Der vergessene Mond Bd II - Zeit des Erwachens (German Edition)
beinahe anfangen zu lachen, doch zu bitter war der Beigeschmack bei dem Gedanken an die Mörder seiner Familie. „Ein Bronzestück und zwei Kupfer, dafür werdet ihr euch rühmen können, wieder einen Fremden übers Ohr gehauen zu haben.“ Herm wusste, das der Metzger nicht ohne weiteres auf das Angebot eingehen würde und so führten sie ihr Spiel des Feilschens noch eine Weile fort, bevor er ein Bronze- und sechs Kupferstücke in die fette Hand des Metzgers legte und die Wildschweinkeule mit sich nahm.
Gut gelaunt schlenderte Herm weiter die kleine Gasse entlang, in die er vom Hafen nach Osten eingebogen war. Martha hatte ihm gute Kartoffeln, Honig und roten Wein in der Küche gezeigt. Zusammen mit seinen Kräuterbeutelnund dem Wildschwein hatte er bereits eine ausgezeichnete Basis für das heutige Abendessen. „ Nur noch ein paar Kleinigkeiten. “ Vor sich hin summend hielt er an einem der zahlreichen Obststände und erwarb einige saftige Pfirsiche und frische Waldbeeren. „ Fehlt nur noch das Brot. “ Wieder kehrten seine Gedanken zu der fremden Frau zurück, die seinen Versuch, Brot am Hafen zu kaufen so überraschend vereitelt hatte. „ Ob sie wohl woanders etwas zu Essen bekommen hat? “ Irgendwie hatte Herm das Gefühl, das die kleine fremd aussehende Frau es nicht einfach in der Stadt haben würde, allein und auf sich gestellt. Mit einem frischen Laib hellen Brotes von einem reisenden Bäcker im Gepäck machte er sich schließlich auf den Rückweg zu Borreschs Laden. Er hatte noch einige Stunden Zeit bis zum Abendessen und würde einen Umweg wählen. „ Warum auch nicht diesen wundervollen Tag genießen? Wer weiß schon wann der nächste kommt. “
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Mit einem mehr als flauen Gefühl im Magen und inzwischen schwach zittrigen Beinen betrat Kira endlich den Waffenladen. Sie hatte noch zahlreiche Läden und Händler passiert, die Essen aller Art feil boten, doch hatte sie es mit eiserner Disziplin vermieden, einen weiteren Kaufversuch zu unternehmen.
Mit dem Betreten des sauberen und überraschend prunkvoll ausgestatteten Waffenladens war endlich auch der Geruch von Essen aus ihrer Nase gewichen. Aus den Gesprächen der vorbeiziehenden Menschen hatte sie inzwischen erfahren, dass ein Fest gefeiert wurde, welches man Midsommer nannte. Glücklicherweisehatte sich ihre Befürchtung, dass der Laden Borreschs anlässlich des Festes geschlossen sein könnte, nicht bewahrheitet. Mit staunendem Blick nahm sie das vielfältige Angebot auf den zahlreichen Waffenständern und Wandhalterungen in sich auf. Auch wenn sie sich in der weißen Blume auf den waffenlosen Kampf spezialisiert hatte, konnte sie dennoch mit den meisten existierenden Waffen gut umgehen und verstand etwas von deren Beurteilung. Kostbar verarbeitete Schwerter, Äxte und sogar Hellebarden reihten sich aneinander, allesamt aus besten Materialien gearbeitet. Langsam schweifte ihr Blick von Waffe zu Waffe, bis sie schließlich innehielt.
„ Eine Yamasu! “ Mit stockendem Atem sah sie auf die grün und silbern schimmernde Waffe, die in Zeiten des alten Kaisers von den Sikau, seiner gefürchteten Leibwache, getragen wurde. Kira wusste um die Legenden, die sich um die Waffen der alten Zeit rankten und wenn auch nur ein Bruchteil dessen wahr war, was man sich in den Legenden erzählte, dann war diese Waffe allein kostbar genug, um ein ganzes Schiff damit kaufen zu können.
„Und, gefällt sie euch?“ Die Stimme eines alten Mannes erklang hinter Kira, die sich ohne zu erschrecken langsam umdrehte. Sie hatte die leisen Schritte gespürt, mit denen er sich ihr von hinten genähert hatte und wusste auch zu jedem Zeitpunkt, wo sich der grobschlächtige Wachmann befand, der sie aus der Ecke des großen Raumes betrachtete. „Verzeiht, ich bin nicht hier, um Waffen zu kaufen. Ich suche Meister Borresch, um ihm eine Nachricht zu übermitteln.“ Höflich aber bestimmt zollte Kira dem älteren Mann durch eine kleine Verbeugung Respekt und wartete auf Antwort. Der alte Mann, der ihr gegenüber stand, erinnerte sie entfernt an ihren Meister. Wie Meister Yi war auch er sehr alt, älter wie die meisten Menschen, und doch umgab auch ihneine Aura von Autorität und Gefahr. Sie ließ sich nicht von den Muskeln des Wachmannes täuschen, der noch immer in der Ecke des Ladens saß, der alte Mann vor ihr würde in einem Kampf ein weit gefährlicherer Gegner sein.
„Wenn ihr eine Nachricht für ihn habt, gebt sie mir. Ich sorge dafür, das er sie erhält.“
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