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Der verbotene Kuss

Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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»Hier.« Er legte ihr die Jacke um die Schulter, und dann nahm er Kizzy wieder in den Arm. Ihre Stirn lehnte kurz an seinem Kinn, Haut an Haut. »Na, komm«, drängte er.
    Sie ging mit ihm zu dem kleinen Gärtchen in der Ecke, und Jack Husk breitete seine Karodecke hinter steinernen Urnen aus, an einer Stelle, wo noch die eine oder andere Steinkrautblüte vom Sommer übrig geblieben war. Sie setzten sich, und er öffnete den Picknickkorb und holte einen goldbraunen Brotlaib und einen runden Käse mit dem Stempel des Herstellers in der dicken Rinde heraus. Solche Käsesorten, die vom Produzenten wie von einem Künstler signiert wurden, kannte man bei Kizzy zu Hause nicht. Dort gab es entweder den klumpigen, salzigen Käse, den ihre Mutter selbst machte, oder diese Riesenstücke einer orange leuchtenden Masse aus dem Supermarkt.
    Kizzy zog sich das Kleid um die Knie und schaute Jack Husk zu, der purpurfarbene Leinenservietten auspackte und dazu ein echtes Silbermesser, das nur ein wenig angelaufen war. Dann stellte er eine Silberschale mit Füßchen auf die Decke, in der in Folie gewickelte Schokolade lag, und Kizzy war von dieser Eleganz begeistert. Wenn sie sich je ein Picknick auf einem Friedhof erträumt hätte, dann wäre es in ihrer Vorstellung vielleicht ein eindrucksvollerer Gottesacker gewesen, einer in Paris oder in New Orleans, wo der Zahn der Zeit an moosüberwachsenen Statuen geknabbert hatte, aber das Picknick an sich wäre nicht anders ausgefallen.
    »Wie nett«, murmelte sie und konnte ihre Freude kaum angemessen ausdrücken. Jack Husk lächelte sie an, und er war so schön, dass es beinahe schmerzte. Eine Woge des Zweifels schlug über ihr zusammen, und das nicht zum ersten Mal. Warum? ,fragte sie sich. Warum ich?
    »Törichtes Mädchen –«, hörte sie ihre Großmutter in ihr Ohr zischen. Oder bildete es sich ein.
    »Zuerst die Schokolade«, beschloss Jack Husk, und seine leicht schnarrende Stimme übertönte die leise, geisterhafte. »Das ist meine einzige Regel beim Picknick.«
    »Na, okay «, sagte Kizzy, täuschte Widerwillen vor und wickelte ein Stück aus. Die Schokolade war so dunkel, fast schwarz, und zerschmolz auf der Zunge zu uralten Aromen von Samen, Erde, Schatten und Sonnenlicht, und aus der Bitterkeit entfaltete sich nur ein Hauch Süße. Sie schmeckte … fein , so raffiniert und fremd, dass sich Kizzy fühlte wie eine Novizin in der Geheimwissenschaft der Gewürze.
    Mit dem Käse verhielt es sich ebenso, er schmeckte so anders als alles, was sie je probiert hatte, und sie konnte kaum sagen, ob es ihr gefiel oder ob es schrecklich war. Sie aßen ihn mit dem Brot, und Jack Husk fragte Kizzy, ob sie glaubte, es sei noch zu früh für Wein, den er aus dem Korb holte und in zierliche Gläser, nicht höher als kleine Pappbecher, schenkte. Der Wein war so dunkel wie die Schokolade und schmeckte ebenso nach Erde, und Kizzy nippte langsam daran, entspannte sich immer mehr, streckte sich aus, lehnte sich auf einen Ellbogen und schob die Hüfte vor wie eine Odaliske in einem alten Gemälde: ein apfelgrüner üppiger Hügel, auf den Jack Husk seinen Kopf betten konnte. Und das tat er auch und schloss die Augen, während Kizzy mit seinem widerspenstigen Haar spielte.
    Nach einer Weile setzte er sich auf und griff erneut in seinen Korb. Er holte eine Aprikose heraus, die er in der Hand behielt, und einen Pfirsich, den er Kizzy reichte. Sie nahm die Frucht. Die Haut war so weich wie der Samt von Jack Husks Jacke, und der Duft … Sie roch die Honigsüße schon durch die Haut, und sie hob ihn vor den Mund und holte tief Luft. Nektar, dachte sie verträumt. Aber sie biss nicht hinein. Sie wollte nicht, dass ihr der Saft über das Kinn rann. Deshalb roch sie nur wieder daran und schaute Jack Husk zu, der seine Aprikose aß und den Kern wegwarf. Dann lehnte er sich an eine der Steinurnen und schob Efeu und Blüten wie eine Perücke um seinen Kopf herum zurecht.
    Kizzy lachte. »Steht dir wirklich gut.«
    »Gefällt’s dir? Hier.« Er nahm einen Efeutrieb, mit dem er auch für sie eine Perücke machen wollte, und winkte sie zu sich heran. Sie setzte sich neben ihn und bewegte sich nicht, während er die Blumen um ihre Stirn drapierte und zärtlich eine Strähne ihres Haars unter dem Tuch hervorzupfte.
    Sein Gesicht war ihrem so nahe. Sie konnte den Blick nicht von seinen Lippen abwenden, sie roch die süße Aprikose in seinem Atem, sah eine Spur der Feuchtigkeit auf seinen roten Lippen. Auch er

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