Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
ließ der Römer von mir ab und richtete sich auf meinen Beinen auf, um sich die Augen zu reiben.
Mit aller Kraft rammte ich ihm den langen Nagel in die Seite. Et stöhnte und ließ mich los. Strampelnd wand ich mich unter ihm hervor. Dann trat ich ihm mit derselben Gewalt ins Gesicht, mit der ich eine Stunde zuvor die Tür zur Genisa aufgebrochen hatte. Er schrie und kippte hintenüber. Blut strömte über sein Gesicht - seine Nase war gebrochen.
Stolpernd kämpfte ich mich die Düne hinauf und floh nach Osten - in die Wüste am Meer. Dort konnte ich mich verstecken und ... Ein Feuerschein - hinter mir!
Ich warf einen Blick über die Schulter. Der Römer folgte mir mit einer Fackel in der Hand.
»Du Satansbrut entkommst mir nicht!«, keuchte er.
Der Assassino war kräftiger als ich, doch er war verletzt, und seine Nase war gebrochen. Das Schwert und die Fackel behinderten ihn beim Laufen. Mit jedem Schritt blieb er weiter hinter mir zurück. Schließlich erkannte er, dass ich schneller war als er. Und dass ich ihm entkommen konnte, solange mir der Feuerschein zeigte, wo er war, sodass ich ihn auf Abstand halten konnte. Er warf die Fackel fort und löschte sie mit Sand.
Es wurde finster. Kein Schimmer am östlichen Horizont verriet, wann es Tag werden würde. Nur der Sternenhimmel erleuchtete den Sand und das Meer.
Er wollte, dass ich stehen blieb, um zu sehen, ob er mir noch folgte. Dass ich mich in Sicherheit wähnte und unvorsichtig wurde. Dass ich mutig zur Synagoge zurückkehrte, um meinem Freund zu helfen und das neu entdeckte Evangelium aus der Genisa zu retten. Und ihm dabei in die Arme lief.
Vermutlich hatte er sich hinter einer Düne verborgen, um mir eine Falle zu stellen. Für wie töricht und unerfahren hielt er mich? Vor fünf Jahren hatte ich die Straßenkämpfe während der Albizzi-Verschwörung gegen die Medici erlebt. Die Nachricht von Cosimos Verhaftung durch Rinaldo degli Albizzi hatte sich wie ein Lauffeuer in Florenz verbreitet. Cosimos Söhne und viele seiner Freunde waren überstürzt nach Venedig geflohen. Mein Vater, ein enger Freund von Cosimo, der in jenen furchtbaren Tagen als Gefangener auf das Todesurteil wartete, wurde festgenommen, weil er nicht ohne mich geflohen war.
Lautlos huschte ich einige Schritte nach Süden, in Richtung des Maryut-Sees. Dann blieb ich stehen, raffte das Gewand um mich, unterdrückte meinen keuchenden Atem und horchte.
Alles war ruhig.
Still verharrte ich und wartete ab.
Das Blitzen einer Klinge - fünfzig Schritte entfernt!
Hatte er mich gesehen? Hatte mich mein dunkles Gewand im hellen Sand verraten? Hastig riss ich mir den Schleier vom Gesicht und zog Gewand und Hose aus. Nackt huschte ich weiter nach Osten, in der einen Hand meine Kleidung, in der anderen meine Waffe.
Plötzlich glitt ich im Sand aus, stolperte und stürzte. Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen rechten Fuß. Ich konnte nicht mehr weiter!
Mein Blick fiel auf eine Vertiefung zwischen zwei Felsen, gerade breit genug, um hineinzuschlüpfen und mich dort zu verstecken. Rasch breitete ich mein Gewand über die Felsen und befestigte es mit mehreren schweren Steinen. Mit beiden Händen schaufelte ich Sand auf den dunklen Stoff, bis er sich in der nächtlichen Finsternis kaum noch von einem der Flugsandhaufen unterschied, und kroch geschwind in mein Versteck. Gerade noch rechtzeitig!
Wenige Schritte entfernt vernahm ich ein Knirschen.
Nur nicht das Tuch über mir berühren! Wenn sich die dünne Sandschicht verschob und das dunkle Gewand sichtbar wurde, saß ich in der Falle!
Trotz des Rauschens der Wogen am nahen Strand und des auffrischenden Windes, der durch die trockenen Grasbüschel auf den Dünen strich, hörte ich seine Schritte und seinen keuchenden Atem. Er war jetzt ganz nah!
Ein metallisches Geräusch! Er zog sein Schwert. Hatte er mich entdeckt? Ich hielt die Luft an und presste mein Gesicht in den kühlen Sand.
Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich eine Bewegung an meiner Hüfte spürte. Panik stieg in mir auf. Hatte ich mein Gewand nicht gut genug befestigt? Rann der Sand, der es bedeckte, durch eine Falte zu mir herunter?
Der Römer trat einen Schritt näher. Durch einen schmalen Spalt zwischen Stoff und Sand sah ich seine Stiefel.
Der Sand rieselte nun stärker, aber ... Was war das? Ich keuchte vor Schreck. Irgendetwas lief über meinen Schenkel - und es war ganz sicher kein Sand!
Mein Herz raste.
Ich schüttelte mein Bein, ohne das Tuch zu berühren,
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