zimmer gesessen hatte, umgeben von diesen eifrigen wissenschafts gläubigen und hingebungsvollen

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