Der Verehrer
ihm mitteilen, man habe Jablonski verhaftet. Eine Sekunde lang hatte er sogar schon gedacht: Gott sei Dank, der Alptraum ist vorbei! Endlich werden wir wieder ganz normal leben können.
Als er dann hörte, daß der Feind erneut zugeschlagen hatte, daß es der Polizei keineswegs gelungen war, ihn festzusetzen, wurde ihm schwindelig. Offenbar war das seinem Gesicht anzusehen, denn Schuborn faßte ihn rasch am Arm.
»Ist Ihnen nicht gut? Möchten Sie ein Glas Wasser?«
»Es geht schon, danke.« Der Schwindel verebbte. »Er hat jetzt ein Auto, sagen Sie?«
Schuborn nickte. »Ein wirklich brutaler Typ. Diese arme Frau hatte ihn versehentlich in ihre Wohnung gelassen. Er hat sie, verschnürt wie ein Paket, auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer liegengelassen. Sie hatte die Möglichkeit, Wasser zu trinken, aber sie ist trotzdem völlig entkräftet, hat schwerste Durchblutungsstörungen und einen Schock. Sie ist sofort ins Krankenhaus gebracht worden.«
»Wie hat man sie entdeckt?«
»Sie war gestern mit einer Besucherin aus München verabredet.
Der jungen Frau kam es merkwürdig vor, daß niemand öffnete. Sie hat keine Ruhe gegeben, bis eine Nachbarin Frau Behrenburgs Wohnung aufschloß und nach ihr sah. Frau Behrenburg wäre nicht mehr lange am Leben geblieben.«
»Wie lange hat er das Auto schon?«
»Frau Behrenburg war im Grunde nicht vernehmungsfähig. Sie konnte kaum sprechen. Wenn ich sie trotz allem richtig verstanden habe, ist Jablonski seit vergangenem Dienstag mit ihrem Wagen unterwegs.«
Wolfgang schluckte trocken. »Sie wissen, daß meine Frau …?«
»Ja. Ich bin ausführlich über den Fall unterrichtet. Es ist anzunehmen, daß Jablonski versuchen wird, Ihre Frau zu finden. Sie hält sich aber doch in einem sicheren Versteck auf, oder?«
»Ja.«
»Dann wird es Jablonski auch nichts nützen, ein Auto zu haben. Vielleicht hat er auch den Plan, sie aufzuspüren, inzwischen aufgegeben. Nach unserer Ansicht versucht er, ins Ausland zu fliehen. Aber jetzt haben wir das Auto in der Fahndung. Er hat keine Chance mehr.«
»Ich muß sofort bei meiner Frau anrufen«, rief Wolfgang.
Der Beamte hielt ihn zurück. »Was ist los? Stimmt etwas nicht?«
»Die Schwester meiner Frau ist gestern zu ihr gefahren. Sie ist jetzt noch dort. Er kann ihr gefolgt sein. Verstehen Sie? Wenn er ein Auto hat, kann er ihr gefolgt sein! «
Schuborn runzelte die Stirn. »Meines Wissens war ausgemacht, daß niemand aus dem Bekannten- oder Verwandtenkreis Ihre Frau aufsucht!«
»Meine Frau wollte heute abend … ach, egal, das erkläre ich Ihnen später. Ich muß jetzt sofort dort anrufen!«
Er stürzte ans Telefon. Auf einmal war ihm fast schlecht vor Angst. Mit bebenden Fingern wählte er die Nummer, wartete. Endlich wurde am anderen Ende der Hörer abgenommen.
»Carolin!« Ihm war nicht bewußt, daß er ihren Namen fast schrie. »Carolin, ich muß sofort mit Leona sprechen. Es ist dringend!«
Er lauschte, hielt den Hörer dabei so fest umklammert, daß die Knöchel an seinen Fingern weiß hervortraten.
»Carolin, was ist denn los? Du klingst so komisch. Was heißt: Leona kann jetzt nicht?«
Der Kriminalbeamte wurde aufmerksam, trat näher.
Wolfgang bemühte sich um Ruhe. »Okay. Entschuldige. Ich schreie nicht mehr. Carolin, bitte erzähle mir, was los ist!«
8
Sie waren nun schon fast zwei Stunden unterwegs.
Leona hatte rasch bemerkt, daß Robert, der am Steuer des Wagens saß, nicht in Richtung Frankfurt fuhr.
»Ich denke, wir wollten nach Südamerika fliegen?« hatte sie erstaunt gefragt, und Robert hatte sie milde und etwas von oben herab angelächelt.
»Doch nicht von Frankfurt aus, Dummchen!« So hatte er sie noch nie genannt. »Da hätten uns die Bullen doch sofort. Ich denke, wir fahren nach Amsterdam.«
In den folgenden Stunden redete er immer von »wir« und »uns«. Er machte sich und Leona zu Komplizen, ließ die Tatsache, daß er Leona erpreßt hatte, mit ihm zu kommen, völlig unter den Tisch fallen. Sie hätten Bonnie und Clyde sein können oder Romeo und Julia: ein verfolgtes Paar, das
einem gemeinsamen Traum entgegenfieberte und zusehen mußte, die letzten Hindernisse, die es von der Erfüllung des Traumes trennten, siegreich zu überwinden.
»Denkst du, wir kommen über die holländische Grenze?«
Sie ging auf sein »wir« ein. Sich ihm anzupassen erschien ihr für den Moment als die beste Strategie. Vielleicht, so hoffte sie, glaubte er bald, ihr so weit vertrauen zu können, daß er ihr Felix’
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