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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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andere in Highgate. Ein morbides Paar, dieser pathologisch veranlagte Kraftmensch Arnold Paole und sein labiler Zögling, der seines Vaters beraubte junge Mann. Sohn von nichts, Sohn von wenig, Sohn von Adamsberg. Doch Sohn oder nicht Sohn, Adamsberg verspürte keinerlei Lust, einen Finger für Zerk krumm zu machen.

45
     
    Eine Grille zirpte aufgeregt auf seinem Fußboden, es klang wie ein verzweifelter Hilfeschrei. Adamsberg erkannte das Vibrationsgeräusch seines Handys – des verwanzten –, er hob es auf und sah auf seine beiden Uhren. Zwischen 2 Uhr 45 und 4 Uhr 15 morgens. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, um den Schlaf abzustreifen, sah auf das Display, er hatte zwei Mitteilungen erhalten. Er ging von der einen zur anderen, sie waren von derselben Person im Abstand von drei Minuten abgesandt worden. Die eine lautete Por, die zweite Qos. Adamsberg rief auf der Stelle Froissy an. Froissy meckerte nie, wenn man sie mitten in der Nacht weckte. Adamsberg vermutete, dass sie die Gelegenheit nutzte, um einen Happen zu essen.
    »Zwei Mitteilungen, die ich nicht verstehe«, sagte er zu ihr, »ich glaube, sie sind unangenehm. Wie viel Zeit brauchen Sie, um den Inhaber des Handys zu identifizieren?«
    »Bei einer unbekannten Nummer? Eine Viertelstunde. Zehn Minuten, wenn ich mich beeile. Plus dreißig Minuten, um zur Brigade zu kommen, denn hier zu Hause habe ich nur zwei Mikro-Rechner. Vierzig Minuten. Sagen Sie an.«
    Adamsberg gab ihr die Nummer durch, aber gleichzeitig hatte er ein Gefühl von höchster Dringlichkeit. Vierzig Minuten waren zu lang.
    »Den kann ich Ihnen sofort geben«, sagte Froissy. »Ich habe ihn heute Nachmittag identifiziert. Armel Louvois.«
    »Scheiße.«
    »Ich hatte gerade begonnen, seine Anrufe aufzulisten – er telefoniert nicht sehr viel. Nichts seit neun Tagen, er hat das Gerät am Morgen seiner Flucht ausgeschaltet. Warum macht er es wieder an? Was fällt ihm ein, sich zu melden? Hat er eine Nachricht hinterlassen?«
    »Er hat mir zwei unverständliche SMS geschickt. Können Sie ihn mir lokalisieren?«
    »Wenn er nicht schon wieder ausgeschaltet hat, ja.«
    »Können Sie das von zu Hause aus?«
    »Schon schwieriger, aber ich kann versuchen, eine Verbindung aufzubauen.«
    »Versuchen Sie es, und machen Sie schnell.«
    Sie hatte schon aufgelegt. Froissy zu sagen, sie solle sich beeilen, war überflüssig, sie führte ihre Aufgaben ohnehin immer schnell wie eine aufgeschreckte Fliege aus.
    Er schlüpfte in seine Sachen, griff das Holster und die beiden Funktelefone. Auf der Treppe merkte er, dass er sein T-Shirt verkehrt herum übergestreift hatte, das Etikett kratzte ihn am Hals. Das würde er später richten. Froissy rief zurück, als er seine Jacke überzog.
    »Die Villa in Garches«, meldete Froissy. »Noch ein anderes Gerät sendet vom gleichen Standort. Unbekannt. Soll ich es zu identifizieren versuchen?«
    »Tun Sie das.«
    »Dazu muss ich aber ins Büro fahren. Antwort in einer Stunde.«
    Adamsberg alarmierte zwei Mannschaften, rechnete. Es würde mindestens dreißig Minuten dauern, bis die erste Truppe in der Brigade versammelt wäre. Dann die Strecke bis nach Garches. Wenn er jetzt gleich losführe, wäre er in zwanzig Minuten dort. Er zögerte, sein Verstand riet ihm, zu warten. Eine Falle. Was machte Zerk im Haus des alten Vaudel? Mit noch einem anderen Telefon? Oder mit dem Anderen? Mit Arnold Paole? Und wenn es so wäre, was suchte Zerk? Eine Falle. Und der sichere Tod. Adamsberg stieg in sein Auto, legte die Arme aufs Lenkrad. In der Gruft hatten sie ihn verfehlt, hier versuchten sie es ein zweites Mal, das war eindeutig. Das Klügste wäre, sich nicht von der Stelle zu rühren. Noch einmal las er die beiden Nachrichten. Por. Qos. Er drehte den Zündschlüssel, doch plötzlich hielt er inne. Ja, es war ganz eindeutig, so würde es logischerweise ablaufen. Die Hand noch immer am Schlüssel, versuchte er zu begreifen, warum eine andere Gewissheit ihm gleichzeitig befahl, so schnell wie möglich nach Garches zu rasen, eine vollkommen grundlose Gewissheit, die jedoch sein Denken gefangen hielt. Er schaltete die Scheinwerfer ein und fuhr los.
    Auf halbem Wege, hinter dem Tunnel von Saint-Cloud, hielt er auf dem Standstreifen. Por, Qos. Er war sich fast sicher. Er hatte dieses Por schon oft auf dem Display seines Handys gesehen. Und zwar ebendann, wenn er das Wort »Sms« eingab. Er holte sein Telefon heraus, gab die drei Buchstaben »s«, »m«, »s« ein. Er erhielt

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