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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Theo die Rechte entgegen. »Das ist ein Automantenhorn, nicht wahr? Ich hasse diese Dinger. Her damit!«
    Er händigte ihr den Dolch aus.
    Sie steckte ihn wie eine Trophäe in ihren Waffengurt. »Sag deinen Freunden, sie sollen vernünftig sein. Dann geschieht euch nichts.« Und sich an die anderen Leibgardisten wendend, rief sie: »Nehmt sie in Gewahrsam und bringt sie zum König. Aber seid vorsichtig! Der Herr will sie möglichst unbeschadet haben.«
    Die Puppe ging mit dem Weltenei davon.
    » Möglichst unbeschadet«, knurrte Lykos. »Dass ich nicht lache.«
    »Du kannst lachen?«, sagte Arki in gespielter Verwunderung.
    »Ruhe! Sofort ruhig sein!«, dröhnte ein Automant mit Automatenstimme und deutete mit seinem Speer hinter der Gliederpuppe her, die in dieser Jagdgesellschaft offenbar einen hohen Rang bekleidete.
    »Du kennst sie auch?«, flüsterte Theo dem Goldbären auf Lykos’ Rücken zu.
    »Und ob! Sie hat mich früher immer poliert. Das ist A 148-1242, die Kammerdienerin und Leibwächterin des Königs.«
    »Jetzt ist mir klar, warum sie so schwer zu besiegen war«, sagte Thaurin. »Sie muss eine Spezialanfertigung sein.«
    »Ruhe! Sofort ruhig sein!«, wiederholte der Automant, der sie abführte.
    Thaurin drehte sich mit geballten Fäusten zu ihm um und donnerte: »Noch ein Wort und du bekommst mein Hinterteil ins Gesicht.«
    Um sie herum klapperten Waffen. Speerspitzen richteten sich neu aus.
    »Nicht!«, flehte Theo leise seinen Freund an.
    Der stummelhörnige Automant entspannte sich wieder.
    Theo bedankte sich mit einem Nicken und raunte: »Unsere Stunde kommt noch, Thaurin. Aber sie ist nicht jetzt und hier.«

36
    M it einer Eskorte von etwa fünfzig Mekanisiern wurden sie zum Palast der Sieben Sphären hinabgeführt. Allen voran lief die Leibwächterin des Königs mit dem kosmischen Mechanismus und den Abschluss bildete die Zehngliedrige Pandine Medusa. Der metallische Gebäudekomplex schien in den Himmel zu wachsen, mit jedem Schritt, den sie näher kamen. Als sie vor dem Hauptportal standen, war er so riesig wie ein Berg.
    Die Gefangenen wurden durch das Tor im großen Ei geführt. Vor ihnen öffnete sich eine Halle gigantischen Ausmaßes. Zu ihren Füßen erstreckte sich ein goldenes Rautenmuster auf blauem Grund über mindestens zweihundert Meter hinweg. Noch beeindruckender waren die Höhe und Ausgestaltung der sich nach oben zuspitzenden Kuppel. Sie glich einem Nachthimmel aus Schwarzblau und Unmengen von Sternen, bei denen es sich offenbar um Juwelen und Kugeln aus verschiedenen Edelmetallen handelte. Man fühlte sich unwillkürlich als Teil einer kosmischen Maschine, was wohl auch in der Absicht des Schöpfers lag. Sophia war froh, dass Theo ihre Hand hielt. Sie kam sich klein und schwach vor in diesem Palast.
    Wo die Zeitwäscherei ein zwar schon repräsentativer, aber im Grunde funktionell gestalteter Verwaltungsbau war, präsentierte sich die Residenz des Königs als Ensemble von Pracht und Protz. Oros mochte seinen Geschöpfen ja keine Gefühle zugestehen, er selbst dagegen schien vor Stolz, Eitelkeit und Prunksucht regelrecht zu platzen. So klar einerseits die geometrischen Grundformen des Gebäudes waren, so abwechslungsreich erwies sich ihr Inneres. Man musste bisweilen schon sehr genau hinsehen, um die Kugeln, Kuben und Kegel überhaupt zu erkennen, weil jedes Element mit dem nächsten verschmolzen war.
    Durch einen Zylinderturm, dessen silberne Innenwände an die Borke eines Baumes erinnerten, stiegen die Gefährten und ihre Bewacher mehrere Stockwerke nach oben. Dabei benutzten sie keine Treppe, die für Automantenhufe eher unvorteilhaft gewesen wäre, sondern eine sich schneckenförmig emporwindende Rampe. Ab und zu erhaschten sie durch Lichtöffnungen Ausblicke ins Trichtertal, ein recht eintöniges Panorama.
    Dem Zylinder schloss sich eine achteckige Halle an, deren Zweck Sophia nur ahnen konnte. Die Decke schimmerte wie Perlmutt, ansonsten hatte der völlig leere Raum wenig zu bieten. Vielleicht diente er Oros als Stätte der Besinnung. Um neue Untaten auszuhecken.
    Es folgte ein Kubus, dessen Wände lückenlos mit Stühlen zugestellt waren. Vielleicht ein Tanzsaal?, grübelte Sophia. Nein. Vergnügliche Festlichkeiten passten irgendwie nicht zu Oros, es sei denn, er fand Freude daran, seine mechanischen Gliederpuppen herumzappeln zu lassen wie die Figürchen einer Spieluhr.
    Dem Würfelsaal schloss sich eine Kugel an, deren Kuppeldecke aus mehreren, voneinander abgetrennten

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