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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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mich verliebt«, sagte Alice und lehnte sich sehnsüchtig auf ihr Kissen. »Vielleicht wird er mich sogar bitten, seine Frau zu werden.«
    Â»Das hoffe ich sehr für dich«, sagte ich. Alice hatte ja noch ehrgeizigere Wünsche als Mae! Ich rieb mir das Öl, das mir Rose gegeben hatte, ins Haar und zählte ungeduldig die Bürstenstriche, eins , zwei , drei , vier , fünf , sechs – bis hundert . Da ich nicht wusste, ob Rose oder Miss Everett das Öl gekauft hatten, unterbrach ich meine Tätigkeit kurz und setzte es ebenfalls auf meine Liste: Eine Flasche Zirkassisches Haaröl – groß . Darunter: Eine Feder, ein Fässchen Tinte, zwei Stapel Papier und eine Fünf-Cent-Briefmarke .
    Die Briefmarke brauchte ich, weil ich einige Dinge aus der Schublade meiner Frisierkommode an Mrs. Riordan schicken wollte – eine fast volle Schachtel Pralinen, die Missouri Mills nicht geschmeckt hatten, einen Wollschal, der Rose am Hals gekratzt hatte, ein Paar Handschuhe, das Mae nicht mehr tragen mochte, weil ein Knöpfchen fehlte. Ich wollte das Paket an Mr. Bartz senden und darum bitten, dass sein Lieferjunge es zu Mrs. Riordan trug. Mr. Cowan sollte nichts von meinem Verbleib erfahren, und darum musste ich auch einen Brief an Mr. Bartz aufsetzen und ihn drängen, niemandem meine Adresse zu verraten, nicht einmal Mrs. Riordan.
    Â»Ada?«
    Â»Hmm?«
    Â»Hast du schon mal einen Mann geküsst?«
    Â»Nein. Du?«
    Â»Ja«, antwortete Alice mit einem Lächeln. »Nun ja, eigentlich einen Jungen.«
    Â»Und wie war es?«
    Â»Feucht«, sagte sie und biss sich auf die Lippe. »Und weich.« Mit roten Wangen bot sie an: »Ich könnte Cadet dazu bringen, dich zu küssen, dann weißt du es. Mae hat ihn herausgefordert, mich zu küssen.«
    Mama hatte mir verboten, mich küssen zu lassen, erst recht von einem Jungen. Einen Mann zu küssen sei ebenfalls heikel, doch dafür gäbe es, in der Regel, wenigstens eine Gegenleistung. »Natürlich kannst du, wenn du nicht aufpasst, dabei in etwas anderes hineinstolpern, und ehe du dichs versiehst – macht nichts mehr Sinn. Du weißt, was das andere ist, oder, Moth?«
    Â»Nein.«
    Â»Das ist Liebe, und Liebe willst du mit einem Mann ganz sicher nicht erleben. Wenn du einen Mann liebst, gleich, wie reich oder gut er ist, wirst du dich immer nach noch mehr sehnen, und was er dir auch geben mag, es wird dir nie genügen. Du wirst dich selbst nicht davon abhalten können, ihm zu sagen, dass du ihn liebst, ihn brauchst, ihn willst – und am Ende wird er dich dafür hassen. Darum lass das mit dem Küssen bleiben, Moth.«
    Alice hielt Cadet für einen gut aussehenden jungen Mann, und er sei, so sagte sie, auf seine schüchterne Art und Weise ein Gentleman. Er war nicht nur als helfende Hand angeheuert worden, sondern auch als Aufpasser. Bei Tag war er der Begleiter der Mädchen, bei Nacht stand er im Eingangsbereich, vor den Zimmern von Rose, Emily und Missouri, die Arme vor der breiten Brust verschränkt. Da er Miss Everetts Mädchen in der Öffentlichkeit fast immer eskortierte, hatte Alice einiges über ihn erfahren. »Seine Mutter ist in der Minute seiner Geburt gestorben«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ist das nicht unfassbar traurig?«
    Ich nickte, obwohl ich Geschichten kannte, die weit trauriger waren. Doch ich wollte Alice nicht unterbrechen, sondern hören, was sie sonst noch über Cadet wusste.

    Â»Sein armer Vater musste ihn ganz allein großziehen, mit etwas Hilfe von den Bardamen aus der Sportsmen’s Hall.« Das Etablissement an der Water Street, das von einem gewissen Kit Burns geführt wurde, war vor allem wegen seiner zweieinhalb Meter großen Rattenarena und der Boxkämpfe mit bloßen Fäusten bekannt. »Und da war Cadets Vater ganz offiziell der Blutsauger«, sagte Alice und riss die Augen auf.
    Â»Blutsauger?«
    Â»Er musste den Boxern das Blut aus den Wunden saugen, damit sie möglichst viele Runden durchhielten.«
    Â»Oh.« Bei der Vorstellung wurde mir mulmig.
    Alice lenkte das Thema wieder auf Cadet. »Du solltest dich irgendwann von ihm küssen lassen. Er ist sanft und lieb, und vermutlich ist es auch eine gute Übung für das, was uns erwartet.«
    Alice’ Worte lullten mich in den Schlaf, und bevor ich eindämmerte, sah ich noch vor mir, wie sich Cadet die Stiefel zuschnürte und

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