Der Verehrer
der Paßkontrolle fliegt Robert auf. Meiner Ansicht nach kommt er nicht aus dem Land hinaus, zumindest nicht aus Europa.«
»Und dann? Wenn sie ihn festnehmen? Dann sagt er nie, wo Felix ist! Leona, ich habe so furchtbare Angst! Wer weiß, wo er ihn versteckt hat! Der Mann ist doch zu allem fähig. Am Ende hat er ihn schon …«
Ihre Stimme brach, sie begann schon wieder am ganzen Körper zu zittern.
Leona umfaßte ihre Schultern und sah ihr in die Augen.
»Carolin! Nicht durchdrehen! Felix ist am Leben, und es geht ihm gut. Davon bin ich überzeugt. Ich kenne Robert. So verrückt das klingt, aber er folgt seinem ganz persönlichen Ehrenkodex in allem, was er tut, und er geht ganz sicher nicht hin und tötet ein unschuldiges Kind. Hörst du? Ganz sicher nicht! «
»Woher willst du wissen…«
»Ich weiß es. Und Felix ist jetzt nicht mit einer Mutter geholfen, die die Nerven verliert. Du mußt einen klaren Kopf behalten. Verstehst du das?«
Carolin hörte auf zu zittern.
»Ja.«
Leona schaute sich noch einmal um. Robert war noch nicht wiederaufgetaucht.
»Ich habe hin und her überlegt, ob wir die Polizei verständigen sollen. Ich fürchte nur, Robert klappt dann zu wie eine Auster. Ich weiß nicht, von wo aus er fliegen will, aber in jedem Fall werde ich eine ganze Weile mit ihm im Auto sitzen. Vielleicht kriege ich ihn dazu, daß er redet. Es ist jedenfalls eine Chance. Wenn du bis heute abend nichts gehört hast, sagst du Wolfgang Bescheid. Er soll dann entscheiden, was zu tun ist.«
»Ich kann dich doch nicht zu einem Killer ins Auto steigen lassen!« sagte Carolin verzweifelt.
Sie machte sich von Leona los, kauerte sich wieder auf das Sofa.
»Ich bin an allem schuld! Mami hat noch gesagt, ich soll das Kind daheim lassen, ich soll es nicht in Gefahr bringen, und ich … ich fand sie wieder nur lästig mit ihren Ermahnungen und sagte ihr, sie sei überängstlich …«
Leona vibrierte vor Ungeduld. Es war keine Zeit für Selbstanklagen und Vorwürfe.
»Das können wir alles später klären«, sagte sie, »du kannst dich zerfleischen, solange du willst, aber im Augenblick bringt das nichts. Also, du weißt, heute abend wirst du …«
Sie sprach den Satz nicht zu Ende. Robert trat ins Zimmer. Die Nervosität, die während der letzten Stunden immer wieder spürbar geworden war, schien ihn verlassen zu
haben. Er wirkte optimistisch und fröhlich. Alles lief nach seinen Wünschen. Leona stand mit einem gepackten Koffer bereit, ihm in ein neues, gemeinsames Leben zu folgen.
»Alles in Ordnung. Ich habe nur die Scheibenwaschanlage aufgefüllt.«
Er hörte sich an wie ein solider Familienvater, der den Wagen vor dem Aufbruch in die Ferien gewartet hatte.
»Wir können starten, Leona.«
»Zu welchem Flughafen möchtest du?« fragte Leona betont gleichmütig.
Er warf ihr einen scharfen Blick zu.
»Das können wir dann im Auto besprechen.«
Er nahm ihren Koffer. »Auf Wiedersehen, Carolin. Oder ist wiedersehen das falsche Wort? Wir sehen uns sicher nie wieder. Ich bin nicht allzu traurig darüber, und du bestimmt auch nicht. Ich glaube nicht, daß wir eine Chance gehabt hätten, jemals Freunde zu werden.«
»Ich glaube das auch nicht«, erwiderte Carolin mit versteinerter Miene.
»Leona wird in Zukunft nichts mehr mit ihrer Familie zu tun haben«, fuhr Robert fort. »Wie du siehst, hat sie beschlossen, von nun an mit mir in Südamerika zu leben. Ich werde der einzige Mensch für sie sein.«
Carolin sagte nichts. Leona lächelte ihr aufmunternd zu.
»Es wird alles gut werden«, sagte sie.
»Natürlich wird es das!« mischte sich Robert sofort ein. »Komm jetzt, Leona. Wir rufen dann an, Carolin. Du hältst deinen Zuckerjungen ganz bald wieder in den Armen!«
Sie traten aus dem Haus hinaus in den strahlenden Morgen. Zum ersten Mal nahm Leona den weißen Kleinwagen mit Frankfurter Kennzeichen wahr, der in der Einfahrt parkte. Sie fragte sich, wem er gehören mochte. Hatte der Eigentümer das Auto freiwillig hergegeben?
7
Wolfgang erfuhr um zehn Uhr an diesem Sonntag morgen, daß Robert Jablonski Lydia Behrenburg in ihrer Wohnung überfallen, gefesselt und hilflos liegengelassen, sich sodann mit ihrem Auto aus dem Staub gemacht hatte. Ein Kriminalbeamter, den er nicht kannte, tauchte bei ihm auf und unterrichtete ihn davon. Er hieß Schuborn, soviel bekam Wolfgang noch mit; den Rang hatte er sich schon nicht mehr gemerkt.
Er erschrak zutiefst. Er hatte im ersten Moment gehofft, der Beamte werde
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