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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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denken. Aber mein Zug geht erst um 21 Uhr 12. Ich glaube nicht, dass ich mein Ticket umtauschen kann.«
    »Welcher Zug, Danglard?«
    »Nun, der Zug, Kommissar, der durch diesen verdamm ten Tunnel fährt. Glauben Sie nicht, dass es mir Spaß macht. Aber immerhin habe ich gesehen, was ich sehen wollte. Und wenn er auch nicht meinem Onkel die Füße abgeschnitten hat, so sind wir doch nicht weit davon entfernt.«
    »Danglard, wo sind Sie?«, fragte Adamsberg gedehnt und setzte sich auf den Gartentisch, der Lautsprecher war wieder ausgeschaltet.
    »Großer Gott, das habe ich Ihnen doch gesagt. In London. Und man ist hier jetzt sicher, die Schuhe sind fast alle französischer Herkunft, von guter wie auch minderwertiger Qualität. Aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Glauben Sie mir, wir kriegen den ganzen Schwindel doch noch auf den Tisch, Radstock reibt sich schon im Voraus die Hände.«
    »Was, zum Teufel, fällt Ihnen ein, nach London zurückzufahren?« Adamsberg brüllte beinahe. »Was fällt Ihnen ein, sich in die Sache mit diesen verdammten Schuhen reinzuhängen? Lassen Sie sie doch in Higegatte, soll sich Stock damit beschäftigen!«
    »Radstock. Kommissar, ich habe Ihnen gesagt, dass ich fahren werde, und Sie waren einverstanden. Es war notwendig.«
    »Quatsch, Danglard! Zu der Frau, zu Abstract sind Sie zurückgeschwommen.«
    »Mitnichten.«
    »Sagen Sie mir nicht, Sie hätten Sie nicht wiedergesehen.«
    »Ich sage nichts dergleichen. Aber das hat nichts mit den Schuhen zu tun.«
    »Das will ich hoffen, Danglard.«
    »Wenn Sie annehmen müssten, dass man Ihrem Onkel die Füße abgeschnitten hat, würden Sie sich das auch aus der Nähe ansehen.«
    Adamsberg betrachtete den Himmel, der sich bewölkte, folgte mit den Augen dem Flug einer Wildente, dann setzte er, schon etwas ruhiger, das Gespräch fort.
    »Was für ein Onkel? Ich wusste nicht, dass Sie einen Onkel haben.«
    »Ich spreche nicht von einem lebenden Onkel, ich spreche nicht von einem Menschen, der ohne seine Füße herumläuft. Mein Onkel ist vor zwanzig Jahren gestorben. Er war der zweite Ehemann meiner Tante, und ich habe ihn sehr geliebt.«
    »Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Commandant, doch niemand kann die toten Füße seines Onkels wiedererkennen.«
    »Es waren auch nicht seine Füße, die ich wiedererkannt habe, sondern seine Schuhe. Genau, wie unser Freund Clyde-Fox sagte.«
    »Clyde-Fox?«
    »Der exzentrische Lord, erinnern Sie sich?«
    »Ja«, seufzte Adamsberg.
    »Ich habe ihn übrigens gestern Abend wiedergesehen. Tief betrübt, weil sein neuer kubanischer Freund ihm abhanden gekommen ist. Wir sind ein paar Gläser zusammen trinken gegangen, ein ganz großer Spezialist für indische Geschichte. Und, wie er vollkommen richtig sagte, was kann man in Schuhe reintun? Füße. Und in der Regel die eigenen. Wenn dies also die Schuhe meines Onkels sind, gehören ihm mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Füße, die darin stecken.«
    »Etwa so, wie der Kot und das Pferd«, kommentierte Adamsberg, und er spürte, wie die Müdigkeit ihm den Rücken hochkroch.
    »Wie das Gefäß und der Inhalt. Aber ich weiß nicht, ob es sich um meinen Onkel handelt. Es kann auch ein Cousin sein, oder ein Mann aus demselben Dorf. Insgesamt sind alle dort ein wenig versippt.«
    »Na gut«, sagte Adamsberg und ließ sich vom Tisch herabgleiten. »Selbst wenn also irgendein Mensch französische Füße gesammelt haben sollte und sein Weg bedauerlicherweise den Ihres Onkels, oder seines Cousins, gekreuzt haben sollte  – was geht uns das an?«
    »Sie selbst haben gesagt, nichts hindere uns daran, uns dafür zu interessieren«, erwiderte Danglard gekränkt. »Sie waren es doch, der sich von den Füßen von Highgate nicht trennen konnte.«
    »Dort vielleicht. Hier in Garches nicht. Und der Fehler, Danglard, war Ihre Reise. Denn wenn diese Füße französische sind, wird Scotland Yard mitmischen wollen. Es hätte irgendeine andere Mannschaft treffen können, doch jetzt, und das verdanken wir Ihnen, steht unsere Brigade voll im Scheinwerferlicht. Dabei brauche ich Sie hier in dem Schlachthaus von Garches, das viel beunruhigender ist als ein Nekrophiler, der vor zwanzig Jahren mal hier, mal da ein paar Füße abgenommen hat.«
    »Nicht ›mal hier, mal da‹. Ich vermute, er hat sie sich ausgesucht.«
    »Sagt Stock das?«
    »Ich. Denn, als mein Onkel starb, war er in Serbien, und seine Füße ebenfalls.«
    »Und Sie fragen sich, warum Füße in Serbien suchen,

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