Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
Sie sind wirklich nicht geschaffen, um da oben zu arbeiten. Die Bullen in Garches haben Émiles Spur nie verloren, sie hatten ihn sehr wohl im Visier, als er sich in das Krankenhaus flüchtete. Aber dann kam ein Befehl von oben, der sie anwies, ihn laufenzulassen, ihm zu folgen, seinen Anlaufpunkt zu signalisieren und dann zu verschwinden. Was sie getan haben. So gehorcht man da unten.«
    Adamsberg legte auf, ließ den Apparat auf dem Tisch kreisen. Das Schaumstoffherz hatte er Danica dagelassen.
    »Danglard, ich vertraue Ihnen die Mutter an. Schutzmacht Retancourt.«
    »Aber ihre Mutter doch nicht«, flüsterte Veyrenc.
    »Es gibt ja auch Leute, die einen Schrank essen, Veyrenc.«
    Danglard entfernte sich, um Retancourt anzurufen. Sofortiger Aufbruch in die Schweiz. Sobald sie wussten, dass sie im Begriff war loszufahren, atmeten die drei Männer auf, und Danglard bestellte einen Armagnac.
    »Ich würde ja lieber einen Rakija nach meinem Kafa trinken, wie in der Krutschema.«
    »Wie kommt es, Kommissar, dass Sie sich serbische Wörter eingeprägt haben, wo Sie nicht mal in der Lage sind, sich an den schlichten Namen Radstock zu erinnern?«
    »Es sind kisilovarische Wörter«, präzisierte Adamsberg. »Vermutlich weil es ein ungewisser Ort ist, Danglard, an dem außergewöhnliche Dinge passieren. Hvala, dobro veče, kajmak. In der Gruft habe ich an kobasice gedacht. Erwarten Sie nichts Großes, es sind nur Würstchen.«
    »Sehr scharfe«, erklärte Veyrenc.
    Und Adamsberg wunderte sich nicht, dass Veyrenc schon wieder mehr darüber wusste als er.
    »Weill scheint korrekt zu sein«, meinte Danglard.
    »Ja«, sagte Veyrenc. Aber das will nichts heißen. Weill ist immer auf der Höhe der Kunst. Der Kriminal- wie auch anderer Künste.«
    »Warum sollte er Carnot ausliefern?«
    »Um sie zu fertigzumachen. Sie begeht Fehler, sie ist gefährlich.«
    »Weill ist nicht Arnold Paole. Er ist nicht der Exgemahl.«
    »Warum nicht?«, schlug Veyrenc ohne große Überzeugung vor. »Was für eine Verbindung gibt es zwischen dem jungen Mann von vor neunundzwanzig Jahren und dem versnobten, dickbäuchigen und weißbärtigen Menschen von heute?«
    »Ich kann keinen offiziellen Beamten auf Beobachtungsposten zu Weills Wohnung entsenden«, sagte Adamsberg. »Veyrenc?«
    »Einverstanden.«
    »Lassen Sie sich von Danglard eine Waffe geben. Und bedecken Sie Ihre Haare.«

44
     
    Ein kleines Licht schimmerte im Verschlag. Lucio gab der Katzenmutter zu fressen. Adamsberg ging zu ihm und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden.
    »Du«, sagte Lucio, ohne den Kopf zu heben, »du kommst von weit her.«
    »Weiter, als du glaubst, Lucio.«
    »So weit, wie ich glaube, hombre. La muerte .«
    »Ja.«
    Adamsberg wagte nicht zu fragen, wie es dem Kätzchen Charme ginge. Er warf Blicke nach rechts, nach links, konnte sie aber nicht erkennen unter all den Katzen, die da im Schatten herumstrolchten. Ich habe das kleine Katzenvieh mit einem einzigen Stiefeltritt getötet. Sie ist überallhin gespritzt.
    »Irgendwelchen Ärger gehabt?«, fragte er beklommen.
    »Ja.«
    »Sag schon.«
    »Maria hat das Bierversteck unter den Büschen entdeckt. Wir müssen uns einen anderen Ort ausdenken.«
    Ein Kätzchen näherte sich tollpatschig, stieß an Adamsbergs Bein. Er nahm es mit der Hand hoch, sah in seine kaum erst geöffneten Augen.
    »Charme«, sagte er. »Ist sie es?«
    »Erkennst du sie nicht wieder? Immerhin hast du sie auf die Welt geholt.«
    »Ja, natürlich.«
    »Manchmal taugst du aber auch gar nichts«, meinte Lucio kopfschüttelnd.
    »Ich habe mir Sorgen um sie gemacht. Ich hatte einen Traum.«
    »Erzähl, hombre .«
    »Nein.«
    »War was Finsteres, nicht wahr?«
    »Ja.«
     
    Adamsberg verwandte die beiden folgenden Tage darauf unterzutauchen. Er ließ sich nur für wenige Augenblicke in der Brigade sehen, telefonierte, las seine E-Mails, ging wieder, blieb unerreichbar. Er nahm sich die Zeit, bei Josselin zu klingeln, um seinen Tinnitus überprüfen zu lassen. Der Arzt bohrte die Finger in seine Ohren, äußerte sich sehr zufrieden, aber diagnostizierte einen Schock, der einen Mann zerstören könne, Todesangst, nicht wahr? Doch schon fast verheilt, fügte er überrascht hinzu.
    Der Mann mit den goldenen Fingern hatte den Tinnitus in seinen Händen davongetragen, und Adamsberg genoss es einen Augenblick, die Geräusche der Straße wieder ohne das stetige Surren seiner Hochspannungsleitung zu hören. Dann rannte er weiter, immer auf den Spuren

Weitere Kostenlose Bücher