Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
auf seiner Brust funkelten das Kreuz und das Panagia-Medaillon.
»Selten habe ich eine so würdige Messe erlebt wie diese«, bekannte er, während er mich umarmte. »Du warst so inspiriert, Niketas! Wie leidenschaftlich du gepredigt hast. Alle hast du in deinen Bann gezogen. Deine Predigt war eine Glanzleistung - denn ich bezweifle, dass selbst ein brillanter Theologe wie Markos von Ephesos bemerkt hat, dass du nicht von der Geburt des Messias als Erlöser der Welt gesprochen hast, nicht vom Gott in Menschengestalt ...«
»In der Krippe von Bethlehem lag kein Gott, sondern ein Menschenkind.«
Basilios schluckte. »Ich hatte so gehofft, du würdest im Kloster zur Besinnung kommen«, gestand er unglücklich. »Ich habe gebetet, Gott möge dir den Weg weisen.«
»Das hat Er getan. Ich werde meine Titel ablegen und von meinen Ämtern zurücktreten ...«
»Niketas, bitte tu das nicht!«
»... und ich würde mich freuen, wenn du meine Entscheidung akzeptieren würdest, ohne sie infrage zu stellen. Als mein Beichtvater weißt du, dass ich sie mir nicht leicht gemacht habe.«
Basilios wandte sich verzweifelt ab und warf Natanael einen Hilfe suchenden Blick zu.
»Mein Gewissen gebietet mir, so zu entscheiden, denn ich glaube nicht, dass Jesus Christus zur Vergebung meiner Sünden den Sühneopfertod am Kreuz starb. Er war nicht der Sohn Gottes oder der von den Wolken des Himmels herabsteigende Engel aus der Vision des Propheten Daniel. Er war ein Gottessohn, wie du und ich und Natanael im jüdischen Sinn Gottessöhne sind: zutiefst gläubige Menschen. Nein, Basilios, lass mich bitte sagen, was ich zu sagen habe!«, bat ich meinen Freund, bevor er mir seine Argumente zur Gottessohnschaft Jesu Christi entgegenschleudern konnte. »Ich bin von ganzem Herzen Priester und mit ganzer Seele ein Diener Gottes. Aber ich kann die Eucharistie nicht mehr feiern.
Ich kann nicht mehr glauben, dass sich Brot und Wein in Leib und Blut des Christus verwandeln. Die Eucharistie kann ich nicht anders feiern denn als Gedächtnismahl für Rabbi Jeschua, den ich sehr schätze, ja sogar verehre, den ich jedoch wie Natanael nicht als Gott anbeten kann. Weil er ein Mensch war wie du und ich und Natanael: sterblich, schwach und fehlbar! Ein Umherirrender, der das Königreich Gottes herbeisehnte, das wir jedoch nur in uns selbst erschaffen können.«
Wie sehr Basilios unter meinen Zweifeln litt! Obwohl er nach dem letzten schweren Anfall, meiner verzweifelten Beichte und meinem Rückzug in die besinnliche Stille des Dominikanerklosters mit meiner Abdankung rechnen musste, hatte er die Hoffnung nie aufgegeben und für mein Seelenheil gebetet. Auch Natanael blinzelte und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Es ist ein schmerzhaftes Gefühl, wenn dein Glaube zerbricht«, bekannte ich. »Die Scherben zerreißen dir Herz und Seele. Du bist verzweifelt. Du stürzt, und niemand kann dich auffangen, nicht einmal deine besten Freunde, die sich doch nach Kräften bemühen. Du tastest dich durch die Finsternis, die dich plötzlich umgibt, suchst nach einem Halt, nach einem Rest von Glauben, an dem du dich wieder aufrichten kannst - als Priester und als Mensch. Aber es gibt keinen. Die Heilsgewissheit, die Erlösung durch Jesus Christus, der zur Vergebung deiner Unvollkommenheit am Kreuz starb, ist dir fortgerissen. Du bist ohnmächtig. Du zweifelst ... und du verzweifelst. Und du bist ganz allein.«
Ich holte tief Luft, um die Traurigkeit niederzuringen.
»Das war die furchtbarste Erkenntnis der letzten zehn Tage: Am Ende werde ich allein sterben.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Basilios, du hast mich immer als einen Menschen bezeichnet, der sich der Welt entzieht, damit sie ihn nicht beherrscht. Du hattest Recht: Ich konnte die Einsamkeit und die Stille immer ertragen, habe sie sogar genossen, weil ich mich in der Meditation auf mich selbst besinnen konnte.
Und nun, da ich über meinen Tod nachgedacht habe, ist alles anders. Ohne die Geborgenheit und die Liebe unserer innigen Freundschaft kann ich nicht leben. Ich brauche euch beide, meinen Bruder Natanael und meinen Freund Basilios, damit ich bis zu meinem letzten Atemzug glücklich sein kann. Bitte verlasst mich nicht!« Ich holte tief Luft. »Und bitte akzeptiert meine Entscheidung. Unter diesen Umständen kann ich mein Amt nicht mehr ausüben. Ich weiß nicht einmal, ob ich noch Priester sein kann, ob ich überhaupt noch ein Teil der orthodoxen Kirche bin ...«
»Um Gottes
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