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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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bewegten Bildern bestand. Ein vielstimmiges Gemurmel erfüllte den Raum. Sophia musste unwillkürlich an Theos Schilderungen vom Labyrinth der Zeit denken. Hier konnte man augenscheinlich verschiedene Orte von Mekanis kontrollieren. Das einzige Einrichtungsstück war eine gepolsterte Liege in der Mitte. Sie stellte sich vor, wie der König dort lag und nach Fehlfunktionen Ausschau hielt oder sich einfach nur an seiner eigenen Schöpfung ergötzte.
    All die unterschiedlichen Durchgangszimmer zu beschreiben, die zwischen der Eingangshalle und dem runden Audienzsaal lagen, wäre sicher zu ermüdend. Festzuhalten bliebe allerdings, dass beide Räumlichkeiten in Eiform gestaltet und mit Sternenmotiven geschmückt waren. Offenbar schätzte Oros diese Stilelemente ganz besonders.
    An der umlaufenden Wand reihte sich ein Kreis von Goldfiguren bedeutender Denker, Feldherren und Könige. Als hätte Oros die Großen der Menschheit um sich versammelt, damit sie ihm Verehrung darbrachten. Er empfing die Gefangenen im Zentrum der Rotunde. Dort thronte er auf einem goldenen Sitzmöbel, das auf einem runden Stufenpodest stand und einer züngelnden Flamme glich. Feuer, erinnerte sich Sophia, war nicht nur ein Symbol der Vernichtung, sondern in vielen alten Kulturen auch eines der Schöpferkraft.
    Der König war ganz in Schwarz gekleidet. Er trug jetzt eine Maske, die von der Stirn bis zur Nasenspitze reichte und keine Sehschlitze besaß. Sein hagerer Körper war in einen weiten Umhang gehüllt, der nur aus Finsternis zu bestehen schien. Selbiges ließ sich von seinen Handschuhen sagen. Um seinen Thron herum standen schwer bewaffnete Leibwächter in Kettenhemden und Rüstungen, immer im Wechsel ein Automant und eine Gliederpuppe.
    A 148-1242 verneigte sich vor ihrem Herrn. »Ich bringe die Rebellen, Majestät. Und das hier.« Sie stieg mit gebeugtem Haupt über zwei Stufen zum Thron hinauf und übergab Oros das erbeutete Weltenei.
    Der nickte. Kein Dank, kein Lob, nur eine knappe Geste des Verstehens. Mit einer trägen Handbewegung schickte er die Gliederpuppe fort. Danach verzog sich sein schmaler Mund zu einem spöttischen Lächeln, während er sich den Gefangenen, insbesondere dem Jungen zuwandte.
    »So schnell sieht man sich wieder, kleine Ameise.« Er beugte sich vor, in seiner Rechten das Uhr-Ei präsentierend. »Scheinbar hast du eigene Pläne, was die Herrschaft über Mekanis anbelangt. Was bitte schön soll das sein?«
    »Der kosmische Mechanismus«, antwortete Theo. Sophia hatte ihn selten so ernst, so abweisend gesehen wie in diesem Moment.
    »Und was habe ich vorhin deiner kleinen Freundin aus den Fingern gerissen?«
    »Auch den kosmischen Mechanismus.«
    Oros fiel in seinem Thron zurück. »Willst du dich über mich lustig machen? Dann hast du mir also nicht nur einmal meine Weltenmaschine gestohlen, sondern gleich zweimal. Das ist ja dreist.« Er schüttelte empört den Kopf.
    »Eine der Uhren ist falsch. Sie funktioniert nicht«, erklärte Theo unbeeindruckt.
    »Und welche?«
    »Zieht sie auf, dann wisst Ihr es.«
    »Dir dürfte nicht entgangen sein, dass ich das nicht kann. Ich bin wie die Sonne, die Leben spendet und Blumen erblühen lässt. Komme ich meinen Pflänzchen allerdings zu nah, so verbrennen sie.«
    »Ich dachte, sie bleiben stehen«, entfuhr es Sophia.
    Seine augenlose Maske wandte sich ihr zu. »Das war metaphorisch gemeint, Kind. Natürlich bleiben sie stehen, diese störrischen Dinger. Ich kann nichts dagegen tun.«
    »Sicher findet Ihr jemanden, der die Uhr für Euch aufzieht«, sagte Theo ruhig.
    Oros schüttelte den Kopf, seine Lippen kräuselten sich. »Nein, kleine Ameise. Den Fehler werde ich nicht begehen, dass ich meinen kosmischen Mechanismus in die falschen Hände lege. Dieser Schritt will wohlüberlegt sein.«
    »Soll ich es für Euch tun?«
    Argwöhnisch beugte sich der König vor. »Woher der plötzliche Diensteifer? Habt ihr zwei in die Uhr etwa irgendeine Teufelei eingebaut? Etwas, das mir schaden könnte?«
    »Dazu wäre ich gar nicht in der Lage.«
    »Du hast viel dazugelernt in den vergangenen zweitausend Jahren. Ich traue dir nicht, Theophilos. Wozu die Sache überstürzen angesichts der Ewigkeit? Ich will morgen darüber entscheiden.« Er lehnte sich wieder zurück und gab seinen Gardisten einen Wink. »Sperrt sie in den Kerker. Und die beiden Uhren bringt in die Halle der Sieben Goldenen Sphären.«
    Der Kerker war ein riesiger, trostloser Kubus. An den Eisenwänden zogen sich

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