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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Natale!«
    »Frohe Weihnachten!«
    »Ich war überrascht, als Seine Heiligkeit mich wissen ließ, dass Ihr die orthodoxe Messe haltet«, gestand er. »Wolltet Ihr nicht bis Epiphanias in Klausur gehen?«
    »Der Patriarch fühlte sich nicht wohl und bat mich, ihn zu vertreten. Morgen kehre ich ins Kloster zurück.«
    »Wie schön für Euch - und wie bedauerlich für mich.« Er lächelte charmant. »Papst Eugenius bat mich, den römischen Primat mit Euch zu diskutieren. Er hätte gern gewusst, ob Ihr den Vorschlägen, die er dem Konzil in der nächsten Sitzung unterbreiten will, zustimmen würdet. Er will Eure Meinung hören, als orthodoxer Theologe und als einer der einflussreichsten Würdenträger der griechischen Kirche.«
    Ich hob die Augenbrauen. »Warum fragt Seine Heiligkeit mich dann nicht selbst nach meiner Haltung zur römischen Vorherrschaft?«
    »Nach der letzten Sitzung ... nun ja, wie soll ich es sagen?«, wand er sich. »Nach Eurer leidenschaftlichen Rede ist er ... ist er ... Ach, was soll's! Ich sag's Euch, wie es ist: Er achtet Euch sehr. Und er schätzt Eure Ansichten und die Art und Weise, wie Ihr sie im Konzil vertretet. Aber nach Eurer Rede während der letzten Sitzung ist er verunsichert, wie Ihr reagieren würdet, wenn er Euch zum Abendessen unter vier Augen einlädt.«
    »Bitte richtet Seiner Heiligkeit aus: Ich werde kommen. Unter einer Bedingung. Wenn ich ihm in einem vertraulichen Gespräch meine Meinung darlege, tue ich das nicht offiziell als Delegierter der orthodoxen Kirche, als Vertreter des Patriarchen oder als Berater des Kaisers. Über meine persönlichen Ansichten kann er jedoch bei einem Becher Wein ganz nach Belieben mit mir diskutieren.«
    Kardinal Cesarini nickte zufrieden. »Das ist eine akzeptable Bedingung.«
    »Wie schön! Dann freue ich mich auf seine Einladung nach Epiphanias.«
    Ich bot ihm das Antidoron an, die nicht konsekrierten Reste des Abendmahlsbrotes, die auch von nichtorthodoxen Gläubigen empfangen werden durften. Doch er lehnte dankend ab und verabschiedete sich mit einem liebenswürdigen »Buona notte!«.
    Den Mann im scharlachroten Gewand, der während der Messe neben dem Basileus gesessen hatte, quälten keine solchen Bedenken. Er nahm das Brot, das ich ihm reichte. »Möge das Schisma, das die griechische und die lateinische Kirche trennt, nach vier Jahrhunderten endlich beendet werden.« Als ich ihn verwirrt ansah, lächelte er. »Es tut mir leid, dass Seine Majestät der Kaiser noch keine Gelegenheit hatte, mich Eurer Seligkeit vorzustellen. Ich bin Cosimo de' Medici.«
    Kein selbstbewusstes ›Ich bin der Bankier des Papstes‹, kein stolzes ›Ich bin der Bannerträger von Florenz und regiere die mächtigste Republik Italiens‹. Nur ein schlichtes ›Ich bin Cosimo de' Medici.‹
    Er mochte um die fünfzig sein. Ein aufrechter Mann mit zurückhaltenden Gesten und einem festen Händedruck. Sein Gesicht hätte fast asketisch gewirkt, wären da nicht die feinen Lachfältchen in den Augenwinkeln gewesen. Vom ersten Augenblick an war er mir sehr sympathisch.
    »Ich freue mich, Euch kennenzulernen, Exzellenz.«
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite!«, versicherte er mir. »Der Basileus hat mich gebeten, mich an Euch als Vertreter Seiner Allheiligkeit des Patriarchen zu wenden. Seine Majestät der Kaiser deutete an, dass Ihr Euch während der Feiertage in Klausur in einem Dominikanerkloster befindet. Würdet Ihr mir in den nächsten Tagen eine Audienz gewähren?«
    »Sehr gern!« Ich bemühte mich, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen: Meine Rückkehr in den Konvent würde ich um einen Tag verschieben müssen. »Die vorweihnachtliche Fastenzeit ist beendet. Ich wäre glücklich, Euch morgen Abend zum Essen in meinem Haus begrüßen zu dürfen, Exzellenz - ich meine: falls Ihr keiner Einladung an den Tisch des Kaisers folgt. Der Metropolit von Nikaia, mit dem ich den Palazzo teile, wird vermutlich mit uns speisen.«
    »Ich danke Euch für die Einladung, Euer Seligkeit, die ich mit dem größten Vergnügen annehme!« Dann beugte er das Knie, küsste meine Hand und erhob sich wieder. Mit einer eleganten Verbeugung trat er zurück.
    Wieso hatte ihn der Basileus an mich verwiesen? Er wusste doch, dass ich in Klausur gegangen war, um in Ruhe nachzudenken. Warum wollte er nach der Messe mit mir reden? Hatte der Patriarch ihn vor dem Gottesdienst wissen lassen, wie ich mich entschieden hatte?

    Während die Gläubigen die Kirche verließen, folgte ich

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