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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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sehr langen Wimpern warfen einen kleinen Schatten auf seine weich konturierten Wangen. Nicht zu vergleichen mit dem sehnigen, flackernden Gesicht von Adamsberg. Dieser Unbekannte, der versuchte nicht, zu gefallen. Dennoch trug er die Zeichen des Teufels im Haar, und man weiß ja, dass der Teufel die Züge eines Verführers annehmen kann.

39
     
    Veyrenc gewährte dem Kommissar zwei Stunden Schlaf, dann trat er in sein Zimmer, zog die Vorhänge auf, nahm zwei Stühle und stellte sie vor den Kamin, in dem Danica ein helles Feuer angezündet hatte. Es herrschte eine erstickende Hitze im Raum, die sogar einen Toten ins Schwitzen gebracht hätte, und genau das war ja auch Danicas Absicht.
    »Wie geht es deinem Pferdehuf? Wirst du Zentaur werden, oder wirst du Mensch bleiben?«
    »Mensch«, sagte er.
    »Hebt ab schon von der Erde, steigt langsam himmelan,
    Doch war er nur ein Mensch und solches nur ein Wahn,
    Er blieb ein Sterblicher, fällt in die Tiefe schon.
    Lass fahren denn dahin des Trugbilds Illusion.«
    »Du wolltest diese Gewohnheit doch ablegen.«
    »Hélas, Seigneur,
    Ich mühte lange mich, das Ziel war schon zu seh’n,
    Doch packt der alte Dämon mich, da war’s um mich
        gescheh’n.«
    »So ist das immer. Danglard hat beschlossen, mit dem Weißwein aufzuhören.«
    »Nicht möglich.«
    »Er geht zu Rotem über.«
    Schweigen trat ein. Veyrenc wusste, dieser saloppe Ton würde nicht von Dauer sein, und Adamsberg ahnte es. Es war ein schlichter Händedruck vor einem schwierigen Aufstieg.
    »Frag mich«, sagte Veyrenc. »Und wenn ich genug von deinen Fragen habe, werde ich’s dir sagen.«
    »Gut. Warum bist du aus den Bergen heruntergekommen? Um in den Dienst zurückzukehren?«
    »Stell nur eine Frage auf einmal.«
    »Um in den Dienst zurückzukehren?«
    »Nein.«
    »Warum bist du aus den Bergen heruntergekommen?«
    »Weil ich die Zeitung gelesen habe. Den Artikel über das Massaker in Garches.«
    »Die Ermittlung interessierte dich?«
    »Ja. Darum habe ich deine Arbeit verfolgt.«
    »Warum bist du dann nicht in die Brigade gekommen?«
    »Meine Absicht war eher, dich zu überwachen, als dich zu begrüßen.«
    »Du hast dein Ding immer im Verborgenen gemacht, Veyrenc. Was wolltest du überwachen?«
    »Deine Ermittlung, deine Handlungen, deine Verabredungen, den Weg, den du einschlugst.«
    »Und warum?«
    Veyrenc machte eine luftige Geste mit den Fingern, die bedeutete, er möge zur nächsten Frage übergehen.
    »Und du bist mir tatsächlich gefolgt?«
    »Ich war hier seit dem Vorabend deiner Ankunft in Belgrad mit dem jungen Mann, der so ganz und gar unter seinen Haaren verschwindet.«
    »Vladislav, der Dolmetscher. Das sind keine Haare, das ist ein Fell. Er hat es von seiner Mutter.«
    »Stimmt, das hat er erzählt. Eine Freundin von mir, die im Zug mitfuhr, hatte den Auftrag, euch abzuhören.«
    »Elegant, reich, hübscher Körper, falsche Augen. So hat Vlad sie beschrieben.«
    »Reich überhaupt nicht. Sie spielte eine Rolle.«
    »Dann sag ihr, sie muss besser arbeiten, sie ist mir schon in Paris aufgefallen. Und in Belgrad, woher wusstest du da, wo ich hinfahren würde? Im Bus war sie nicht.«
    »Ich hatte einen Kollegen von der Abteilung Dienstreisen angerufen, der mich über deine Reisen informierte. Eine Stunde nachdem du hast reservieren lassen, kannte ich dein Reiseziel, Kiseljevo.«
    »Man kann den Bullen nicht vertrauen.«
    »Das weißt du doch.«
    Adamsberg verschränkte die Arme, neigte den Kopf. Das weiße Hemd, das Danica ihm geliehen hatte, war am Kragen und an den Ärmeln bestickt, und er besah sich das kostbar verschlungene Muster der roten und gelben Fäden an seinen Handgelenken. Vielleicht waren so auch die Schuhe des Onkel Slavko verziert.
    »War es Mordent, der dir diese Informationen gegeben hat? Und der dich gebeten hat, mir zu folgen?«
    »Mordent? Wieso Mordent?«
    »Weißt du es nicht? Er sitzt zu Hause mit einer Depression.«
    »Und wo ist da der Zusammenhang?«
    »Der Zusammenhang ist seine Tochter, die in wenigen Tagen vor Gericht stehen wird. Der Zusammenhang sind bestimmte Kreise ganz oben, die kein Interesse daran haben, dass man den Mörder stellt. Die ihre Netze über die Brigade geworfen haben. Sie haben Mordent gekriegt, und jeder Mensch hat seinen Preis.«
    »Auf wie viel schätzt du mich?«
    »Sehr teuer.«
    »Danke.«
    »Während Mordent seinen Verräterjob wie ein Tölpel erledigt.«
    »Hat zweifellos nicht die nötige Begabung.«
    »Aber am Ende führt es doch

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