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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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Ohr: »Hüte dich vor deinem Stolz, mein Liebes. Du hast einen weiten Weg vor dir.«
    Meine Miene verdüsterte sich.
    Â»Schon besser«, sagte sie lächelnd. »Schon sehr viel besser.«

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    BOWERY CONCERT HALL
    Bowery Nr. 258
    Der richtige Ort für den unternehmungslustigen Herrn.
    Abends Tanz. Spaß und Ausgelassenheit.
    Damen haben freien Eintritt.
    Â»Vergnüglicher als in diesem Etablissement
lässt sich eine Stunde kaum verbringen.«
    â€“––––––––––––––––––––––––––
    Aus: New York City für
den Gentleman , 1871
    XVI
    E in Mädchen hatte einen Monat Gnadenfrist, bevor Miss Everett erwartete, dass es sich zu einem Mann legte. »Mit einer Woche Spielraum, je nach Bereitwilligkeit«, erklärte Mae. »Falls deine Ausbildung allerdings schlecht verläuft oder Miss Everett das Interesse an dir verliert, dann geht es wieder auf die Straße.« Wenn sich ein Mädchen geschickt anstellte, durfte es die Kleider, und was es sonst bekommen hatte, behalten – vorausgesetzt, das Preisgeld, das der Gentleman für die Entjungferung zahlte, deckte diese Kosten. Taschengeld gab Miss Everett einem Mädchen nicht, keinen Penny, das änderte sich erst, nachdem das Mädchen von einem Mann besessen worden war.
    Ein Bordell zu führen, war keine gesetzmäßige Tätigkeit, doch für Miss Everett und die anderen Madames der Stadt sprachen die Besucherzahlen. In Manhattan drängten sich Geschäftsmänner aus nah und fern, mit üppigen Konten und noch üppigerem Appetit. Die Herren, die von der Tammany Hall aus die Stadt regierten, drückten vor dem Verlangen ihrer Geschlechtsgenossen ein Auge zu. Um diese Politiker und deren Bedürfnisse, namentlich um William Tweed und seinen Männerbund, wurde sich natürlich auch gekümmert. Die Leiterinnen jener Bordelle genossen nicht nur Begünstigungen aus dem Bürgermeisteramt, sondern auch Protektion durch das (und vor dem) Gesetz. Rose’ andauernde Affäre mit dem Polizeichef sprach von dieser Sitte Bände.
    Â»Sie hat mir mehr oder weniger offen gestanden, dass sie gehen und der Polizeichef sie aushalten will«, verkündete Mae, als Alice und ich wenige Tage später in unserem Zimmer beisammensaßen und sie sich vor dem Spiegel herrichtete. »Wenn Rose das Haus verlassen hat, wird ihr Zimmer dem Mädchen offenstehen, das als Nächstes an der Reihe ist.«
    Aus Maes Stimme klang das gleiche überwältigende Selbstvertrauen, das sie auch sonst ausstrahlte. Sie war fest davon überzeugt, dass sie das nächste Mädchen war. In Miss Everetts Haus gab es nur Platz für drei Vollzeit-Huren, und so arbeiteten die meisten Mädchen, die Miss Everett angelernt hatte, anschließend nicht für sie, sondern in anderen Bordellen (gleich- oder höherrangig). Sie wurden von Madames erworben, die nicht über das Geschick verfügten, das bei der ersten Vermittlung eines Mädchens geboten war.
    Â»Missouri Mills hat aber gesagt, dass Miss Everett manchmal auch zwei Mädchen in ein Zimmer lässt, wenn sie glaubt, dass es beide wert sind«, mischte sich Alice ein.
    Wir Beinahe-Huren, Mae, Alice und ich, teilten uns das obere Zimmer – den Raum, in dem mich Dr. Sadie untersucht hatte. Natürlich gab es Neckereien, Rivalität und manchmal auch böse Worte, aber während der kurzen Zeit in diesem Haus hatte ich mehr Freundschaft als Grausamkeit erlebt. Wir waren so etwas wie Schwestern – und Miss Everett gab unsere sonderbare, verschlagene Mutter.
    Mae war schon seit drei Wochen im Haus, Alice nur halb so lange. Ich war erst seit fünf Tagen dort und hatte bereits drei Garnituren Leibwäsche erhalten, mehrere Paar Strümpfe, zwei Tageskleider mit Krinolinen, ein Paar Stiefel, eine weiche Tournüre und ein Korsett. Ich hatte alles ohne weiteren Hintergedanken entgegengenommen, aber nachdem mir Mae erklärt hatte, wie es lief, legte ich eine detaillierte Liste an. Ich vermerkte jedes einzelne Stück, das mir Miss Everett in die Hand drückte, am Rand einer Ausgabe von Harper’s Bazar , die aus dem Jahr 1868 stammte und unter der Matratze gelegen hatte.

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