Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
lag sein Dolch!
Niketas war wach! Und doch konnte er mir nicht helfen. Bis er sich über das Bett hinweg auf den Assassino werfen konnte, wäre ich tot. Mit angespannten Schultern und dem Dolch in der Hand wartete er ab.
Der Assassino trat einen Schritt zurück, damit ich aufstehen konnte. Dann hob er das Kissen an, zog meinen Dolch hervor und steckte ihn in den Gürtel. Er ergriff den kleinen Schlüssel, den ich am Band um den Hals trug, und hielt ihn mir vor das Gesicht. Ich nickte zum Zeichen, dass ich verstanden hatte.
Der Mönch nahm die Kerze vom Nachttisch und presste seine Klinge wieder gegen meine Halsschlagader.
Die Glut im Kamin war erloschen, und es war kalt in meinem Schlafzimmer. Fröstelnd wies ich auf mein Nachtgewand, das auf einem Sessel vor dem Kamin lag, und bedeutete ihm, dass ich mich ankleiden wollte. Er schob mich zum Kamin und riss das Nachthemd vom Sessel, ohne den Dolch von meinem Hals zu nehmen. Dann drängte er mich zur Tür. Ich öffnete sie, ohne ein Geräusch zu machen.
Wir huschten hinaus in den finsteren Gang. Die Tür von Caedmons Schlafgemach stand weit offen, doch es war dunkel im Raum. Und sehr still. Schlief er?
»Bruder Leonidas, ich befehle Euch stehenzubleiben!«, hörte ich Niketas hinter mir.
Der Ägypter zerrte mich zur Seite.
Niketas hatte sich in die Bettdecke gehüllt und stand mit dem Dolch in der Hand in der offenen Tür.
»Keinen Schritt weiter, Euer Seligkeit!«, warnte ihn Leonidas. »Ich will Euch nichts tun.«
»Lasst sie los!«, befahl Niketas in scharfem Ton. »Sofort!«
Als Leonidas nicht reagierte, hob er drohend die Klinge, bereit zum Wurf.
Ich hielt den Atem an, als Leonidas mich vor seinen Körper zerrte. »Diese Angelegenheit geht nur das Patriarchat von Alexandria an«, rief er. »Haltet Euch da heraus, Euer Seligkeit!«
»Die Entdeckung eines fünften Evangeliums geht die gesamte Kirche etwas an, Bruder Leonidas. Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopolis hat den Ehrenvorsitz unter den orthodoxen Patriarchen. Und ich bin der Stellvertreter Seiner Allheiligkeit. Ich mache es zu meiner Angelegenheit!«
In diesem Augenblick hörte ich, wie Caedmon seinen Dolch zog. Niketas' Worte hatten ihn geweckt. Leonidas fuhr herum und erblickte den bewaffneten Mönch, der drei Schritte hinter ihm stand. Dann kam auch Tayeb mit drohend erhobenem Schwert näher. Der Assassino sah sich plötzlich drei Bewaffneten gegenüber und wich zurück zur Treppe.
»Kyria Alessandra, befehlt Euren Männern, die Waffen niederzulegen!« Leonidas' Dolch bohrte sich in meine Halsschlagader. Ein Rinnsal von Blut lief an meinem Hals herunter bis zu meinen Brüsten.
»Tut, was er sagt!«, presste ich hervor.
Niketas zögerte, und auch Caedmon und Tayeb reagierten nicht. Der Assassino stach zu.
Ich schrie vor Schmerz. Meine Hand zuckte zu meinem Hals, um den Blutfluss aufzuhalten - doch vergeblich. Das Blut spritzte aus der Wunde und rann zwischen meinen Fingern hindurch.
Niketas atmete tief durch. Dann beugte er sich vor und legte den Dolch auf den Boden. Caedmon und Tayeb folgten seinem Beispiel und warfen ihre Waffen weg.
»Lasst sie los, Leonidas!«, forderte Niketas und streckte mir eine Hand entgegen.
»Nein.«
»Sie verblutet und stirbt! Sie muss verbunden werden!«
»Nein.« Leonidas packte mich mit seinem linken Arm und stieß dabei meine Hand, die ich auf die Wunde presste, zur Seite. Blut spritzte über seinen Ärmel.
Niketas erbleichte. »Caedmon, bringt mir die griechische Bibel von Alessandras Schreibtisch!«
Während Leonidas mit mir zur Treppe zurückwich, huschte Caedmon in mein Arbeitszimmer und holte das Neue Testament, das er Niketas reichte.
»Anäthema estö!« Niketas hob das Evangelium mit beiden Händen wie eine Waffe über seinen Kopf. »Kraft meines priesterlichen Amtes exkommuniziere ich Euch, Leonidas, und verhänge über Euch den Bann! Ihr steht nun außerhalb der orthodoxen Kirche! Der Patriarch von Alexandria und der Metropolit von Ephesos können Euch nicht mehr helfen!«
Leonidas keuchte, als habe ihm jemand mit der Faust einen Schlag in die Magengrube versetzt, und lehnte sich von hinten gegen mich. Vor Entsetzen bebte er am ganzen Körper. Der Druck der Klinge an meiner Kehle ließ einen Moment nach.
Doch dann hatte er sich wieder im Griff. Dachte er, der Patriarch von Alexandria würde das Anathema gegen ihn aufheben, wenn er Philotheos das Evangelium brachte und die Union mit den römischen Schismatikern
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