Der vergessene Mond Band II - Das schwarze Buch (German Edition)
deinen rechtmäßigen Platz im schwarzen Turm ein.“ Die Stimme des Mannes in der Rüstung war ebenso eisig wie die Aura von Kälte, die ihn umgab. Langsam trat er einen Schritt zurück und machte Platz für Hassem, der nun direkt auf den Turm sehen konnte. „Endlich! Der Turm ist mein. Seine Macht ist mein. Schon bald werde ich herrschen.“ Ohne seine Umgebung weiter zu beachten, ging Hassem mit festen Schritten auf die drei Säulen des Turms zu, deren Eingangstore auf die Mitte zwischen ihnen gerichtet waren.
Jedes der Tore war mit fremdartig wirkenden Schriftzeichen bestückt, so wie er es in seinen Träumen gesehen hatte. Vorsichtig ging Hassem weiter zur Mitte zwischen den Eingängen und betrachtete einmal mehr die seltsame Schrift. Doch je länger er sie betrachtete, umso deutlicher wurde sie und schon nach wenigen Minuten ergab sie plötzlich einen Sinn. „Drei Schulen der Magie des schwarzen Mondes. Nur wer alle drei Schulen meistert, kann Erzmagier des schwarzen Turms werden.“ Fasziniert las Hassem die alten Schriftzeichen, als ob er die Sprache beherrschen würde, in der sie geschrieben waren. Es dauerte einige Minuten, dann verstand er, was sie ihm zu sagen hatten. Er musste nicht lange überlegen, um seine Wahl zu treffen. Ohne zu zögern rief er nach Shimo und seiner kleinen Spinne durch ihren Seelenbund, dann stellte er sich vor das nördliche Tor. „Prüfe mich, ich bin bereit.“
Der mentale Finger, der ihn traf, war wie ein Schock, obwohl er es erwartet hatte. Es war, als ob ein unsichtbarer Geist in Hassems Kopf sehen und ihn lesen würde. Umgehend stieg Übelkeit in ihm auf, während stechender Schmerz in seinem Kopf herumstocherte. Konzentriert versuchte Hassem, aufrecht stehen zu bleiben und der fremden Präsenz in seinem Kopf zu widerstehen, doch mit jeder Sekunde spürte er, wie er mehr undmehr die Kontrolle verlor. „Wehre dich nicht, Bote des Erwachens. Lass mich sehen, ob du würdig bist, mich zu erwecken.“
Die Stimme in seinem Kopf traf Hassem wie ein Hammerschlag. Dies war kein magisches Siegel, das die Stärke seiner Magie prüfte, es war ein eigenes Bewusstsein. Für einen Moment noch hielt er seinen Widerstand aufrecht, dann ergab er sich der gewaltigen Kraft, die in seinen Geist eindrang. „Der Prätor hat gut gewählt, du bist stark und ehrgeizig. Auch deine Wahl war gut, deine Seelenkraft ist beeindruckend. Geh in die Säule der Seelenkraft und beginne deine Ausbildung. Jetzt!“
So schnell und stark, wie die fremde Präsenz in seine Gedanken eingedrungen war, so schnell war sie auch wieder verschwunden. Mit einem Rest von Übelkeit und Kopfschmerz, der ihm ein flaues Gefühl gab, machte Hassem schließlich einen großen Schritt in Richtung des nördlichen Tores, dass er erwählt hatte. Dann legte er langsam seine Hände auf das schwarze Holz und strich mit seinen Fingern über die Schriftzeichen, die die Turmsäule als Säule der Seelenkraft bezeichneten. Endlose Sekunden schienen zu vergehen, in denen er gegen die Übelkeit und den Schmerz in seinem Kopf ankämpfte, bis sich das Tor schließlich unendlich langsam öffnete und den Blick in das Innere freigab.
Für einen Moment hielt Hassem noch einmal inne, dann machte er seinen ersten Schritt in den Turm. „Jetzt gibt es kein zurück mehr.“ Mit einem leisen Grollen folgte ihm Shimo und auch sein Spinnenbegleiter krabbelte nun aus seiner Tasche auf seine Schulter. Fasziniert betrachtete er den riesigen runden Raum, der mehr wie der Gastsaal einer gehobenen Taverne wirkte denn wie das Innere eines Magierturms. Zahlreiche ausdunklem Holz gearbeitete und mit weißen Fellen bespannte Sessel standen in kleinen Gruppen um große Tische, während drei Feuer in Kaminen an den Außenwänden prasselten und für angenehme Wärme sorgten. An der linken Seite jedoch befand sich eine größere freie Fläche, die mit Stroh bedeckt war. Ohne Hassems Befehl abzuwarten, ging Shimo wie selbstverständlich zu dem Bett aus Stroh und ließ sich mit einem wohligen Gähnen dort nieder, als hätte er schon immer im schwarzen Turm schlafen wollen.
Das plötzliche Klatschen eines Händepaares weckte Hassem hart aus seinen Gedanken. Erst jetzt sah er die schmale Treppe im hinteren Bereich des Saals, auf der nun eine Gestalt in schwarzem Umhang stand und ihn mit leuchtend roten Augen zu betrachten schien. „Willkommen, Anwärter. Es ist lange her, dass Schüler den Saal der Lehren betreten haben. Wie ich sehe, kommt Ihr nicht ohne
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