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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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Vorstellung, dass mir Fremde zusahen, fühlte ich mich mit meinem Äußeren sehr unwohl. Ich war (dort, wo es darauf ankam) nicht ansatzweise so entwickelt wie Mae und Alice, und mit Mamas Zigeunerblut sah ich auch längst nicht so amerikanisch aus wie sie.
    Â»Es kommt nur darauf an, dich mit dem richtigen Mann zusammenzubringen«, hatte mir Miss Everett versichert. »Genügend Herren bevorzugen nämlich die exotischere Kost.«
    Alice war schon zwei Mal im Ruheraum gewesen und mochte kaum darüber sprechen. »Man sollte doch meinen, wenn man sie nicht sehen kann, wäre es nicht so schlimm, aber es ist … entsetzlich.«
    Mae behandelte das Ganze mehr als lästige Pflicht. Nach einem Monat war ihre Ausbildung nahezu abgeschlossen – sie hatte andere Dinge im Kopf. Bald schon würde es ins Theater und danach in Rose’ Zimmer gehen.
    Â»Du solltest Miss Everett bitten, ›Beautiful Dreamer‹ zu spielen«, riet mir Alice an jenem Morgen, als sie sich ein Samtband ins Haar steckte. »Es ist das kürzeste Stück. Dadurch kann man alles ein wenig schneller machen, und man hat es hinter sich.«
    Â»Aber zu schnell darfst du auch nicht sein«, warnte Mae, »sonst stehst du eine Ewigkeit in deinen Unterhöschen da.«
    Mae musterte sich in dem langen Spiegel am Fenster und bereitete sich für ihren Auftritt vor. Sie schloss einen Knopf an ihrer Taille, den sie übersehen hatte, und war dabei beneidenswert ruhig. Ihr fällt alles leicht .
    Alice kam mit einer Dose Rouge zu mir. »Damit es aussieht, als wärst du leicht errötet«, sagte sie und tupfte mir etwas auf Wangen und Lippen.
    Â»Damit du mehr nach Hure und weniger nach Mädchen aussiehst«, fügte Mae hinzu.
    Aber ich bin ein Mädchen.
    Â»Manche Männer sind ja tatsächlich hinter Kindern her«, sagte Alice mit einem Schaudern. »Ich habe selbst gesehen, wie sie die Schülerinnen von St. Patrick’s beim Seilspringen und Fangenspielen beobachten. Sie glauben wohl, wenn sie nur lange genug zuschauen, gehört der Spaß der Mädchen ihnen.«
    Mae schüttelte den Kopf und sagte: »Emily hatte mal so einen. Er hat sie in eine Schulmädchenuniform gesteckt, damit es aussah, als würde sie tagsüber den Nonnen lauschen und dann ihre Bücher an einem Lederriemen heimwärts tragen.«
    Â»Wusstest du, dass das ein Priester war?«, fragte Alice mit gedämpfter Stimme.
    Â»Besser Emily als ein Kind«, sagte Mae.
    Â»Ja.«
    Ja.
    Auf Miss Everetts Zeichen hin betrat ich den Salon und nahm meinen Platz mitten auf der Bühne ein. Als sich die Musikbox drehte, zog Miss Everett den Vorhang, der den Paravent verhüllte, beiseite. Das war der Moment, meine Kleider auszuziehen. »Mach es einfach so wie vor dem Schlafengehen«, flüsterte sie mir zu. »Ganz natürlich. Und nicht zu schnell.«
    Ich roch den schalen Zigarrenrauch aus den Mündern der Männer. Dem vereinzelten Gehüstel und den Bewegungen in den Sesseln nach zu schließen, mussten es vier, fünf oder sechs sein, womöglich noch mehr. Ich versuchte sie auszublenden. Sie konnten mich nicht berühren, und außerdem stand Cadet vor der Tür. Doch ein wahrer Trost war mir das nicht.
    Meine Finger waren taub vor Angst, und ich zitterte, als ich anfing, mich zu entkleiden.
    Miss Everett hatte verlangt, dass ich meinen Straßenanzug trug, und so begann ich mit den Handschuhen, dem Hut, löste dann die Ösen an meinem Jäckchen und knöpfte meine Taille auf und ließ sie von den Schultern gleiten.
    Psch, kleines Herzchen, nur keine Angst , zischte ein Mann durch den Paravent. Die anderen Männer begannen ebenfalls, gedämpft, mit mir zu reden. Lass dir Zeit. Hierher. Gut so. Braves Mädchen.
    Ich schaute zu Miss Everett, doch ihre Miene war so unbewegt, als hätte sie nicht ein rüdes Wort gehört. Entweder stand sie zu nahe an der Musiktruhe, oder sie wollte es nicht hören.
    Dann wanden sich die Finger eines Mannes durch ein Loch im Gitter, an seinem Ringfinger funkelte es golden.
    Mit Tränen in den Augen wandte ich mich ab.
    Â»Die Tür, meine Liebe, bleibt geschlossen, bis du fertig bist«, flüsterte Miss Everett. »Dreh dich wieder um, und mach bloß weiter.«
    Dein Rock sollte in einem Rüschenhaufen auf den Boden sinken. Wenn du die Unterröcke erst einmal gelöst und über die Hüften geschoben hast,

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