Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
vergeben. Basilios konnte es nicht.
Keine Absolution. Keine Buße. Keine Ermahnung, fortan nicht mehr zu sündigen. Sein Schweigen stand zwischen uns wie eine unüberwindliche Mauer.
Ich erhob mich von meinem Sessel am Kamin, trat zum Fenster und blickte hinaus in die sternenklare Winternacht. Die nassen Pflastersteine der Straßen glänzten im Schein der Fackeln an den Palastmauern. Ein warmer Wind, der Vorbote des nahenden Frühlings, hatte das Eis auf dem Arno und den festgetretenen Schnee in den Gassen in den letzten Tagen endlich schmelzen lassen. Dann sah ich sie.
Sie trabte den Borgo degli Albizzi entlang, zügelte ihr Pferd vor dem Portal und sprang aus dem Sattel. Bevor sie zum Tor eilte, blickte sie empor und erkannte mich am erleuchteten Fenster. Sie blieb stehen und sah mich an.
Ich schloss die Augen und rührte mich nicht.
Alessandra und Cosimo in enger Umarmung ... ihr leidenschaftlicher Kuss ... ihr Blick, als sie mich in der offenen Tür bemerkten ...
Ich hatte angenommen, ihre Affäre wäre seit Monaten beendet. Wie sehr ich mich getäuscht hatte! Sie hatte Cosimo niemals aufgegeben. Er würde sie trösten, wenn ich gestorben war, und sie lieben, wie ich sie geliebt hatte. Ich konnte es ihr nicht einmal verdenken, dass sie so dachte. Nach den beiden letzten Anfällen wusste sie, dass ich nicht mehr lange bei ihr sein würde. Nach einem tränenreichen Abschied in Venedig würde sie sich wieder in Cosimos Arme werfen. Wenn ich aufrichtig war, musste ich mir eingestehen, dass wir keine gemeinsame Zukunft hatten.
Was empfand sie für mich? War ihre Zärtlichkeit nur Mitleid für einen Sterbenden? Wie hatte ich auch nur einen Moment lang annehmen können, sie könnte mit mir glücklich werden!
Alessandra war die Liebe meines Lebens. Ich hatte sie verloren. Mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen, und ein Seufzer entrang sich meiner Brust.
»Niketas?«, fragte Basilios beunruhigt. »Was ist denn?« Er trat neben mich und blickte hinunter zu ihr. Dann legte er den Arm um meine Schultern, zog mich sanft vom Fenster fort und führte mich zurück zu den Sesseln vor dem Kamin.
Basilios ließ sich neben mir nieder: »Versteh mich bitte nicht falsch, Niketas! Ich verdamme dich nicht! Es ist nur ...« Er rang nach Worten. »Ich bin entsetzt über das, was du mir eben anvertraut hast. Ich bin ... enttäuscht von dir, Niketas. Sehr enttäuscht!« Er konnte mir nicht in die Augen sehen.
»Wir sind einen langen Weg gemeinsam gegangen, seit wir uns im Kloster kennengelernt haben. Wir haben gemeinsam die Gelübde abgelegt. Seite an Seite sind wir durch den Patriarchen zum Diakon, zum Priester und zum Bischof geweiht worden. Am selben Tag hat er uns zu Metropoliten ernannt. Wir haben gemeinsam gefastet und gebetet, in der Hagia Sophia Gottesdienste gefeiert und nachts in unseren Klosterzellen Glaubensgespräche geführt. Du hast mir deine Seelenqualen gebeichtet, als Natanael dir deinen Glauben fortgerissen hat und dich zu seiner jüdischen Häresie bekehren wollte ... Lass mich bitte ausreden, Niketas! ... Natanael hatte kein Recht, dich aus deinem vollkommenen Leben herauszureißen!«
»Er hat mich nicht ...«
»Natanael ist schuld!«, regte er sich auf. »Er hat dich gedrängt, dein Gelübde zu brechen und dich gegen Gott zu versün...«
»Das ist nicht wahr!«, verteidigte ich meinen Bruder. »Er war so enttäuscht wie du, weil er fürchtete, er würde mich an sie verlieren.«
Basilios sprang auf. »Sechzehn Jahre, Niketas! Das ist unser halbes Leben!« Er riss das Metropolitengewand vom Bett, das ich am Nachmittag während des Empfanges getragen hatte, und wandte sich wieder zu mir um. »Das bist du, Niketas!« Er hielt mir die königsblaue Brokatrobe entgegen. »Du bist ein Mönch und ein geweihter Bischof - kein Dorfpriester, der seine Geliebte heiraten und mit ihr Kinder zeugen kann. Komm zur Besinnung! Als Metropolit von Athen folgst du Paulus nach. Du bist der Stellvertreter Christi.«
»Das bin nicht ich!«, widersprach ich und hob abwehrend die Hände. »Das ist nur ein Gewand, Basilios. Wertloser, glitzernder Tand. Ich bin nicht vor sechzehn Jahren aus dem Kaiserpalast ins Kloster geflohen, weil ich eine Krone tragen und auf einem Thron sitzen wollte! Da hätte ich nur Sophia heiraten und meinem todkranken Bruder Andronikos als Despot von Thessaloniki nachfolgen müssen. Du weißt doch, welche Pläne Manuel für mich hatte!«
»Er wollte, dass du als König herrschst.« Basilios legte
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