Der verbotene Schlüssel
hat.«
»Was für ein Netz?«
»Komm am besten her und schau es dir selbst an. Aber wisch dir vorher die Finger ab. Servietten sind in der Tüte.«
Während Theo sich die Hände abputzte, tippte Sophia spontan die erstbeste Internetadresse ein, von der sie sich die gewünschten Informationen versprach: http://www.berlin.de. Das Ergebnis war vielversprechend. Die angezeigte Seite enthielt alle möglichen Meldungen und Veranstaltungstipps rund um die deutsche Hauptstadt. Gleich oben fand sie unter der Rubrik »Aktuell«, wonach sie gesucht hatte. Sie klickte auf das unterstrichene Wort »mehr« hinter der Einleitung und gelangte so zum ganzen Artikel.
Erhebliche Behinderungen im Berliner U-Bahn-Netz
Aus bisher ungeklärten Gründen kam es heute zu erheblichen Behinderungen auf der Linie U8. Vorausgegangen waren unkontrollierte Zugbewegungen. Mehrere U-Bahn-Züge sind ohne Stopp durch die Bahnhöfe gefahren. Andere blieben einfach stehen. Zeugen wollen einen angeblich blinden Zugführer gesehen haben, der einen Triebwagen mit drei Waggons zwischen den Bahnhöfen Alexanderplatz und Moritzplatz bewegte. Hier verließ er mit etwa zwanzig »autistischen Personen«, so die übereinstimmenden Schilderungen mehrerer Beobachter, den Zug und kurz darauf die Station. Die BVG hält die Berichte für »verständliche Überreaktionen genervter Fahrgäste« und entschuldigt sich für die Einschränkungen im Fahrplan. Ein terroristischer Hintergrund könne derzeit nicht ausgeschlossen werden, sei aber eher unwahrscheinlich. Man gehe von technischem Versagen aus. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Fahrgäste bestanden.
Theo ließ sich neben Sophia auf das Sofa sinken. Staunend betrachtete er den Monitor. Er zeigte auf die Meldung. »Das weiße Kästchen war doch die ganze Zeit im Tornister …«
»Rucksack«, murmelte sie.
»Wer hat das da reingeschrieben?«, fragte er unbeirrt.
»Ein Onlineredakteur.«
Er sah sie verständnislos an.
Sie erinnerte ihn an ihren Technik-Crashkurs, insbesondere an ihre Ausführungen über drahtlose Kommunikation. Zur Demonstration rief sie die Startseite ihrer bevorzugten Internetsuchmaschine auf, die sie auf ihren persönlichen Bedarf zugeschnitten hatte. Sie zeigte auf den Abschnitt »Schlagzeilen«.
»Hier sehe ich die Überschriften von Nachrichten aus aller Welt.«
»Was bedeutet das da?« Er tippte auf den Bildschirm und markierte, sehr zu Sophias Missfallen, eine der Meldungen mit einem fettigen Fingerabdruck. Als ihr die mögliche Dimension der Meldung hinter dem kurzen Titel aufging, vergaß sie ihren Ärger sofort. Sie klickte ihn rasch an. Die Köpfe zusammengesteckt, lasen beide den Text.
Unerklärlicher Zeitsprung der Atomuhr
Die Atomuhr der Physikalisch Technischen Bundesanstalt ( PTB ) in Braunschweig geht seit heute 13.31 Uhr etwa fünf Minuten vor. Bei einem sofort gestarteten Abgleich mit den mehr als 260 Atomuhren an über 60 weltweit verteilten Instituten wurde bisher ohne Ausnahme exakt derselbe Zeitsprung registriert. Das Phänomen bereitet den Verantwortlichen am PTB Kopfzerbrechen. Ein Mitarbeiter des Instituts räumte ein, bisher habe man nicht einmal eine Theorie, wie sich der »globale Schluckauf« aller Zeitmesser erklären ließe.
Sophia vermittelte Theo ihre laienhafte Sicht von der Zeitmessung mittels einer Fontäne aus Caesium-Atomen. Dabei wurde ihr ganz mulmig. Bisher hatte sie die Auswirkungen der Weltenuhr nur anhand eigener, völlig subjektiver Wahrnehmungen beobachten können, jetzt hingegen las sie auch von messbaren Beweisen.
Es war nicht mehr zu leugnen.
Der Herr der Zeit veränderte den Lauf der Welt.
»Das passiert nicht das erste Mal«, sagte Theo. Auch er hatte die Meldung erst einmal verdauen müssen.
Sie riss ihren Blick vom Monitor los, um ihn anzusehen. »Stimmt! Du hast vorhin was von Zeitsprüngen erwähnt, während du im Labyrinth gefangen warst. Woran ist dir das eigentlich aufgefallen?«
»Ich habe beobachtet, wie Männer die Konstruktionspläne für die kosmische Maschine fanden und studierten. Plötzlich alterten sie vor meinen Augen rasend schnell. Was ihnen wie eine Stunde vorgekommen war, mussten in Wahrheit Jahrzehnte gewesen sein. Oros dürfte in dieser Zeit irgendetwas ausgeheckt haben, das er vor den Menschen geheim halten wollte.«
Sophia nickte verstehend. Eine Haarsträhne fiel ihr vor die Augen und wurde gleich wieder weggefegt. »Das würde erklären, wieso du in dem Zeitlabyrinth eine Stunde lang aus
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