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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Maschine sich meinem Willen widersetzt. Und du wirst es auch nicht können, weil mein Bann dich festhält, bis ich …«
    Weiter kam er nicht, da plötzlich ein unerwarteter Akteur ins Geschehen eingriff. Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Nullus? , staunte ich. Er hatte sich im Kampfgetümmel an den König angeschlichen. Oder eher noch an einen anderen. Der Ohnekopf lief nämlich an Oros vorbei, bekam Giovannis Arm zu fassen und riss ihn mit kräftigem Ruck vom Weltenei weg. Der Spanier öffnete aber nicht gleich die Hand, sondern verlor zunächst das Gleichgewicht, und erst im Sturz entglitten Schlüssel und Uhr seinem Griff.
    Vom Aufschlag Giovannis nahm kaum jemand Kenntnis. Das vergleichsweise leise Knirschen beim Aufprall der Weltenuhr indes gab allen Anwesenden, einschließlich Oros, Anlass zu schlimmsten Vermutungen. Sie schlitterte auf mich zu und blieb genau zwischen meinen Füßen liegen.
    »Dafür stirbst du!«, zischte Oros den Maschinenmann an. Ohne Taqis Hand loszulassen, machte er zwei schnelle Schritte auf den Ohnekopf zu und schlug mit der Faust nach dessen Rücken.
    Nullus zersprang scheppernd in tausend Funken sprühende Teile. Seine Eingeweide – Zahnräder, Bolzen, Stellstangen und Wellen – ergossen sich in weitem Umkreis über den Boden. Ich hätte gerne an seiner statt geschrien, vermochte es aber nicht. Meine Kehle war wie zugeschnürt.
    In diesem schrecklichen Moment verspürte ich ein heftiges Vibrieren an meinem eigentlich doch tauben großen Zeh. Ein sphärischer Klang erhob sich aus dem Ei – das untrügliche Vorzeichen der nahenden Verwandlung. Hatte sich das Räderwerk im Herumwirbeln am Schlüssel in Gang gesetzt? Oder beim Aufprall …?
    Plötzlich war mein Zeh so gefühllos wie zuvor.
    Giovanni, Taqi und Poseidonios verschwanden vor meinen Augen.
    Ich meinte zu spüren, wie die Welten sich abermals umstülpten, als das stockende Uhrwerk zum Stehen kam. Und so erstarrte auch ich.
    In Mekanis.

32
    B esorgt lauschte Sophia der großen Standuhr im Flur von Nico dei Rossis Wohnung. Ihr tiefes, gemächliches Tick--tack--tick--tack hob sich deutlich von dem aufgeregten Tick-tick-tick-tick der kleineren Uhren im Raum ab. Sie stellte sich vor, wie das Pendel plötzlich stehen blieb und Oros durch die Wohnzimmertür hereinkam. Wenn der Herrscher der Zeit ihre Flucht hätte nachverfolgen können, wäre er bestimmt längst in der Mythenstraße aufgetaucht.
    Die Nacht war schon weit vorgerückt. Theo hatte mit seinem ausführlichen, dramatischen, schonungslos ehrlichen, manchmal sogar humorvollen Bericht alle gefesselt. Jetzt waren Sophia, Lotta, Nico und Laura wie erschlagen. Jeder blickte mit müden Augen vor sich hin und versuchte, die ganze Dimension der Verschwörung zu begreifen.
    »Du hast ein erstaunliches Gedächtnis.« Es war Lotta, die schließlich das Schweigen beendete.
    Theo trank ein Schluck von dem Früchtetee, den Laura gegen Mitternacht gekocht hatte. »In einer Zeit, wo vieles mündlich überliefert wird, ist das völlig normal.«
    »Hat Meister Giovanni die Weltenuhr festgehalten, als er auf der Erde lag?«, fragte Sophia.
    Ihr Freund zuckte die Achseln. »Anzunehmen. Wahrscheinlich hat Oros ihm sogar seinen Willen aufgezwungen, damit er danach greift. Ich war gelähmt und habe nicht viel sehen können.«
    »Dann hast du auch keine Ahnung, was die zwei Uhrmacher nach ihrer Rückkehr erlebt haben?«, erkundigte sich Nico.
    »Nur in Buchstücken. Später habe ich von Sophias Ururgroßvater ein paar Dinge erfahren. Der kosmische Mechanismus war, nachdem Meister Giovanni ihn hatte fallen lassen, beschädigt worden, und Erik Kollin hatte versucht, ihn wieder zu reparieren.«
    »Vielleicht können wir mehr aus dem Merkwürdigsten Buch der Welt erfahren«, schlug Lotta vor.
    Sophia angelte über die Lehne des Sofas hinweg nach ihrem Rucksack. Kurz darauf blätterte sie in Ole Kollins Vermächtnis. Während der atemlosen Jagd der vergangenen zwei Tage hatte sie keine Gelegenheit gefunden, es gründlich zu studieren. Im Querlesen war sie geübt und die kalligrafisch feine Handschrift ihres Großvaters erleichterte ihr das Überfliegen der Seiten.
    »Hier steht was!«, sagte sie aufgeregt. Ihr Zeigefinger lag auf einer Stelle, etliche Seiten hinter den Passagen, die sie schon kannte.
    »Was wartest du noch? Lass hören, was der olle Ole rausgefunden hat.«
    Sophia rieb sich die brennenden Augen und las:
    Seit dem Verschwinden von drei Menschen direkt vor seinen Augen hatte Meister

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