Der verbotene Kuss
würden, erst recht nicht, da Sara und Gideon erst vor kurzem aus London abgereist waren. Aber sie waren gekommen, und nun wurden sie Zeugen seiner Erniedrigung.
„Nein, ich habe nur Kopfschmerzen“, log er und war nicht fähig, den Freund anzusehen. „Sie plagen mich schon seit zwei Tagen.“ Seit er den dummen Fehler begangen hatte, die sture Felicity zur Ehe zwingen zu wollen.
„Sie werden nicht besser, wenn Sie dauernd den Kopf in die abscheulich kalte Luft stecken“, warf Mrs. Box ein. „Sie sollten vom Fenster Weggehen, damit Sie sich keine Erkältung holen.“
Ian bedachte Mrs. Box mit einem zornigen Blick. „Sollte die Trauung tatsächlich stattfinden, Mrs. Box, und sollten Sie danach für mich arbeiten, dann werden wir beide ein längeres Gespräch über Ihre schlechte Angewohnheit führen müssen, Ihrem Herrn ständig Vorhaltungen zu machen. “
„Ich versuche nur, mich nützlich zu machen“, erwiderte sie und schnaubte verächtlich.
„Nützlich und ärgerlich sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Im Augenblick sind Sie dabei, mich ..."
„Ist das nicht Felicity, Ian?“ unterbrach Jordan.
Ian hatte sich bereits halb damit abgefunden, dass sie nicht mehr kommen würde. Erneut stemmte er die Hände auf den Sims und sah wieder aus dem Fenster. Ein Gig mit zwei Frauen hielt unten an. Eine von ihnen war Felicity. Er seufzte erleichtert. Dann sog er scharf die Luft ein, als er die Frau erkannte, die die Zügel hielt und deren Mantel er bezahlt hatte.
Verdammt noch mal! Jetzt saß er in der Tinte! Warum in Gottes Namen hatte Felicity Miss Greenaway zur Trauung mitgebracht?
„Wer ist die Frau, die Miss Taylor bei sich hat?“ wollte Jordan wissen.
Ian verzog das Gesicht. „Meine angebliche in der Waltham Street wohnende Mätresse.“
Jordans Schweigen bekundete nachhaltig, dass er die Bedeutung der Anwesenheit von Miss Greenaway erraten konnte. Auch Ian konnte sie erraten. Felicity konnte nur einen Grund haben, weshalb sie Miss Greenaway mitgebracht hatte. Seine eifersüchtige Braut hatte vermutlich vor, ihm seine angebliche Mätresse zu präsentieren. Allerdings erstaunte es ihn, dass Miss Greenaway mit dieser Absicht einverstanden war. Wahrscheinlich hatte sie nicht erraten, was Felicity beabsichtigte.
Eisige Luft drang ins Vestibül. Ihm war eiskalt ums Herz, als er Felicity aus dem Gig steigen sah. Sie sprach einen Moment lang mit Miss Greenaway. Zu seinem Erstaunen drehte sie sich dann um und eilte zum Kirchenportal, während Miss Greenaway abfuhr.
Was zum Teufel. . . Sogleich rannte Ian zum Portal. Bei Gott, seine zukünftige Gattin war ihm eine Erklärung schuldig, oder er würde sie sich übers Knie legen.
Mrs. Box eilte hinter ihm her. „Warten Sie, Mylord! “ sagte sie und hielt ihn am Arm fest. „Es bedeutet Unglück für den Bräutigam, wenn er seine Braut vor der Trauung sieht.“ „Es wird keine Trauung geben, wenn ich nicht unverzüglich mit Felicity reden kann.“ Er schüttelte die Hand der Haushälterin ab und machte die Tür zum Vestibül in dem Moment auf, da Felicity die oberste Treppenstufe erreichte. „Du bist spät dran!“
Sie hob den Kopf und blieb so jäh stehen, dass sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Ian streckte den Arm aus und hielt sie fest.
„Ian! Ja, ich bin zu spät dran. Das wollte ich nicht sein, aber . . . Großer Gott! Stehst du hier schon lange?“
„Eine halbe Stunde. Ja, ich habe dich mit Miss Greenaway eintreffen gesehen.“
Die ätherische Blässe von Felicitys Gesicht ließ ihre Augen noch dunkler und geheimnisvoller als das Meer wirken. „Es ist nicht so, wie du denkst.“
„Ich versichere dir, du willst gar nicht wissen, was ich denke.“ Ian zerrte sie ins Vestibül und drehte sich dann um. Jordan und Mrs. Box sahen ihn unsicher an. Beide bedachte er mit einem düsteren Blick. „Geh zum Vikar, Jordan, und richte ihm aus, dass die Trauung in Kürze stattfinden kann, und hole James her, da er Felicitys Brautführer ist. Sie, Mrs. Box, gehen zu Lady Worthing und Lady Blackmore in den Chorraum. Richten Sie ihnen aus, dass Felicity bald bei ihnen sein wird, um sich umzukleiden.“
„Es ist alles in Ordnung“, sagte Felicity. da die Haushälterin zögerte, und ihr einen ängstlichen Blick zuwarf. „Gehen Sie. Ich muss mit Lord St. Clair unter vier Augen reden.“
Der ruhige Ton, in dem sie gesprochen hatte, fachte seinen Zorn nur noch mehr an. Sobald der Freund und die Haushälterin verschwunden waren, schaute er
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